Start / Ausgaben / BioPress 74 - Februar 2013 / Faire Bio-Alpenmilch

Berchtesgaden

Faire Bio-Alpenmilch

Milchwerke Berchtesgadener Land zeichnen sich durch Nachhaltigkeit aus

Bio-Alpenmilch der Milchwerke Berchtesgadener Land (BGL) mit Sitz in Piding stammt aus der Region zwischen den Flüssen Isar und Salzach in Oberbayern. Nur die Milch der Genossenschaftsmitglieder wird im modernen Werk in Piding getrennt nach herkömmlicher Milch und Bio-Milch verarbeitet. Eine weiße Linie in Premium-Qualität entsteht am Fuße der Alpen. Das Bio-Sortiment ist im Naturkostfachhandel, qualitätsorientierten LEH und bei Großverbrauchern etabliert. Nachhaltigkeit ist Unternehmensziel der Genossenschaft, von der Landwirtschaft bis zur Milchverarbeitung. Nachhaltigkeit ist hier mehr als Spenden und Stiften in sozialer unternehmerischer Verantwortung (CSR).

Nachhaltigkeit beginnt bei den Milchwerken Berchtesgadener Land beim Geschäftsmodel der Genossenschaft. Die Bauern haben den Status eines Gesellschafters anders als bei einer Privatmolkerei. Das geht weiter mit der Naturland Fair-Zertifizierung. Die Molkerei war 2011 das erste Unternehmen mit der Fair-Zertifizierung des Bio-Verbandes.

Das Siegel steht für faire Zusammenarbeit auf der Nordhalbkugel. „Die Diskussion um fair entstand während des Milchstreiks 2008“, erinnerte sich Geschäftsführer Pointner. Das betraf den konventionellen Sektor. Der zieht aber bei seinen Wellenbewegungen auch Bio immer mit nach unten.

Fairmilch wird aktuell mit 50 Cent pro Liter honoriert. Das ist der Endverbraucher-Preis konventioneller H-Milch. Er­stes Produkt war Gepa-Schokolade mit fairem Kakao aus dem Süden und fairer Milch aus dem Norden. Ökotest hat fair gekennzeichnete Produkte unter die Lupe genommen und die faire Bio-H-Milch  der Berchtesgadener gelobt. Die Naturland Fair-Zertifizierung für die Nord-Halbkugel umfasst die Ebenen Erzeuger, Mitarbeiter, Handel, Verbraucher und Umwelt.

Bio-Milch von Verbandsbetrieben

Die Bio-Milch stammt von Naturland- und Demeter-Höfen. 40 Prozent der Milchlieferanten sind Nebenerwerbsbauern. Ferien auf dem Bauernhof, Waldarbeit, Winterdienst bei Kommunen, Ski-Lifte oder die Arbeit in der Molkerei sind zusätzliche Einkommensquellen für die Landwirte.

Die Marke Berchtesgadener Land Bio-Alpenmilch spiegelt die regionale Herkunft wieder. Bio-Alpenmilch ist mehr als ein Wort: Die Kühe fressen das Gras des Grüngürtels der Alpen mit einem reichhaltigen Angebot von Frühjahr bis Herbst. „Das Rind ist ein Grasfresser. Es braucht viel raufaserreiches Futter“, sagt Marketingleiterin Barbara Steiner-Hainz.

Bei einem Test von Greenpeace im Jahr 2006 hatte die Demeter-Flaschenmilch aus Berchtesgaden die höchsten Anteile an Omega-3- und CLA-Fettsäuren aufzuweisen und ist somit besonders wertvoll. Die Weiden mit vielen Kräutern sorgen für die gesunden Inhaltsstoffe der Milch. Im Winter wird Heu oder Silage gefüttert.

Mit einer Qualitätsstrategie wird die wertvolle Rohmilch zum Premiumprodukt. So behauptet sich die Genossenschaft mit Geschäftsführer Bernhard Pointner an der Spitze auf dem Markt. Die Milchwerke BGL sind eine der noch verbliebenen 100 mittelständischen Milchverarbeiter in Deutschland. 80 Prozent der weißen Linie wird im deutschen Handel als Preiseinstieg vermarktet. „Da gibt Aldi den Takt vor“, erläutert er.

Berchtesgadener bewegt sich auf dem Premium-Markt mit 20 Prozent Anteil. Dazu zählt der Bio-Markt und die Markenprodukte. Naturland, Naturland-Fair oder Demeter wird ausgelobt auf der Verpackung der Bio-Alpenmilch. Ein Viertel der Bio-Menge von 61 Millionen Kilo pro Jahr wird biologisch-dynamisch erzeugt. Die Demeter-Bauern erhalten einen Cent mehr pro Liter Milch.

