Start / Ausgaben / BioPress 77 - Oktober 2013 / Bio aus dem Werratal

Werratal

Bio aus dem Werratal

Gezielte Förderung von Öko-Anbau und -Verarbeitung

Die Region Werratal-Meißner in Hessen ist eine strukturschwache Region, die durch die Universität Witzenhausen wirtschaftlich belebt wird. Die Bioregion im Werratal fördert Urproduktion, handwerkliche Verarbeitung und die Vermarktung der Produkte. Einige Bio-Hersteller sind erfolgreich auf dem Markt.  Peter Döring von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Werra-Meißner-Kreis mbH (WFG) erklärt, dass durch Ausgründungen Absolventen der Universität in der Region gehalten werden für Projekte des ökologischen Landbaus, im Gewerbe und im Tourismus.
 

Die Ringgauer Landkäserei, die zu den Werra Land-Werkstätten gehört, stellt seit sieben Jahren Biokäse her. Frank Viereck-Jakob ist seit fünf Jahren Betriebsleiter und hat 2012 die Produktion komplett auf Bio umgestellt. Ein Bioland-Bauer mit 115 Kühen liefert die Milch.

Die Kühe haben Freilauf im Stall und keinen Weidegang. Gefüttert wir mit Silage, weil nicht genügend Niederschlag zur Heuernte vorhanden ist. Bis zu 5.000 Liter Biomilch pro Woche ergeben eine hal­be Tonne Käse. Die nach dem Käsen verbleibende Mol­ke wird als Schweinefutter eingesetzt.

Der Käse wird nicht gewachst, sondern mit Rotwein geschmiert. Als neues Produkt ist Käse mit Kräutern aus eigenem Anbau geplant. Ringgauer vermarktet bundesweit an den Bio-Fachhandel direkt oder über die Naturkostgroßhändler Würth und Elkershausen.

Ringgauer beliefert Käsetheken, Verkaufswägen und ist bei tegut in kleinen, regionalen Läden vertreten. Dank Betriebsleiter Viereck-Jacob und Kollegen wird mit behinderten Mitarbeitern professionell gearbeitet. Die Behinderten werden in  der Produktion, im Lager und Verwaltung, der Anmeldung und der Telefonzentrale eingesetzt.

Die Landfleischerei Neumeier ist ein Warmwurster mit eigener Schlachtung. Drei Bauern liefern neun Monate alte deutsche Landschweine, die auf drei bis vier Zentner Gewicht gemästet wurden. Spezialität des Hauses ist die traditionelle hessische Ahle Wurst.

Neumeier wolft das Fleisch und fügt Naturgewürze bei und vollendet die Rohwurst im ungekühlten Reiferaum mit einem mikrobiellen Klima und einer Temperatur von 15 Grad. Der Stanz auf dem Klipp der Wurst gibt Auskunft über die Herkunft. Die Wurst trägt das EU- und das regionale Bio-Hessen-Siegel.

Das Hühnermobil vom Stallbau Iris Weiland (siehe auch bP 02/ 2012: Das mobile Bio-Huhn) findet Interessenten auch aus Kroatien, Tschechien, England und Italien. Seit 2009 sind bereits 200 mobile Ställe verkauft worden.

Die Produktion kann jetzt in Serie gehen und jedes Jahr stetig um 50 Prozent wachsen. Leasing Gesellschaften haben schon Interesse gezeigt. Das Hühnermobil wird auf dem Bauernhof in regelmäßigen Abständen versetzt. So haben die Hühner ständig einen frischen Auslauf.

Die Imkerei Meisterhonig von Christine und Ivan Guric überwacht die Bienengesundheit durch zweiwöchentliche Kontrolle und Betreuung, so dass nur ein Verlust von ein bis zwei Prozent der Bienen zu verzeichnen ist. Die Regionen werden gezielt in Deutschland nach der Naturbelassenheit ausgesucht:

Erntegebiete, die sortenreine Honige zulassen. Verschiedene Bienenrassen wie Carnica und Buckfast stammen aus eigener Zucht und schwärmen nicht gerne. Es wird über den Onlineshop und an Bio-Läden direkt ohne Großhandel vermarktet. Misch­honige werden vermehrt nachgefragt: mit Zusätzen von Ingwer, Sandorn etc.

Prof. Ulrich Hamm von der Universität Kassel, Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften, beabsichtigt in einem Forschungsprojekt die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten für Bio-Eier aus Direktabsatz zu ermitteln. Es handelt sich hier um eine Tierwohl-Forschung.

Ein weiteres Projekt der Uni ist die Schlachtung von männlichen Tieren vor der Geschlechtsreife, um den strengen Geruch des Fleisches zu vermeiden. Mit kff (Kurhessische Fleischwaren Fulda) werden die Marktchancen von fünf Monate gemästeten männ­lichen Tieren erforscht.

Bei tegut wird mediterrane Convenience aus Keule und Schulter angeboten. Verkostungen werden vorbereitet und mit einem Flyer angekündigt. Nach sechs Wochen erfolgt eine Wiederholung der Aktion ohne Verkostungsaktion. Es wurde gut verkauft. Prof. Hamm wünscht mehr Verkostungen, auch wenn das teuer ist.

Damit die Region Werra-Meißner durch Hochschulabsolventen wirtschaftlich belebt und der strukturschwachen Region Zukunftsperspektiven geboten werden, sind ortsansässige Banken, der Landkreis, die Wirtschaftsförderung Werra-Meißen und die Universität gemeinsam angetreten, hier Abhilfe zu schaffen.

Ausgründungen in der Region von Absolventen der Hochschule unterstützen sich gegenseitig in einem  Netzwerk. Die Uni berät die Unternehmensgründer in Betriebswirtschaft und im Marketing.

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