Start / Ausgaben / BioPress 61 - November 2009 / Multifunktionale BioFach

BioFach

Multifunktionale BioFach

Messe hat sich zur internationalen Info-Plattform entwickelt

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Mit der 21. Auflage vom 17. bis 20. Februar 2010 schreitet die  BioFach ins dritte Jahrzehnt ihres Bestehens. In den ersten beiden Dekaden war sie eine Erfolgsgeschichte. Im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts ist die BioFach internationaler geworden und hat im Rohstoffbereich enorm an Bedeutung gewonnen. Die Messemacher in Nürnberg sind glücklich mit der Weltleitmesse für Bio-Produkte und Naturwaren. Der Naturkostfachhandel ist es nicht uneingeschränkt. Die Regionalen, ein Verbund von Naturkostgroßhändlern, bleiben 2010 fern. Sie sehen eine Entwicklung der Messe weg vom Fachhandel. Eine übersichtliche, besucherfreundliche Struktur fehlt weiterhin.

Vor zehn Jahren hat die Messe Nürnberg die BioFach von den Gründern Hagen Sunder und Hubert Rottner erworben. Fürwahr, die Investition hat sich gelohnt. Mit Prognosen für die BioFach 2010 sind Claus Rättich von der Geschäftsleitung und Projektleiter Udo Funke vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise zurückhaltend.
Claus Rättich vom Gastgeber Nürnberg Messe ist komplett beeindruckt von der Entwicklung der Messe: „Die große Aufmerksamkeit für das Thema war überraschend und für uns nicht abzusehen. Wir haben die Messe damals gekauft, weil die Chancen gut waren mit der EU-Ökoverordnung und der fortschreitenden Internationalisierung“.

Bio-Erfolg mit Künast verbunden

Der Bio-Erfolg hat einen Namen: Renate Künast propagierte Bio, während ihre Vorgänger eher als Verhinderer fungierten. Mit der Einführung des Bio-Siegel machte sie Bio zur Marke, die jedem Bundesbürger bekannt ist. „Künast war die erste Landwirtschaftsministerin, die eine Eröffnungsrede zur BioFach hielt. Aber auch die BSE-Krise 2001 führte zu einem Wahrnehmungssprung“,  erinnert sich Rättich.

Natürlich kamen von den Lebensmittelskandalen und der Politik nur die Anstöße. Die Kraft kam von der Branche. „Nirgendwo  gibt es so einen hohen Anteil an Menschen, die sich berufen fühlen, wie in der Bio-Brache. Das hat die BioFach geprägt und prägt sie noch heute. Dabei kommt ein gewisser Dogmatismus zum Vorschein, der eine spezielle Würze gibt“, fasst Rättich zusammen.

Zu den Besuchern zählen Einzelhandel, Landwirte Verarbeiter, Politik und Verwaltung. „Zwischen 5.000 und 6.000 Besucher kommen aus dem Naturkostfachhandel. Die gleiche Anzahl aus anderen Einzelhandelsformen wie Drogerie, Parfümerie, Apotheke und SEH. Die Lebensmittelverarbeiter sind im Laufe der Jahre als neue Besuchergruppe hinzugekommen. Für viele ist die BioFach zum zentralen Einkaufsplatz geworden.“, erläutert Projektleiter Funke die Besucherstatistik.

Konstant kommen umstellungswillige Landwirte aus den deutschsprachigen Ländern, um sich ein eigenes Bild zu machen. „Die Bauern treffen eine Lebensentscheidung. Ob ich eine Broschüre des Agrarministeriums lese, einen anderen Bio-Bauer frage oder einem Verbandsberater zuhöre, ist ganz etwas anderes, als sich auf der Messe einen Eindruck von der Branche zu verschaffen.“

Forum für Politiker

Die Politiker aus Bund und Ländern erscheinen mittlerweile regelmäßig auf dem Marktplatz, versprechen doch 1.200 Journalisten ein gewisses Maß an öffentlicher Aufmerksamkeit. Aber die Messe ist nicht nur Schaubühne. „Die Politiker haben oft ein Aha-Erlebnis. Die Realität ist anders als die schriftlichen Vorlagen mit allen Zahlen, die sie im Vorfeld gelesen haben. Bei einem Messerundgang sehen sie die Qualität und nicht die Quantität. Sie sehen, dass Bio eine Lebensweise ist und die Aussteller deutlich professioneller auftreten als gedacht“, hat Rättich beobachtet.