In allen Vertriebskanälen präsent

BGL vertreibt die Bio-Linie im Naturkostfachhandel, im LEH und bei Großverbrauchern. „Wir verschließen uns keinem Vertriebskanal“, erläutert der Geschäftsführer. Das wäre auf dem harten Milchmarkt auch existenzgefährdend. „Wir sind sehr stark in Süddeutschland. In Bayern sind wir Marktführer bei Frischmilch. Im Norden sind wir weniger präsent und im Osten gar nicht.

Wir müssen im Vertrieb überregional arbeiten, weil der Premiummarkt begrenzt ist, und wir nicht alles in Bayern absetzen können“, macht Pointner deutlich. Eine dreistellige Zahl an Großhändlern verkauft auch die Bio-Produkte. Die Frischdienste und auch die Naturkostgroßhändler verteilen das Gastro-Sortiment.

Schweiz und Österreich sind nahe Exportländer. „Die Österreicher sind Patrioten. Das ist  ein ganz schwieriger Markt“, berichtet er. Dafür funktioniert der Export nach Italien und in weitere EU-Länder.

„Wir haben eine sehr gute Bio-Verwertung mit einer 100 Prozent Vermarktung der erfassten Bio-Milch“, teilt Pointner mit. Ein Problem ist die Schwankung der Milchmenge zwischen Sommer und Winter um bis zu 30 Prozent. Im Sommer gibt es mehr Milch wegen des reichlichen Futterangebotes auf der Weide. Im Winter wenn der Bauer füttern muss, gibt es deutlich weniger.

„Nur die permanent vorhandene Menge, können wir nutzen. Dem Handel ist nicht erklärbar, dass es ein Produkt vorübergehend nicht in ausreichender Menge gibt“, sagt Pointner. Die Milchwerke versuchen dies zu steuern, indem sie im Winter zwei Cent mehr zahlen pro Liter. Die Übermenge im Sommer wird zum Teil zu Milchpulver für die Gepa-Schokolade verarbeitet. Eine zweite Strategie wäre zu buttern und dann zu frosten. Das lehnt Pointner ab: „Wir frieren Butter nicht ein. Ein Butterberg passt nicht zu unserem Qualitätsverständnis und unserer Nachhaltigkeitsstrategie.“

Bio-Milch auch laktosefrei

Rund 45 Prozent der Bio-Milchmenge verarbeitet BGL zu Trinkmilch von frisch über ESL bis H-Milch und Laktosefrei. Erst seit 1998 wird H-Milch hergestellt. Vorher gab es nur Frischmilch.  BGL ist auch bei Bio ein Trinkmilch-Spezialist. Sahne, Butter und ­Quark folgen in der Gunst. „Das ist unser Bio-Standbein. Da haben wir Menge“, erläutert die Marketingchefin.

Die Schlagsahne gibt es außer im üblichen 200-Gramm-Becher auch in der 500-Gramm-Mehrwegflasche. Der Rahm für die Butter reift einen Tag, damit die Butter die typische Farbe und Streichfähigkeit erhält. „Das ganze Unternehmen ist qualitätsorientiert“, so Steiner-Hainz. Butter wird im Standardformat 250-Gramm abgepackt. Vielfalt ist bei Bio-Butter noch nicht vorhanden. „Um weitere Buttervariationen herzustellen fehlt derzeit der Rohstoff“ klärt Steiner-Hainz auf.

Speisequark ist eine Stärke der BGL. Quark ist in drei Fettstufen erhältlich. Bio-Fruchtquark ist eine Spezialität des Unternehmens. Den bietet nicht jede Molkerei an. „Heidelbeere ist meine Lieblingssorte“, verrät Geschäftsführer Pointner. Mit Kräuterquark geht das Sortiment in die Tiefe. Er kann als Brotaufstrich, Dip oder mit Pell-Kartoffeln verzehrt werden.

Jogurt ist Bestandteil des Bio-Sortiments. Naturjogurt wird fettarm und naturbelassen angeboten. Bei den Fruchtjogurts sind neben den klassischen Sorten zwei moderne Knusper-Varianten dabei. „Der läuft hervorragend. Das ist ein Kinderartikel“, verrät Steiner-Hainz.

