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Fleisch + Wurst

Auswahl an Bio-Fleisch gering

Nur SB-Hackfleisch und -Wurst sind im Handel breit distribuiert

Bei Fleisch ist der Bio-Anteil recht gering gegenüber anderen Warengruppen. Am gesamten Fleischmarkt liegt der Bio-Umsatzanteil bei 2,1 Prozent. Gemüse weist einen Bio-Anteil von sechs Prozent auf. Der Umsatz mit Bio Fleisch und Wurst betrug im Jahr 2013 nach Erhebungen der AMI 392 Millionen Euro. Der Bio-Fleischmarkt wuchs 2013 um vier Prozent. Er hat einen Anteil von 5,2 Prozent am gesamten Bio-Markt mit einem Volumen von 7,5 Milliarden Euro.

„Die Distribution von Bio-Fleisch ist im Handel noch nicht breit genug. Im LEH bekommt der Kunde flächendeckend nur Hackfleisch und Bio-Wurst in den Handelsmarken. Edelteile findet man selten und wenn, dann nur nach langem Suchen“, sagt Markus Rippin von AgroMilagro research in Bonn.

Bei Rindfleisch war 2013 die Ware sogar knapp. „Wegen geringer Erzeugerpreise war das Angebot schwach. Grund war der niedrige konventionelle Preis 2012. Der hat mit Verzögerung den Bio-Preis nach unten gezogen“, interpretiert Rippin die Zahlen. Als der Preis sank, haben viele Bio-Bauern weniger Mastrinder eingestallt. So ging der Umsatz mit Rindfleisch 2013 um 22 Prozent zurück. „Am Bio-Rindfleisch verdienen die Bauern ohnehin nicht viel“, erläutert Agraringenieur Rippin.

 

Die Erzeugerpreise für Rind haben sich erholt. Ende 2013 lag er nach den Erhebungen der  AMI bei 4,46 Euro. Für Bio-Schwein wurden 3,27 Euro gezahlt. „Der Erzeugerpreis hat sich verbessert, damit wird auch das Angebot an Rindfleisch wieder wachsen“, meint Marktforscher Rippin. Ein besserer Preis sorgt für mehr Ware.

Mehr Rind- als Schweinefleisch erzeugt

Schwein (plus sieben) und Geflügel (plus vier Prozent) legten weiter zu. Insgesamt stieg der Umsatz mit Bio-Fleisch 2013 um vier Prozent. Der Umsatz mit Wurst wuchs überproportional um zehn Prozent. Der Fleischumsatz ging um vier Prozent zurück.

Der Bio-Fleischmarkt ist im Gegensatz zum konventionellen vom Rind geprägt. In Deutschland wird mehr Bio-Rindfleisch als -Schwein erzeugt. 2012 kamen nach Angaben des BÖLW in Berlin  39.200 Tonnen Rindfleisch, 24.200 Tonnen Schweinefleisch und 13.390 Tonnen Geflügelfleisch aus deutschen Ställen auf den Markt. Konventionell ist Schweinefleisch weit mehr gefragt als Rindfleisch. Fast fünfmal soviel Schweinefleisch wie Rindfleisch wird verzehrt.

In Deutschland ist der Fleischkonsum insgesamt rückläufig. Bio-Fleisch verzeichnet dagegen Zuwachsraten. Der Trend heißt weniger, dafür besseres Bio-Fleisch. Bio-Fleisch ist eine Alternative zur Massentierhaltung mit Skandalen von BSE über Gammel- bis Pferdefleisch.

Dennoch spielt Bio mit rund zwei Prozent Anteil noch keine große Rolle auf dem Markt. Ein Grund liegt im großen Preisabstand zwischen Bio und konventionell im Verkaufspreis. Bei weniger verarbeitetem Frischfleisch ist Bio zum Teil doppelt so teuer wie konventionell.

Der Erzeuger bekommt bei Rindfleisch lediglich 20 bis 30 Prozent mehr für die Tiere ausgezahlt. Bei Schwein ist die Differenz bei den Erzeugerpreisen höher. Da liegt der Abstand zwischen konventionell und Bio bei rund 75 Prozent.

Bio statt Massentierhaltung

Der niedrige konventionelle Fleischpreis führt zu einem zu hohen Fleischkonsum. In Kitas wird nach jüngsten Erkenntnissen der Bertelsmann-Stiftung zu viel Fleisch aufgetischt.