Eine Weltleitmesse ist die BioFach geworden. Zwei Drittel der Aussteller kommen aus dem Ausland. Bei der Flächenbelegung ist das Verhältnis Inland - Ausland allerdings 50 zu 50. Ein Verhältnis, das stabil geblieben ist über die Jahre. Italienische Hersteller und kanadischer Getreidelieferant treffen sich auf der BioFach und nicht in Chicago oder Mailand. Der Rohstoffhandel ist inzwischen ein großes Thema geworden.

Eine Ordermesse ist sie, dem allgemeinen Trend folgend, nicht mehr. Vielmehr ist sie zu einer Informationsbörse geworden. Trends, Verfahren, Marketing, Beratung, Kontaktpflege und Anregungen sind Dinge, die der Bio-Fachbesucher sucht. „Für die Aussteller dient eine Messe heute mehr der Markenpositionierung und der Imagepflege“, meint Funke.

Die Verarbeiter suchen  hier nicht nur Lieferanten, sondern auch Impulse und  Geschäftspartnerschaften. „Manche kleine Anbieter suchen einen Verband, an den sie sich anhängen können“, sagt Funke. Für den Bio-Gastro-Bereich ist sie zum großen jährlichen Treffpunkt geworden. Die BioFach ist vielfältiger als die Beziehung Hersteller zu Handel. 

Bei Angaben über das Warenangebot befindet sich die Messe auf dünnem Eis, weil es darüber keine Auswertungen gibt. Neue Bio-Lebensmittel waren nach der Beobachtung der Messemacher von 1999 bis 2003 Triebfeder der Entwicklung. Inzwischen gibt es zu fast jedem konventionellen Produkt das entsprechende  Bio-Produkt. Tiefkühlkost und Convenience haben sich in den vergangenen Jahren kräftig entwickelt.

Öko-Textilien sind ein Thema

Der Non-Food-Anteil ist zurückgegangen: Schreibwaren, Möbel, Haushaltswaren sind  rückläufig. „Das entspricht der Entwicklung der Sortimente im Fachhandel“, bemerkt Rättich. Öko-Textilien sind wieder ein Thema geworden. „Wir haben eine leichte Steigerung bei Textil zu verzeichnen. Den Trend  greifen wir auf. Wir gehen in Richtung Street Fashion, nicht so sehr auf Kinderkleidung und Mode“, betont Udo Funke. 

Der Besucher, insbesondere der Facheinkäufer, sucht vergeblich eine Struktur, an der er sich orientieren kann. Ein Fleisch- oder Mopro-Einkäufer muss sich durch mehrere Hallen kämpfen, um das Angebot zu sichten. Naturkosmetik unter dem Dach der Vivaness und Wein  bilden die Ausnahme.

„Wir haben es mit einer historischen Gliederung nach Nation, Region und Verband zu tun“, erklärt Funke. Das liegt zum Teil an der Förderpolitik der Länder. Zuschüsse werden nur gewährt, wenn der Aussteller unter das Dach des Gemeinschaftsstandes schlüpft. Der Freistaat Bayern macht hier eine Ausnahme. Die Gelder  werden nicht an die Bedingung geknüpft, im weiß-blauen Länderpavillon auszustellen. „Gemeinschaftsstände helfen nicht bei der Orientierung“, meint Rättich.

Die Verschiebung um einen Tag von Mittwoch bis Samstag statt Donnerstag bis Sonntag hat im Naturkostfachhandel Irritationen ausgelöst. Die Regionalen, ein Verbund von zwölf Naturkostgroßhändlern, bleibt der Messe 2010 fern mit der Begründung, die Einzelhändler am Sonntag nicht mehr zu treffen.
Die Zahl der Besucher aus dem Fachhandel ist laut Statistik an allen Tagen gleich. „Sonntags ist der Besuch insgesamt schwächer, deshalb werden die Ladner stärker wahrgenommen“,  klärt Funke auf. Mittwoch sei der umsatzschwächste Tag, an dem sich die Einzelhändler am ehesten frei machen können, erklärt der Projektleiter. Einkäufer und Aussteller gewinnen den Sonntag als freien Tag vor dem Start in die neue Woche.

Besonders die Gäste mit einer weiten Rückreise profitieren davon.
2010 ist der faire Handel das Thema des Jahres; ein Land des Jahres gibt es diesmal nicht. Das ist nicht nur der klassische Fairtrade mit der dritten Welt. Mittlerweile sind gerechte Handelsbeziehungen auch in Deutschland ein Thema von Fairmilch bis Bio & Fair. Die BioFach greift den Trend auf.

Anton Großkinsky

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