Kartoffeln
Gedämpfter Bio-Kartoffelmarkt
Geringere Mengen im Handel und höhere Preise für die Kunden
Rund zehn Millionen Tonnen Kartoffeln werden jährlich in Deutschland geerntet. Etwa 200.000 Tonnen davon stammen aus kontrolliert biologischem Anbau. Angebaut werden Bio-Kartoffeln auf 8.000 Hektar Fläche überwiegend in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Bayern. Die Ernte 2010 ist nach Einschätzung von Naturland um ein Drittel geringer ausgefallen als in einem durchschnittlichen Jahr und durch Fäule gibt es zusätzliche Probleme, wie die Vermarkter übereinstimmend sagen. 2010 wird eher ein schwieriges Kartoffeljahr.
Festkochende Sorten haben einen Marktanteil von 80 Prozent, wie Agraringieur Wilfried Dreyer vom Ökoring Niedersachsen erklärt. Vorwiegend festkochend hat einen Anteil von 20 Prozent. Mehlige Sorten haben in Norddeutschland keine Bedeutung für den Markt. Im Süden gibt es für mehlige Sorten einen kleinen Markt für Haushalte, die Schupfnudeln oder Kartoffelklöße selbstmachen.
Ditta, Nicola und Princess sind nach Angaben des Anbauverbandes Naturland seit Jahren die Hauptsorten. Sie lassen sich von Optik und Geschmack her gut vermarkten und bringen dem Landwirt auch Ertrag. Die Linda wird noch in geringem Umfang gepflanzt. Das Saatgut-Unternehmen Europlant vermehrt die Sorte nicht mehr, daher gibt es wenig Pflanzgut. Der Rest ist überwiegend festkochend. In Süddeutschland wird eine geringe Menge mehlig kochende Sorten angebaut.
Die Kartoffelernte 2010 ist geringer ausgefallen als im Durchschnitt. Juni und Juli waren nach Angaben von Naturland zu trocken und zu heiß. Der Ertrag leidet, weil die Kartoffel ganz einfach ihr Wachstum einstellt. Im August war es dann zu feucht und zu kalt, so dass Krautfäule einsetzte. 200 Doppelzenter pro Hektar ist im Bio-Bereich der Schnitt. 2010 lagen die Mengen um ein Drittel darunter. Die Preise sind aktuell umso besser bei rund 60 Euro/Doppelzentner frei Abpacker.
Auch der Verbraucher muss sich mit 1,00 bis 1,50 Euro pro Kilo mit höheren Preisen anfreunden. Der Absatz wird dadurch wahrscheinlich sinken und die Menge bis Februar oder März reichen. In guten Jahren kann die Saison bis Mai gehen.
Die Bio-Kartoffel wird frisch überwiegend im Discount vertrieben Aldi ist der Marktführer. Der Discount-Anteil bei der Bio-Kartoffel dürfe bei 60 Prozent liegen. Der LEH hat einen Anteil von 20 Prozent und der Naturkostfachhandel von 10 Prozent. Die restlichen zehn Prozent werden in der Direktvermarktung abgesetzt. Die Bio-Kartoffel zählt inzwischen auch im Discount zum Dauer-Sortiment. Einzig Lidl setzt nach Beobachtung von Hesse aus, wenn ihm die Optik der Kartoffeln nicht gefällt.
Im LEH ist ein Sorte Bio-Kartoffel im 1,5 Kilo Carry-Fresh-Beutel die Regel. Andere Abpackungen wie kleinere Mengen in der Schale, größere Mengen im Netz, der lose Verkauf und Sortenvielfalt bringen Impulse am Regal. Auch 2010 kauften die Verbraucher mehr Bio-Kartoffeln. In den drei Quartalen Januar bis September stieg der Absatz nach dem GFK-Panel um rund zehn Prozent.
Kartoffeln werden im konventionellen zur Hälfte als verarbeitetes Lebensmittel gekauft. Eine Tendenz, die sich auch auf dem Bio-Markt durchsetzt. In der Tiefkühltruhe der Supermärkte gibt es Bio-Pommes oder Kartoffelpuffer. Kartoffelpüree wird als Halbfertigprodukt von Gut & Gerne angeboten.
Die Marktgenossenschaft der Naturland Bauern in Lippetal-Lippborg ist größter Bio-Kartoffel-Lieferant in Deutschland und vermarktet rund 25.000 Tonnen im Jahr an Discount, LEH, Naturkostfachhandel und Verarbeitung. Bei Kartoffeln arbeitet der von Franz Westhues geführte Betrieb mit Abpackern zusammen.
Agrata ist einer der großen Abpacker für Bio-Kartoffeln mit Schwerpunkt Discount. Das national tätige Unternehmen hat eine eigene Bio-Packstraße, um Rückstände durch Abdrift zu vermeiden, wie Bio-Beauftragter Axel Hesse erklärt. Agrata schätzt den Frisch-Markt für Bio-Kartoffeln auf rund 100.000 Tonnen in einem normalen Jahr.
„Bis 2009 hatten wir kräftige Zuwachsraten“, erklärt Hesse. Aufgrund geringer Erntemengen und gestiegener Preise ist es damit aktuell vorbei. „Im preisempfindlichen Discount, wo wir hinliefern führt das zu Rückgängen“, weiß Hesse.
Nach der deutschen Saison liefert Agrata Importware aus Israel. In der Vergangenheit wurde auch biologische Frühkartoffeln mit Herkunft aus Ägypten und Italien vermarktet. Da gab es aber zum Teil Probleme mit Rückständen, so dass aktuell nicht dort beschafft wird. Ganzjährige Lagerware aus Deutschland gibt es noch nicht.
Lehmann Natur in Mönchengladbach zählt zu den Lieferanten von Bio-Kartoffeln im LEH. Eine Kartoffelaufbereitungsanlage mit modernster Technik wäscht, sortiert, poliert und verpackt. Bio-Kartoffeln kommen heutzutage perfekt am POS an.
Anton Großkinsky