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Bio regional und frisch

Handelskontor Willmann behauptet sich mit Qualität statt Niedrigpreis

Das Handelskontor Willmann aus Vaihingen/Enz in Baden-Württemberg setzt auf regionale Frische. Direkte Beschaffung bei heimischen Erzeugern zeichnen den Naturkostgroßhändler aus. Durch die Mehrheitsbeteiligung am Naturkostgroßhändler pax an verfügt das Handelskontor über ein Vollsortiment von 9.000 Produkten, davon 1.500 aus dem Bereich Frische. „Frische ist unser Schwerpunkt. Obst und Gemüse die umsatzstärkste Warengruppe“, erklärt Geschäftsführer Gottfried Willmann. Allein im grünen Sortiment bietet Willmann rund 300 Artikel. Käse, Fleisch, Wurst und Feinkost kommen hinzu.

Das grüne Sortiment ist der Ursprung des Handelskontor Willmann. „Obst und Gemüse ist unser Hauptthema“, sagt Willmann. Mehr als 40 Prozent des Umsatzes werden damit erwirtschaftet. Fleisch, Mopro und frische Feinkost machen rund ein Drittel aus und das Trockensortiment von pax an 25 Prozent. 28 Millionen Euro Umsatz erzielt Willmann mit der Frische.

„Was uns von anderen unterscheidet ist Vielfalt. Bei Bio-Filialisten sehen sie nur eine Auswahl“, erläutert Vertriebsleiter Friedhelm Schmid. In der täglichen Bestellliste sind rund 300 biologische Obst- und Gemüseartikel aufgeführt.

Das ist Auswahl pur statt Konzentration auf die gängigen Produkte. Das breite und tiefe Sortiment zeugt von Fruchtkompetenz. 20 Apfelsorten stehen auf der täglichen Bestell-Liste. Alte Sorten wie Boskoop, Cox und Glocken sind dabei. Bis Jahresende werden hauptsächlich deutsche Äpfel gefahren.

Zum neuen Jahr kommt dann mehr Ware aus Italien. „Wir haben alte Demeter-Verbindungen nach Südtirol“, erzählt der Vertriebsleiter. Im Frühjahr wird mit der frischen Ernte aus Neuseeland ergänzt. „Wir sind Frischespezialist und beschaffen regional bis Übersee“, erläutert Schmid. Das eine tun, und das andere nicht lassen, lautet die Devise. Regionalität genießt Vorrang und nimmt einen hohen Anteil am Sortiment ein, aber ohne nationale und importierte Bio-Produkte kommt ein Großhändler nicht aus. 

Regional ist 1. Wahl

Der Fachgroßhandel ist aus der Demeter Gärtnerei Willmann in Vaihingen/ Enz entstanden. 1952 gründeten Got­hart und Ingemarie Willmann die bio-dynamische Gärtnerei. 1979 wurde der Großhandel ins Leben gerufen. Willmann arbeitet tagesfrisch und hat sich eine gärtnerische Qualität erhalten.

Der Betrieb ruht nie: An sieben Tagen die Woche wird gearbeitet. Ausgeliefert wird an sechs Tagen in der Woche. Qualität lautet die Priorität im Einkauf: Sorte, Herkunft, Reifegrad, Optik rangieren vor dem Preis. „Bestimmte niedrige Qualitäten kaufen wir nicht. Die Kontrollen im Wareneingang sind streng“, sagt der Firmenchef Willmann.

Als BNN-Mitglied beteiligt sich das Unternehmen am Monitoring bei Obst und Gemüse. Die Qualitätsarbeit des Verbandes schätzt Willmann. Hier wird in einem Untersuchungsprogramm Ware systematisch auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln geprüft.

Ein qualitätsorientierter Großhandel braucht den Widerpart im Einzelhandel. Vertriebsleiter Schmid sieht im Einzelhandel bei O+G die Tendenz zum bloßen Nachfüllen und zur Preisorientierung. Beratung und Verkostung gebe es immer seltener. „Es gibt immer weniger Händler, die mit O + G umgehen können“, so der Verkaufsleiter.

Service wird vor allem von den Hofläden geboten. Die haben eine gute Entwicklung genommen, wie Schmid bei seinen Besuchen immer wieder spürt. Das ist auch an den Umsätzen zu spüren. Schmid hat dafür eine Erklärung. Die Betreiber sind nicht nur Händler, sondern auch Gärtner. Entsprechend sorgfältig gehen sie mit dem Gemüse um. Da wird nichts gequetscht und gedrückt. Die Ware wird mit Sorgfalt behandelt. Da kullern dann keine Äpfel von der Kiste. In die Auslage wird gelegt, nicht geschubst oder gar geworfen.

„Es gibt noch Händler, die in Bedienung verkaufen“, berichtet Schmid. Willman sorgt mit Seminaren dafür, dass sie kompetent verkaufen können. Pflege, Präsentation, Verkauf und Reklamation sind Themen, die dem Einzelhandel vermittelt werden.

Spaß an Frische

400 regelmäßige Kunden beliefert Willmann. Das Gros kommt aus dem Fachhandel vom Hofladen über den Bio-Ladner bis zum Filialisten. „Wir sind in erster Linie im NFH zuhause. Wir brauchen Händler, die Spaß an der Frische haben und sich weiter entwickeln wollen“, erklärt Willmann. Gastro ist ein weiterer Vertriebsweg. Das reicht von der Schulmensa über Kantinen bis zur gehobenen Gastronomie.

Der SEH gehört nicht zur Vertriebsstrategie. „Wir haben vereinzelt Kunden aus der Richtung, wenn sie auf uns zukommen“, berichtet der Geschäftsführer. Mit den Großen im SEH wie Scheck oder Gebauer ist der Großhändler nicht im Geschäft.

„Durch die Filialsysteme im Fachhandel werden unsere Spielräume allerdings enger“, betont Willmann. Wenn ein Bio-Ladner zum Denn’s wird, muss er mindestens 70 Prozent der Ware aus Töpen beziehen. Wenn Willmann vor der Filialisierung zum Beispiel 50 Prozent Frische geliefert hat, geht sein Umsatz zurück.

Das Unternehmen hat durch die Übernahme des Naturkostgroßhandels pax an in Engstingen frühzeitig darauf reagiert. So kann Willmann auch Trockenprodukte liefern und ist damit zum Vollsortimenter geworden. Mit dem Reformwaren-Großhändler Claus aus Baden-Baden gibt es eine Kooperation bei O + G. Claus ergänzt sein Sortiment um Bio-Obst & Gemüse, und Willmann gewinnt Reformhäuser als Kunden.

Anton Großkinsky

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