„Die derzeit in unserem Land verzehrten Fleischmengen sind weder für Mensch, Tier noch für die Umwelt gesund. Erstrebenswert aus unserer Sicht sind deutlich mehr Bio-Tiermäster, regional und klein strukturiert, und ein massiver Rückgang des durchschnittlichen Fleischkonsums“, meint Elfriede Hintz, Vertriebsleiterin bei den Herrmannsdorfer Landwerkstätten.

Die Bio-Fleischbranche ist klein strukturiert. Nur zwei Unternehmen der Fleischindustrie aus Nachbarländern sind auf dem Markt tätig. Vion aus Holland, Europas größter Fleischkonzern, hat ein Bio-Programm und ist mit SB-Fleisch unter anderem bei der Edeka vertreten. Der Fleischriese Danish Crown bearbeitet mit Friland J. Hansen in Kiel den deutschen Markt. Das Unternehmen beansprucht die europäische Marktführerschaft bei Bio-Fleisch für sich.

Marktführer unter den deutschen Verarbeitern ist mit rund 65 Millionen Euro Bio-Umsatz die mittelständische kff aus Fulda. Die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall in Baden-Württemberg zählt zu den großen der Bio-Fleischbranche in Deutschland. Das Unternehmen in Erzeugerhand erzielt rund ein Drittel seines Umsatzes von 110 Millionen Euro mit Bio-Produkten.

Naturland-Partner Altdorfer Biofleisch aus Bayern ist ein großer Fleisch- und Wurstlieferant für den LEH. In Mecklenburg-Vorpommern ist mit der Erzeugergemeinschaft Weidehof der größte Bio-Rindfleisch-Erzeuger mit ei-nem Bestand von 15.000 Tieren zuhause.

Bei Geflügel ist Biofino die Nummer eins auf dem deutschen Markt. Der Verarbeiter aus Emstek in Niedersachsen hat sich im Vertrieb auf den LEH spezialisiert. Die Geflügelschlachterei Stauß ist in Süddeutschland ein bedeutender Bio-Lieferant. Fahrenzhauser Freilandputen versorgt den Naturkostfachhandel. Pute ist in Bio genauso wichtig, wie das Hähnchen und hält sich ungefähr die Waage. Im konventionellen ist Hähnchen dagegen gefragter als Pute.

Hersteller optimistisch

Die Hersteller sind optimistisch, was die künftigen Geschäftsaussichten anbelangt. „Wachsendes Umwelt- und ethisches Bewusstsein  in der Bevölkerung durch die Aufklärung der Medien über Skandale und Missstände in der konventionellen Massentierhaltung lassen uns weiteres Wachstum in diesem Segment prognostizieren“, meint Pichler Biofleisch aus Gräfelfing in Bayern. Demeter Landbauerzeugnisse in Witten ist der Meinung, dass Bio-Fleisch „für den Verbraucher aufgrund der aktuellen Berichterstattung über Tierhaltung immer interessanter wird“.

Während die Genetik in der konventionellen Massentierhaltung verarmt, hält Bio die Vielfalt aufrecht. Schwäbisch-Hällisches Landschwein, Bentheimer Schwein, Havelländer Apfelschwein, Murnau-Werdenfelser Rind, Limpurger Ochse werden in der industriellen Landwirtschaft nicht gemästet. Der Wiesenthof in der fränkischen Schweiz in Nordbayern züchtet japanische Wagyu-Ochsen, eine absolute Spezialität mit dem entsprechenden Preis.

National sind flächendeckend von Nord nach Süd und Ost nach West Lieferanten vorhanden, um den Handel zu versorgen. Vollsortimenter und Spezialisten bedienen den Markt.

Pichler Biofleisch hat ein modernes Sortiment. Die Bayern machen trocken gereiftes Bio-Rindfleisch. Dieses Dry Aged Beef ist unter Feinschmeckern aktuell das gefragteste Fleisch. Auch Spare-Ribs haben aktuell Konjunktur auf dem Fleischmarkt und sind vor allem bei jungen Leuten beliebt.

Mit einem Sortiment an Fonds verkaufen die Bayern ein Produkt, das in Bio-Qualität im Handel wenig verfügbar ist. Im Großraum München beliefert das Bio-Unternehmen mit der eigenen Logistik Großhandel, Einzelhandel, Gastronomie und Lebensmittelhandwerk. Den Rest der Republik erreicht Pichler per Spedition. Die Landfrau Metzgerei aus Emmering in Bayern, eine Tochter der Hofpfisterei, erreicht sogar die Bundeshauptstadt Berlin.

