Österreich
Bio in Österreich
Während die Menschen in Deutschland Bio-Lebensmittel in den Anfangszeiten nur direkt von den Bauern und bei den Pionieren des Naturkostfachhandels kaufen konnten, war bei unseren Nachbarn der Lebensmittelhandel schon früh dabei. 
Foto: „SPAR Österreichische Warenhandels-AG“
Die Landwirtschaft Österreichs ist geprägt von Kleinbetrieben, wobei es allerdings ein deutliches regionales Gefälle in Richtung Osten mit großen Betrieben gibt.
Bei fast dreizehn Prozent handelt es sich um Bio-Betriebe. Die absolute Zahl pendelt seit einigen Jahren um 20.000. Einen höheren Bio-Flächenanteil hat kein anderes Land in der EU.
Zum Vergleich: Deutschland steht erst an 13. Stelle. Von den Betrieben sind 70 Prozent Mitglied bei einem Verband, überwiegend bei Bio Austria. Dieser ist aus einem Zusammenschluss von 15 kleineren Verbänden entstanden und hat ähnliche Richtlinien und Werte wie Bioland.
Das gelb-grüne Bio Austria-Siegel ist sehr bekannt und findet sich auf vielen Produkten aus bäuerlicher Erzeugung und Markenprodukten. Verarbeiter nutzen es in der Variante ‚Bio Austria Partner’ und Gastronomen ‚Empfohlen von Bio Austria’. Auch Demeter-Ware findet man häufiger. Regional verankert sind zum Beispiel Ernte für das Leben, Erde&Saat oder Bio-Landwirtschaft Ennstal.
Der LEH kennzeichnet seine Bioprodukte gern mit dem ebenfalls bekannten Bio-Zeichen der Agrarmarkt Austria GmbH (AMA). Die Behörde wirbt mit ihrer Tochterfirma AMA Marketing GesmbH für heimische Bio-Produkte, erstellt Preisberichte und entscheidet auch über Förderprämien. Ihr Label gibt es in zwei Versionen. In den Landesfarben weiß und rot sowie dem Zusatz Austria weist es darauf hin, dass die landwirtschaftlichen Rohstoffe aus Österreich stammen und hier verarbeitet wurden. Bei verarbeiteten Produkten gibt es einen Toleranzbereich für Zutaten, die nicht in der benötigten Qualität oder gar nicht im Land erzeugt werden können.
Dagegen steht das weiße Label ohne Ursprungsangabe allgemein für Lebensmittel aus ökologischer Landwirtschaft. Die Kriterien sind von staatlicher Seite genehmigt.
Einer der acht unabhängigen Kontrollstellen des Landes obliegt die Überprüfung, ob sie eingehalten werden. Momentan sind die Siegel noch kostenlos.
Verarbeiter gibt es vergleichsweise wenige in Österreich. Teilweise werden die Produkte nach genossenschaftlichem Prinzip gemeinsam vermarktet, unter anderem von der Tiroler Genossenschaft Bioalpin mit der Marke ‚Bio vom Berg’. Die Bergbauerngemeinschaft bietet ihr Sortiment mit 80 Produkten (vor allem Käse, Milch und Joghurt) ausschließlich über den Handel an. Über Großhändler sind sie auch in Deutschland vertreten. Ebenso stark wie die Bio-Qualität wird die regionale Herkunft betont. Überhaupt ist die Vorliebe der Konsumenten zu Produkten aus heimischer Landwirtschaft sehr groß. Umfragen zeigen, dass vielen Menschen der Unterschied zwischen Bio und regional nicht einmal bewusst ist!
Regionale Produkte in Bio-Qualität
Laut Schätzungen von Bio Austria machte der Gesamtumsatz mit Bio-Lebensmitteln im Jahr 2007 rund 860 Millionen Euro aus. Die allgemeine Tendenz der Kauflust ist steigend, obwohl in diesem Jahr die weltweite Finanzkrise auch hier ihre Spuren hinterlässt. Bei den möglichen Vertriebswegen führt ganz klar der LEH mit 64 Prozent. Bioläden, die vorwiegend in den wenigen Städten zu finden sind, verbuchten einen Umsatzanteil von 16 Prozent. Dazu zählten auch die Umsätze der Bio-Supermärkte bzw. Großhändler wie Achleitner, Biomarket, Maran, Basic oder Denn’s Bio sowie Livit. Letztere hat wegen finanzieller Schwierigkeiten in Bima Handels GmbH umfirmiert. Der Rest des Umsatzes verteilte sich zu ähnlichen Anteilen auf den Direktverkauf, Export und Großverbraucher.