BGL Berchtesgadener Land mit tiefem Bio-Sortiment

Mit Spezialprodukten gehen die Bayern in die Tiefe. Eine stichfeste Dickmilch bietet die Molkerei an. Buttermilch natur und mit Früchten löschen den Durst. Molke-Getränke werden ebenfalls produziert. Sie sind in der wiederverschließbaren Tetratop-Packung mit 400-Gramm-Inhalt abgefüllt. Sie eignen sich für unterwegs als Pausen- oder Reiseverpflegung. Die Packungen sind Automaten tauglich. In die Kantinen von Audi und BMW sind sie bereits eingezogen.

Sie sind eine gesunde Alternative zu süßen Limonaden und damit zukunftsweisend. Bio-Kefir ist ein kleines Produkt, das aber schwarze Zahlen schreibt. „Wir haben ein funktionierendes Controlling und kümmern uns auch um die Zahlen“, macht Steiner-Hainz klar.

Die Berchtesgadener können mit einem Demeter-Sortiment punkten. Trinkmilch in der Flasche, Sahneprodukte (Schlagsahne, Saure Sahne, Creme fraiche), Kefir und Naturjogurt werden hergestellt. Die bio-dynamischen Produkte sind im Einzelhandel gefragt. 

Mit Bio Alpenzwerg verfügen die Milchwerke über ein Jogurt-Sortiment speziell für Kinder. Die Füllmenge ist bei 100 Gramm pro Becher auf den Hunger von Kindern abgestimmt. Die Alpenzwerge werden im Doppelpack abgegeben. Die Früchte sind püriert, nicht stückig und löffelfest. Die Sorten sind Banane, Erdbeere, Himbeere und Vanille. Die Kleinkinder ernährt die Mutter biologisch. Dann gehen sie nach und nach an Kellogs, Danone, Coca-Cola …und McDonalds verloren. Die Alpenzwerge tragen dazu bei, dass die Kinder ohne Danone auskommen können. 

Anton Großkinsky


40 Jahre Bio-Milch

Seit 1927 gibt es die Milchwerke Berchtesgadener Land. Seit 1973 ist Berchtesgadener auch Bio-Molkerei. Dieses Jahr feiert das Unternehmen 40 Jahre Bio. BGL war damit der erste Bio-Milchverarbeiter Bayerns. 450 der 1.800 Milchlieferanten wirtschaften heute biologisch. Ein Viertel der Roh-Milch von 240 Millionen Kilo ist biologisch. Das sind rund 60 Millionen Kilo. BGL liegt beim Bio-Milchaufkommen hinter Andechser und der Gläsernen Meierei, zählt aber im Bio-Sektor, der nur rund 2,2 Prozent der deutschen Milchmenge erzeugt, zu den Großen. Bio trägt 23 Prozent zum Umsatz von rund 190 Millionen Euro bei. Seit 1973, also seit bereits 40 Jahren, verarbeitet die Molkerei Bio-Milch und ist damit echter Pionier in der Branche.

[ Artikel drucken ]


Das könnte Sie auch interessieren

Molkerei setzt fairen Zucker ein

Künftig werden die Milchwerke Berchtesgadener Land fair gehandelten Rohrohrzucker in den Bio-Fruchtjogurts und der neuen Alpenzwerg Bio-Schokomilch verwenden.
04.04.2013mehr...
Stichwörter: Berchtesgaden

Molkerei setzt fairen Zucker ein

Berchtesgadener Land arbeitet mit Kooperative aus Paraguay zusammen

Künftig werden die Milchwerke Berchtesgadener Land fair gehandelten Rohrohrzucker in den Bio-Fruchtjoghurts und der neuen Alpenzwerg Bio-Schokomilch verwenden. Mit dem Fair-Handelshaus dwp fand die Molkerei dafür gemeinsam mit Naturland einen Partner. Der Öko & Fair-zertifizierte Rohrohrzucker stammt von der Zuckerkooperative Manduvirá aus Paraguay. Langfristig sollen alle Naturland-zertifizierten Berchtes-gadener Land Produkte auf 100 Prozent Öko & Fair umgestellt werden.  

25.02.2013mehr...
Stichwörter: Berchtesgaden

Erfolgreiches Bio-Jahr für Milchwerke Berchtesgaden

Besonders Demeter-Bauern profitieren durch eine hohe Auszahlung

Das Bio-Geschäft der Milchwerke Berchtesgadener Land Chiemgau in Piding läuft prächtig, wie bei der 75. Ordentlichen Generalversammlung deutlich wurde. Das Markengeschäft mit Bio-Alpenmilch floriert und die Bauern profitieren davon durch ein gutes Milchgeld.

01.05.2007mehr...
Stichwörter: Berchtesgaden