Wenig Demeter auf dem Markt

Die großen Verbände Naturland und Bioland sind auf dem Fleischmarkt aktiv. Demeter Fleisch wird recht wenig angeboten. Demeter Landbauerzeugnisse in Witten vermarktet das Fleisch von 80 bio-dynamisch arbeitenden Landwirten nördlich der Mainlinie überregional. Die Mengen sind nicht allzu groß. Pro Jahr stehen 350 Rinder und 400 Schweine zur Verfügung.

Naturkostgroßhändler wie Grell im hohen Norden, über Naturkost West bis Rinklin im Südwesten und Ökoring im Südosten vertreiben die Salamis und Convenience aus bio-dynamischer Land- wirtschaft. Die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall produziert eine Demeter-Linie an Dosenwurst. Ok­le am Bodensee stellt Demeter-Wurst für den Handel her.

Die kff in Fulda, in der Mitte Deutschlands, ist mit einem Vollsortiment an Rot- und Weißfleisch auf dem Markt. Selbst Bio-Ziegenfleisch ist verfügbar. Der Fleischverarbeiter kann alle Vertriebsschienen versorgen und wird ein Teilsortiment künftig auch Online vertreiben.

„Die Besonderheit bei der Herstellung unserer Produkte ist die geschlossene Prozesskette. Dies beginnt bei der Aufzucht der Tiere durch unsere Vertragslandwirte, reicht weiter über kurze Transportwe­ge und die Schlachtung im eigenen Schlachthof bis zur Verarbeitung in unserem Stammwerk Fulda“, teilt Vertriebsleiter Mario Michel mit.

Rack & Rüther ist ein Wurstspezialist aus Hessen, der ausschließlich Thekenware biologisch und konventionell produziert. Die Feinkost-Metzgerei aus Fuldabrück bietet dem Handel ein Sortiment an biologischen Grillwürsten bestehend aus Brat-, Bock-, Leber- und Blutwurst. Die Schlachtfest Blut- und Leberwurst-Ringe bringen Abwechs­lung auf die Grillfeste.

Bio-Fleisch wird überwiegend regional vermarktet. Das Ökodorf Brodowin versorgt mit seinem Lieferservice Berlin und Umgebung mit Rindersalami, Wurst im Glas, Bratwürsten, Wiener und Convenience wie Hühnerfrikasse. Über die Großhändler Terra Naturkost aus Berlin und Naturkost Erfurt erstreckt sich die Region auf den Osten der Republik.

Bei Berlin betreibt die BioCompany eine eigene Fleisch- und Wurstmanufaktur, die auch externe Kunden bedient. Weiter südlich in Dresden ist Vorwerk Podemus Erzeuger und Verarbeiter von Fleisch, der den Markt in Sachsen und Berlin abdeckt.

Thönes Natur aus Wachtendonk versorgt Metzgereien und Handel in Nordrhein-Westfalen mit Fleisch und Wurst. Die Genossenschaft Bio-Fleisch NRW ist im bevölkerungsreichsten Bundesland mit Fleisch und Wurst von Rind, Schwein und Lamm auf dem Markt.

Regionalität ist Trumpf

Beim schwäbisch-hällischen Landschwein in Bio-Qualität ist Regionalität Trumpf. Die Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall (BESH) verfügt aber über genügend Kapazität, um national zu vermarkten. Mit der erfolgreichen Bio-Dosenwurst ist die BESH auch im LEH vertreten.

Chiemgauer Naturfleisch aus Trostberg/Bayern ist die Marke für den Fachhandel mit klarer regionaler Herkunft und überregionaler Vermarktung. Bei Wurst und Fleisch ist der bayerische Lieferant Pionier auf dem Biomarkt und der bekannteste Lieferant des Naturkostfachhandels.

Die Herrmannsdorfer Landwerkstätten in Glonn in Bayern arbeiten total regional. Rind, Schwein und Lamm aus bäuerlicher Landwirtschaft in Südbayern werden selbst geschlachtet und im Warmwurst­verfahren verarbeitet. Herrmannsdorfer verfügt zu­dem über eigene Erdreifekeller für Schinken und Salamis. Die Bio-Metzgerei stellt Thekenware für den Fachhandel her und bedient zudem den Außer-Haus-Markt wie Kantinen und Gastronomie im Großraum München, Regensburg und Nürnberg mit dem eigenen Fuhrpark.

In Deutschland gibt es flächendeckend Bio-Fleischlieferanten mit entsprechender Logistik. Hier kann der LEH Nachhaltigkeit im Sortiment zeigen und die Esskultur fördern.

Anton Großkinsky

 

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