Bio-Edelteile sind gefragt
Bewusste Verbraucher wollen Qualität und Nachhaltigkeit
Beim frischen Bio-Fleisch sind überwiegend Edelteile gefragt trotz der höheren Preise im Vergleich zu den einfacheren Teilen. Vor Feiertagen, speziell an Ostern und Weihnachten, ist die Nachfrage parallel zum herkömmlichen Markt besonders hoch. Die meisten wollen ein Festtagsessen mit Fleisch als Hauptbestandteil auf dem Tisch haben. Filet, Lende, Hüfte und Keule gelten als Edelteile des Rinds. Steak und Rostbraten lassen die Herzen von Fleischliebhabern höher schlagen. Beim Schwein sind es Schinken, Lenden und Rücken, die Schnitzel, Kotelett und Minutensteaks geben. Als Faustregel gilt: Die Stücke zum Kurzbraten sind die Edelteile. Das Fleisch zum Sieden und Schmoren vom Hals und Brust sind die nicht so edlen Teile.
Bio-Fleisch wird überwiegend in Selbstbedienung verkauft. Die Bio-Lieferanten von der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall bis zur Bio-Metzgerei Bühler aus Steinheim an der Rottum haben durchweg ein SB-Sortiment an Edelteilen.
In Supermärkten ist flächendeckend ein kleines Bio-SB-Sortiment mit Edelteilen von Rind- und Schwein vorhanden. Im qualitätsorientierten Handel wird auch in Bedienung verkauft. Die Rewe hat mit Bio-Fam ein eigenes Fleisch-Programm für die Selbstbedienung. Die Edeka Südwest führt Bio+ des europaweit agierenden holländischen Fleischkonzerns Vion. Im Naturkost-Fachhandel ist Fleisch in SB ebenfalls weit verbreitet. Die Fleischtheke gehört nicht zu den ursprünglichen Kern-Kompetenzen und fehlt in vielen Bioläden.
Zeitfaktor spricht für Edelteile
Edelteile haben meist eine kurze Zubereitungszeit. Ein Bio-Steak ist nach wenigen Minuten auf dem Teller. Die einfachen Teile, die lange gekocht oder geschmort werden müssen, sind im Zeitalter der schnellen Küche schwerer zu vermarkten. Alsfelder Biofleisch hat sie im Sortiment als Suppenfleisch mit und ohne Knochen.
Der Renner frisches Bio-Hackfleisch und -Convenience sind Möglichkeiten, um Nicht-Edelteile zu vermarkten.
Naturland-Partner Altdorfer zählt zu den großen Bio-Fleisch-Anbietern und verarbeitet Rind- und Schweinefleisch.
Altdorfer vermarktet die Edelteile vorwiegend als Private Label im LEH. Für den Fachhandel hat das Unternehmen auf der BioFach Kathi’s Bio vorgestellt. Zudem haben verschiedene Großhändler die Altdorfer Produkte gelistet. Auf diese Weise werden Gastronomie und Metzgereien erreicht.
Die Konsumenten greifen nicht allein wegen der Fleisch-Qualität zu Edelteilen, sondern aufgrund weiterer Nutzen. Verbraucher mit einem Bewusstsein für Gesundheit und Nachhaltigkeit wählen Bio-Edelteile.
Der Käufer will für sein Geld zusätzlich für artgerechte Tierhaltung mit kurzen Transporten zum Schlachthof und stressfreiem Töten sorgen. Deshalb müssen die Bio-Lieferanten Transparenz beweisen und das Tierwohl kommunizieren. Verkostungen, Kundenabende, Handzettel und Faltblätter am POS sind dafür geeignet.
Die Web-Cam im Schweinestall könnte dem vom Landleben entfremdeten Städter am Bildschirm zeigen: das Tier fühlt sich sauwohl. Die kff aus Fulda macht weitere Zusatznutzen von Bio publik: Kein vorbeugender Einsatz von Antibiotika, GVO-Freiheit und Chemiefreiheit beim Futteranbau.
Die Kurhessische Fleischwaren-Fabrik (kff) war in der Vergangenheit ein Produktionsbetrieb von tegut. Nach dem Verkauf von tegut an Migros, sind die Unternehmen getrennt. Das könnte neue Perspektiven für den Markt ergeben. Seit Jahren beliefert die kff auch externe Kunden. Die könnten jetzt größere Bedeutung gewinnen.
Regionale Herkunft bevorzugt
Herkunft Deutschland ist bei Bio-Edelteilen Pflicht. Etwas anderes ist den Verbrauchern aktuell nur schwer zu vermitteln. Altdorfer bietet ausschließlich Fleisch von deutschen Bio-Bauernhöfen, die nach Naturland-Richtlinien arbeiten. kff liefert seinen Kunden regionales Bio-Fleisch aus Hessen. Aber auch überregional wird Rohware beschafft. Allerdings nicht aus dem Ausland. „Die Maxime lautet: Bio-Fleisch aus Deutschland“, erklärt Vertriebsleiter Mario Michel von kff aus Fulda.
