Canada
Bio-Export im Fokus
Bio-Verarbeitung in Kanada ist im Aufbau
{mosimage} Kanada ist ein großer Erzeuger biologischen Getreides, Hülsenfrüchte und Saaten. Ein erheblicher Teil geht als Rohware im Container per Schiff in alle Welt. Lukrativer ist der Export verarbeiteter Produkte. Da bleibt die Wertschöpfung im eigenen Land. „Bei Ahornsirup ist das der Fall“, weiß Stephan Rung, Handelsbeauftragter beim kanadischen Konsulat in Düsseldorf. Auch Leinsaat wird in Kleinpackungen exportiert; seltener Getreide und Hülsenfrüchte, die meist gereinigt und sortiert im Großgebinde das Land verlassen.
Als Agrarexport-Land orientiert sich Kanada auch auf dem Bio-Sektor am Weltmarkt. Rohstoffhändler und Verarbeiter haben den Blick nach Übersee gerichtet: Europa und Asien sind im Focus. Natürlich wollen die Exporteure auch den großen deutschen Bio-Markt erreichen. In Amerika wird der große US-Biomarkt bedient.
Aber auch der heimische Markt wächst zweistellig. Mühlenbetriebe dominieren. Stark verarbeitete Produkte werden wenige hergestellt, wie Adam Smith von der Landwirtschaftsverwaltung in der Provinz Saskatchawan weiß. „Die Bio-Verarbeitung in Kanada ist noch im Aufbau“, berichtet der Kenner der Branche. Mit Hartweizen, Linsen, Leinsaat und Hanf erzeugt Kanada auch Bio-Rohware, die es aus deutscher Erzeugung nicht oder kaum gibt.
Mit zeitgemäßen Produkten sind diese Nischen durchaus interessant und neu zu entdecken. Linsen, Erbsen und Ahornsirup in Bio-Qualität sind auf dem deutschen Markt wohl bekannt. Auf Packungen zum Beispiel von Davert und Alnatura ist Kanada bei einigen Produkten als Herkunftsland genannt.
Shamrock Seeds in Saskatoon, die größte Stadt in der Provinz Saketchawan, handelt mit Getreide, Hülsenfrüchte und Saaten. Zum Bio-Sortiment zählen Gerste, Linsen, Erbsen und Leinsaat aus Vertragsanbau in Kanada und den USA. Verkauft wird an Großhändler, Abpacker, Ölmühlen, Babynahrungshersteller und die Süßwaren-Industrie in Nordamerika, Australien und Europa. „Leinsaat verkaufen wir überwiegend nach Groß-Britannien“, erzählt Geschäftsführer Dan Charbonneau. Im UK erfreut sich diese Saat ähnlich wie Hanf größerer Beliebtheit als in Deutschland.
Die Rohware wird nach Kundenwunsch gereinigt, sortiert und gebrochen. In die Modernisierung der eigenen Reinigungsmühle ist in den vergangenen Jahren kräftig investiert worden. Von der Sieb-Technik bis zum optischen Ausleser ist alles vorhanden. „Bio ist ein wachsender Markt, auch wenn wir hier nicht die großen Mengen verkaufen“, sagt Geschäftsführer Dan Charbonneau. 40.000 Tonnen Rohware bewegt Shamrock Seeds jährlich. Wieviel davon Bio ist, verrät der Geschäftsführer nicht: „Das bleibt mein Geheimnis“.
ConMar in Regina, Hauptstadt der Provinz Saskatchewan, ist ein Spezialist für herkömmliche und biologische Leinsamen. ConMar hat vor fünf Jahren eine hochmoderne Anlage aufgestellt. Die Saaten können zu 99,99 Prozent gereinigt werden. „Wir haben Kunden in Japan. Die sind besonders kritisch und anspruchsvoll und wollen zu 100 Prozent reine Leinsaat“, weiß Geschäftsführer Duncan Werner.