PurPur Weckerln über Mager-Topfen bis Bio Hendl
Noch stärker als in Deutschland setzt der LEH auf Eigenmarken. So begann die Rewe Group Austria 1994 mit dem Aufbau ihrer Marke ‚Ja! Natürlich’, die mittlerweile mehr als 600 Produkte umfasst. Dafür arbeitet der Konzern mit 7.000 Bauern und 80 Partnerbetrieben zusammen. Zu finden sind die Bioprodukte bei Billa, Merkur, Bipa, Adeg und der Supermarktkette Sutterlüty.
Auch die Spar mit ihren
Spar-, Eurospar- und Interspar-Märkten bietet ein umfangreiches Bio-Sortiment aus über 500 Artikeln an. Beide Unternehmen bemühen sich, den Bezug zu den Erzeugern und damit Heimatverbundenheit und Vertrauen herzustellen. Der Discounter Hofer (Aldi), zu dessen Eigenmarke ‚Zurück zum Ursprung’ bislang erst einige Bioprodukte gehören, will das Biosortiment jetzt ebenfalls stark ausweiten.
„Bei welchen Produkten achten Sie besonders auf Bio-Qualität?“ lautete eine Frage, die die AMA Marketing den LEH-Kunden bei einer aktuellen Motivanalyse stellte. Eier, Frisches Gemüse und Obst, sowie Fleisch, Milch und Brot wurden am häufigsten genannt.
90 Prozent der Befragten gaben an, zumindest gelegentlich Bio zu kaufen. Den größten Umsatz bringen allerdings die etwa 20 Prozent, die zu den überzeugten Biokäufern gehören oder die gern zu Premium-Bio greifen, das heißt teuren Produkten wie Frischfleisch, Fisch, Wein oder Spirituosen. Die Marktdaten resultieren aus Umfragen bei 2.500 Haushalten, die ein Jahr lang ihre Bio-Einkäufe von Frischwaren außer Brot im gesamten LEH angeben. Derartige Analysen gehören zum festen Aufgabengebiet der AMA Marketing, die ansonsten etwa mit der CMA vergleichbar ist.
Der Österreichische Lebensmittelhandel hat sein Angebot im Bio-Segment in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgeweitet und deutliche Umsatzzuwächse erzielt. In 2007 wurden 8,2 Prozent mehr umgesetzt als 2006, wertmäßig 6,5 Prozent. Der Umsatzanteil lag bei 5,2 Prozent. Wie die ersten acht Monate 2008 zeigen, schwächt sich die Zusatzsteigerung jetzt etwas ab.
Im Ranking nach Wert lagen ESL-Milch, Eier, Frischmilch und Bananen auf den ersten vier Plätzen (September 07 bis August 08). Bezogen auf die Menge, liegen Kartoffeln noch vor Eiern, Bananen und Joghurt. Zu den Segmenten mit kontinuierlichen Zuwächsen zählen Fleisch und Geflügel, Wurst und Schinken sowie Frischobst. Eine ähnliche Ent-wicklung wie in Deutschland.
Aufklärung ist angesagt
Der Staat hat den Informationsbedarf über den Wert von Bioprodukten und die Kriterien des ökologischen Landbaus erkannt. Dem soll eine breitangelegte Informationskampagne mit öffentlichen Aktionstagen und Anzeigen Abhilfe schaffen. Sowohl das Lebensministerium als auch die AMA Marketing und die Europäische Kommission unterstützen die Aktionen. Außerdem gilt es, Anreize zur Förderung des Öko-Landbaus zu schaffen.
Denn ebenso wie in anderen Ländern hält das Angebot nicht mit der wachsenden Nachfrage Schritt. Seit einigen Jahren wird die biologische Wirtschaftsweise daher im Rahmen des ÖPUL, einem europäischen Programm zur Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft, finanziell unterstützt. In dem laufenden Programm werden die Prämien für Grünland und Ackerfutter stärker als bisher nach der Tierzahl bezahlt und der Tierschutz honoriert.
Um Österreichische Bioprodukte auch internationaler bekannter zu machen, stehen auf der nächsten BioFach viele Unternehmen und Fachleute für Gespräche und Kontaktaufnahme bereit. Denn der Export nimmt zu, wobei Deutschland einer der Hauptabnehmer ist.
Die wichtigsten Artikel dürften Fleisch, Milchprodukte und Käse von Österreichischen Produzenten sein. Doch auch andere Artikel haben in Deutschland zahlreiche Freunde gefunden, vielfach Kunden aus den Naturkostfachgeschäften. Seien es Schafmilch-Lassi von Leeb, ausgefallene Edelschokolade von Zotter oder Gourmet-Öle von der Ölmühle Fandler. Sonnentor und die Österreichische Bergkräutergenossenschaft mit Gewürzen und Tee gehören zu den etablierten Bio-Pionieren. BioArt mit ihrer Genusslinie aus Kaffee, Schokolade, Spirituosen und anderen zu den „Neuen“, die man entdecken kann.
Bettina Pabel