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Urteil gegen Feldbefreier wegen öffentlichen Aufrufes zur Straftat

Stichhaltige Argumente gegen Gentechnik im Gerichtssaal

(30-06-2006) Vor Beginn des Prozesses gegen die beiden Imker Michael Grolm und Jürgen Binder heute in Rottenburg hängten Gentechnik-GegnerInnen ein Transparent am Gerichtsgebäude auf "Stoppt Genfood sofort!". Die Zuschauerbänke des kleinen Saales im Amtsgericht waren voll besetzt, als Richterin Hannelore Bubeck-Rauch den Prozess eröffnete.

Die Staatsanwaltschaft Tübingen warf Grolm und Binder vor, öffentlich zu Straftaten aufgerufen zu haben, indem sie auf einer Internetseite und per Post Gentechnik-Gegner und -Gegnerinnen über ihre Absicht informierten, ein Feld vom Genmais zu befreien. Rund 300 Menschen hatten sich der Aktion im letzten Jahr angeschlossen.

Im Gerichtssaal legten die beiden Männer ihre Beweggründe dar. Um die Anschaulichkeit zu erhöhen, errichtete Michael Grolm einen kleinen Honigstand im Gerichtssaal. Er hatte außerdem einen Bienenkasten mit seinen fleißigen Honigsammlerinnen mitgebracht: "Wir haben viele stichhaltige Argumente gegen die Agro-Gentechnik!", sagte er, "Sie krabbeln hier im Bienenstock und fliegen draußen auch die manipulierten Pflanzen an. Genmaispollen verunreinigen meinen Honig. Darüber hinaus gefährdet Gentechnik die Existenz von Millionen von Bauern in aller Welt, die Gesundheit der KonsumentInnen und die Zukunft unserer Ernährung."

Rechtsanwalt Wolfram Leyrer beantragte die Anhörung eines Sachverständigen zu den Risiken der Agro-Gentechnik.
Das Gericht verzichtete auf dessen Befragung, denn die Vorsitzende zweifelte die Richtigkeit der Argumentation nicht an. Damit, so RA Leyrer, werde deutlich, dass ein Notstand gegeben sei. Zwar trete der Schaden der Gentechnik erst mittelfristig in vollem Umfang zu Tage, aber es sei offensichtlich, dass diese Gefahr nur durch sofortiges Handeln abzuwenden sei.

Außerdem betonte Leyrer, dass sich beide Aktivisten keines öffentlichen Aufrufes zu einer Straftat schuldig gemacht hätten, da das Strafgesetzbuch für diesen Tatbestand eine direkte Aufforderung voraussetze, die über eine Befürwortung hinausgehe. Deshalb seien weder die persönlichen Ankündigungen noch ein saloppes "Viel Spaß bei der Ernte" als Aufruf zu werten.

Viereinhalb Stunden nach Eröffnung der Sitzung verkündete die Richterin das Urteil: Sie folgte der Argumentation des Anwaltes nicht. Sie verurteilte Michael Grolm für die Versendung eines FeldbefreierInnen-Infobriefes zu zehn, Jürgen Binder, der darüber hinaus die Internetseite angemeldet hatte, zu fünfzehn Tagessätzen.

Beide Gentechnikgegner kündigten an, in Berufung zu gehen. Jürgen Binder: "Dieses Urteil kann keinen Bestand haben. Ich bleibe außerdem dabei, dass ich die Eliminierung der gefährlichen Pflanzen begrüße." Michael Grolm
ergänzte: "Wenn ich erneut verurteilt werde, werde ich für diese Sache auch ins Gefängnis gehen. Es steht zu viel auf dem Spiel!"

Rückfragen:

Michael Grolm, 0170 / 1087174
Anja Becker, 0176 / 52 23 25 80

Mehr:
www.gendreck-weg.de

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