Die kff ist mit Edelteilen von Kalb, Rind, Schwein, Lamm und Ziegenlamm auf dem Markt. Rind und Schwein wird bevorzugt in SB-Packungen angeboten, Kalb und Lamm als Thekenware. Die kff beliefert Metzgereien, Naturkosthandel, Supermärkte und Gastronomie.
Der holländische Fleischkonzern Vion hat in seinem Bio-Programm De Groene Weg biologische Schweine- und Rinder-Edelteile. In Europa ist Vion einer der größten Lieferanten von Edelteilen vom Bio-Rind und -Schwein mit Produktionsstätten in Deutschland. Die Edelteile werden direkt nach dem Schlachten und Zerlegen verpackt. Das garantiert dem Handel ein langes MHD.
Die Marke BIO+ ist ein SB-Sortiment für den LEH. In den Niederlanden werden außerdem De Groene Weg Metzgereien beliefert. Fachgroßhändler für Großverbraucher in Deutschland und Österreich sind ebenfalls unter den Abnehmern. Für die Gastronomie hat Vion gereifte Bio- Rindersteaks, die auf feste Gewichte geschnitten sind.
Die Bio-Schweine kommen aus der eigenen Lieferkette von De Greone Weg. Diese Kette reicht vom Landwirt bis zur Verpackung des Bio-Fleisches. SKAL aus Holland zertifiziert die verschiedenen Glieder der Kette. Die Tiere sind stressnegative Pietrain-Schweine, die am weitesten verbreite Rasse in Europa. Grund ist der hohe Magerfleisch-Anteil. Das Bio-Rindfleisch von Vion stammt zum Teil von Mitgliedern der Bio-Anbauverbände aus Deutschland und Österreich.
Bio für Genießer
Chiemgauer Naturfleisch ist der große Lieferant des Naturkostfachhandels. Die Tiere kommen von regionalen Bio-Höfen mit Verbandszugehörigkeit. Chiemgauer verfügt über eine eigene Schlachtung. Das Unternehmen bietet Edelteile von Rind, Lamm und Schwein für SB und Bedienung. Naturkost-Großhandel und Naturkost-Einzelhandel sind die Kunden. Neu sind bei Chiemgauer Filets mit Pflaume oder Pesto gefüllt und mit Speck umwickelt. Hier wird convenient mit Edel kombiniert und der Genießer angesprochen.
Der Handel verlangt bei Bio-Edelteilen Qualität und Frische. Bei der Verpackung war lange Zeit MAP (modifizierte Atmosphäre) der Standard. Jetzt ist die Skin-Verpackung im Kommen. Altdorfer gehört zu den ersten im Bio-Sektor mit einer derartigen Anlage. Bei Skin wird die Folie wie eine Haut über das Fleisch gelegt. Das Fleisch ist länger haltbar als bei MAP und behält seine Farbe. Bei den Edelteilen wird sich diese Verpackungsform schnell durchsetzen.
Die Zeichen für Bio-Edelteile stehen auf Wachstum. „Der Markt hat sich bisher stetig positiv entwickelt und das tut er immer noch. Die Nachfrage ist stabil und das Angebot ist ausgewogen gut. Der Bedarf für unsere Kunden ist durch unsere Vertragslandwirte gesichert. Wir zählen ganz gewiss mit unserem Absatz zu den Markführern“, bilanziert Marco Michel von der kff. „Wir bemerken, dass ungeachtet der Krise in Europa Bio-Fleisch ständig wächst“, teilt Vion mit.
Trocken gereifte Bio-Steaks
Trocken gereiftes (Dry Aged) Bio-Rindersteak liefert Pichler Biofleisch aus Gräfelfing in Bayern. Das dürfte einmalig sein in Bio und lässt bis in die 50er Jahre übliches Metzger-Handwerk wieder aufleben. In der hauseigenen Reifekammer trocknet das Bio-Rindfleisch am Knochen bei einer Luftfeuchtigkeit von rund 80 Prozent und einer Temperatur nahe dem Gefrierpunkt mehrere Wochen. So veredelte Bio-Rindersteaks entwickeln ein intensives Aroma.
Der Duft und der Geschmack erinnern an Butter und Nuss. Die dunkelrote Fleischfarbe in Kombination mit dem weißen Fett ist auch optisch ein Genuss. Für Fleischliebhaber ist es das beste Steak. „Heute wird Fleisch üblicherweise aus Kosten- und Platzgründen in Kunststoffbeuteln unter Vakuum kühl gelagert und gereift. Es entsteht eine säurebetonte, metallische Geschmacksnote, die die feinen Fleischaromen überdeckt“, teilt Pichler mit.
Pichler geht mit dem trocken gereiften Bio-Fleisch einen anderen Weg, um die Nachfrage der Feinschmecker nach aromatischem Fleisch zu befriedigen. Die Qualität des Bio-Rindfleisches liefert den optimale Rohstoff für Dry Aged-Steaks.
Die lange Lagerzeit, der besondere Zuschnitt und der durch die Trocknung bedingte Gewichtsverlust fordern natürlich ihren Tribut beim Preis. Die Dry Aged Bio-Steaks werden im Aromapack für die SB-Theke als Entrecôte und Rumpsteak angeboten. Für die Großverbraucher gibt es ganze Teilstücke mit oder ohne Knochen.
Anton Großkinsky