Reinigen, rösten, mahlen, mischen und verpacken sind die Arbeitsschritte in der Produktion. Das Rösten macht die Saat aromatischer. Neben Mono-Produkten als ganze Kerne, gebrochen oder Pulver gibt es Mischungen mit Schokolade und Granatapfel. Das macht die etwas langweilige Leinsaat natürlich interessanter.
Leinsaat ist vielfältig verwendbar als Backzutat, für Müsli, Desserts oder Joghurt. Leinsamen enthält essentielle Fettsäuren, schützt das Herz, stärkt das Immunsystem und senkt das Krebsrisiko, wie Geschäftsführer Werner mitteilt.
Das Unternehmen beliefert Großverbraucher und füllt auch in Haushaltspackungen ab. In den USA wird an das Einzelhandelsunternehmen Traders Joe im Bundesstaat Kaliforniern geliefert. Die Kette ist im Besitz von Aldi. Eine Whole Food Eigenmarke wird ebenfalls produziert.
Die Prairie Flour Mills (Mehlmühle) in Elie vor den Toren Winnipegs, Hauptstadt der Provinz Manituba, mahlt konventionelles und biologisches Getreide. Die Walzen drehen sich rund um die Uhr. 118 Tonnen Getreidekörner werden täglich zu Mehl vermahlen.
Am Wochenende ist das biologische Getreide dran. Für Bäcker wird in 25 Kilo-Säcke abgefüllt. Für Haushalte in üblichen Klein-Packungen. Beim Bio-Sortiment ist Weizen-Mehl das Hauptprodukt. Überwiegend helle Typen werden gemahlen, denn der nordamerikanische Bio-Brotmarkt ist weiß.
Die Backeigenschaften des kanadischen Weizens gelten als gut. Eiweißgehalte von 12 bis 14 Prozent misst das Labor der Präriemühle. Sie sind also recht hoch und in dem Bereich, wie sie für Brot und Brötchen verlangt werden. Auch die Quellfähigkeit ist hervorragend. Die Fallzahlen liegen zwischen 250 und 400. Mit zu niedrigen Fallzahlen unter 200, die die Backqualität beeinträchtigen, ist bei dem trockenen Klima erfreulicherweise nicht zu rechnen.
40 Tonnen Hülsenfrüchte transportiert der LKW von Shamrock Seeds ab.Mit Bio-Hanf bietet Kanada eine Pflanze, die in Deutschland nicht kultiviert wird. Hemp Oil Canada in St. Agathe in Manitoba ist der größte Verarbeiter in dem Flächenstaat. 600 Tonnen des Nischenprodukts werden jährlich verarbeitet. Allerdings nicht nur zu Öl, wie Vertriebsmanagerin Jodie Cloutier aufklärt.
Auch Pulver entsteht hier als halbfertiges Produkt. Der Hanf findet sich in Kaffee, Tee, Bier, Teigwaren, Schokolade, Riegeln, Brot, Keksen, Nahrungsergänzung und Naturkosmetik wieder. Im Schauraum der Hanfmühle liegt eine Auswahl an Bio-Hanf Produkten, die auf dem Markt sind, einschließlich des Sortiments von Hanf und Natur aus dem deutschen Marienwerder.
Der Hanf stammt aus den kanadischen Provinzen Saskatchewan, Manitoba und Ontario. Hemp Oil betreibt heimischen Fairtade mit Abnahmeverträgen und überdurchschnittlichen Preisen für die Erzeuger. Die Hanfkörner werden bei Hemp Oil in Ste Agathe bereits gereinigt angeliefert und dort geröstet, geschrotet, gemahlen, oder gepresst. Die kleinen Pressen laufen 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche. 15 Mitarbeiter beschäftigt der Betrieb.
Vielseitiger Hanf in einer Nahrungsergänzung zusammen mit Leinsaat und Maca, Im Burger und als Öl.Jodie Cloutier ist eine wahre Hanf-Aktivistin: „In den USA ist Hanfanbau verboten, deshalb bin ich nach Kanada ausgewandert. Meine Kosmetik, meine Kleidung, meine Handtasche sind aus Hanf und ich esse täglich Hanf.“ Die junge Frau lebt von und für den Hanf.
Anton Großkinsky