Die Manager der Bio-Früchte
Fruchtlieferanten bieten Service vom Feld bis ins Regal
{mosimage}Für die im Deutschen Fruchthandelsverband (DFHV) zusammengeschlossenen Unternehmen sind Bio-Produkte in den vergangenen fünf Jahren ein lukrativer Geschäftszweig geworden. Der Bio-Anteil ist im grünen Sortiment mit sechs bis sieben Prozent überproportional hoch. Die Unternehmen der Branche haben zum großen Teil ein Bio-Sortiment eingeführt und beliefern den gesamten Markt vom Naturkost-Großhandel über den Bio-Supermarkt bis zum Discount. Sie punkten mit Logistik, Service und Qualitätsmanagement. Die Bio-Spezialisten sind auf diesem Markt in der Minderheit.
Die Mitgliedsunternehmen des DFHV tätigen etwa 75 Prozent aller Umsätze bei frischem Obst und Gemüse in Deutschland. Auch das biologische O+G geht überwiegend durch ihre Hände. Import ist die Hauptaufgabe, denn aus deutschem Anbau kann der Hunger der Nation nicht gestillt werden. Die Eigenversorgungsquote erreichte 2007 in Deutschland laut Daten der GFK bei Bio-Obst elf und bei Bio-Gemüse 53 Prozent. Konventionell sind es bei Obst 13 und bei Gemüse 37 Prozent. Der Bio-Anteil am Umsatz liegt bei Obst mit sechs und bei Gemüse mit sieben Prozent über dem Schnitt von vier Prozent am gesamten Lebensmittelumsatz.
Die Fruchthandelsunternehmen agieren eher still im Hintergrund. Sie treten selten als Markenartikler in Erscheinung. Marken werden eher von verarbeiteten Produkten getragen. Beschaffung, Qualitätssicherung, Verpackung, Logistik, Beratung und Vermarktung macht sie zu qualifizierten Lieferanten für Vollsortimenter, Discounter, Naturkost-Fachhandel und den Außer-Haus-Markt.
Planung wird großgeschrieben.
„Wir sind Systemanbieter mit einem ganzen Paket an Dienstleistungen“, beschreibt Präsident Jürgen Boruszewski die Aufgaben der Unternehmen. Das fängt an bei der Anbau-Planung und dem Einkauf bei den Erzeugern und der modernen Logistik. Durch die Konzentration im Handel wird immer mehr zentral entschieden, dadurch kann für eine ganze Saison geplant und die Verfügbarkeit gesichert werden. Vom Feld bis zum Regal werden die Früchte in einem rationalisierten Prozess begleitet.
Präsident und Vizepräsidenten des DFHV. V.r.nl.: Matthias Bratzler, Karlsruhe, Thomas Bittel, Kehl, Jürgen Boruszewski, Hamburg, Jürgen Riedlinger, Konstanz, Jörg Doberstein, Hamburg und Verbands-Geschäftsführer Dr. Andreas BrüggerNur noch ein Teil der Unternehmen unterhält, wie früher auf den Großmärkten, eigene Verkaufsflächen. Mit dem Wandel des Handels hat sich auch die Struktur der Lieferanten verändert. Oftmals haben sie Niederlassungen in den Erzeugerländern wie Spanien und Italien, um die Beschaffung zu bewältigen.
50 Bio-Artikel sind aktuell bei den großen Handelsketten gelistet und können von den Supermärkten geordert werden. Einige Fruchthändler bieten zusätzliche Artikel, auf die der qualitätsorientierte selbständige Einzelhandel zugreifen kann, die er über seine Handelszentrale nicht bekommt. Damit kann er sich von Filialen abheben. Ein ambitionierter Händler, der den Bio-Handelspreis oder den Deutschen Fruchtpreis gewinnen will, muss mehr bieten als das zentral gelistete Sortiment.
„Wir haben Zugriff auf die Ware und halten Leistungen vor, die wir jeden Tag dem Handel anbieten“, erklärt Boruszewski. Zu den Dienstleistungen zählt die Reifung von Bananen. Die Gebrüder Bratzler in Karlsruhe reifen Fairtrade-Bananen. VanWylick beschafft für eine Bio-Supermarktkette einen Teil der Ware. Auch Port international macht einen großen Teil seines Bio-Geschäftes mit dem Fachhandel. Für DFHV-Vizepräsident Matthias Bratzler ist Bio nicht unbedingt das entscheidende Attribut für die Kaufentscheidung:„Bei der Banane steht an erster Stelle die Qualität, an zweiter Stelle kommt der Preis. Bio oder konventionell ist drittrangig.“
Bio-Sortiment wächst weiter
Das Bio-Sortiment im Handel wird nach Auffassung von DFHV-Vizepräsident Thomas Bittel weiter wachsen: „Die Massenartikel sind da. Durch die Verfügbarkeit im Supermarkt und im Discount entsteht eine verstärkte Nachfrage“. Allerdings gibt es bei Bio aktuell kein Überangebot, wie auf dem konventionellen Sektor. Dennoch werden die Bio-Sortimente wachsen. Der Fruchthandel fördert neue, schwierigere Produkte und Qualität. „Der Aufwand für die Randartikel muss aber in Relation zum Ertrag stehen“, mahnt Bittel.
Transparenz und Rückverfolgbarkeit ist für den Erfolg von Bio-Produkten ausschlaggebend. Mit eigenen Abteilungen für Qualitätssicherung sorgen sie für Produktsicherheit. „Dafür gibt es gefestigte Strukturen in unseren Unternehmen. Wir machen Audits in den Ursprungsländern, nehmen Bodenproben und kontrollieren schon vor der Ernte auf Rückstände“, erläutert Thomas Bittel.
Zahlenkombinationen auf dem Produkt können im Internet in eine Maske eingegeben werden und führen den Endverbraucher virtuell zum Ursprung des Produkts.
„Die Pioniere wirtschafteten aus purer Überzeugung ohne gesetzliche Vorgaben biologisch“, erinnert Bratzler an die Anfänge. Heute werde vielfach aus wirtschaftlichen Gründen biologisch produziert. Entsprechend akribisch werde kontrolliert. Er verweist darauf, dass die moderne Analytik nicht die Qualität bestimmt: „Rückstandsfreiheit ist notwendig aber nicht hinreichend für Bio.“ Das erfordert den Gang vom Labor aufs Feld, um sich zu überzeugen und Gewissheit zu verschaffen.
Anton Großkinsky