ISM
Bio-Welle erfasst Süßwaren
Internationale Süßwaren Messe in Köln zeigt starkes Hersteller-Interesse am Bio-Thema
Die Bio-Welle hat inzwischen die Gruppe der Süßwaren erfasst, wie auf der 38. Internationalen Süßwaren Messe (ISM) in Köln zu sehen war. Erstmals wurde mit der Bio-Straße, auf der sich 54 Aussteller platzierten, das Thema von der ISM in den Blickpunkt gerückt und mit einer stark besuchten Expertenrunde im ISM-Rahmenprogramm ins Gespräch gebracht.
Abgerundet wurde das Bio-Thema durch eine Sonderschau mit Designentwürfen von Studenten der Köln International School of Design.
Auf der ISM 2008 wurden Bio-Produkte 2008 heiß diskutiert. Hans Vriens von Barry Callebaut erinnerte daran, dass es Bio-Schokolade schon lange Jahre gibt. Bio-Süßgebäck, -Schokolade und -Fruchtgummi sind im Naturkosthandel etabliert; im traditionellen Lebensmitteleinzelhandel aber noch dünn gesät. Der Gang durch die Hallen offenbarte viele Neuigkeiten und Spezialitäten. Der Handel ruft nach Innovationen, auf der ISM wurden sie ausgestellt.
Toffee in Bio-Qualität in den Sorten Milch-Schoko und Milch-Karamell im 100 Gramm-Beutel mit Fenster stellte Ragolds vor. "Die sind noch zu frisch. Die brauchen zehn Tag Ruhe, damit sie nicht an den Zähnen kleben", warnte Geschäftsführer Andreas Herschberg vor dem Probieren. Erst drei Tage vor der ISM wurden sie fertig. "Die Toffees sind ohne Aromen hergestellt. Das macht den Artikel interessant." Haribo hat Haribio lanciert. Das Bio-Produkt wurde auf dem pompösen Stand allerdings weit im Hintergrund präsentiert.
Bio-Angebot wird ständig besser
Das Angebot bei den Hohlfiguren wird ebenfalls breiter. Die Confiserie Helgert aus Altdorf in Bayern hat 2007 begonnen Nikoläuse und Osterhasen aus Bio-Zutaten herzustellen. Das Familienunternehmen kann alle vom Ladner bis zur Handelskette bedienen. Der Preisaufschlag zum konventionellen liegt bei Faktor zwei. Chocolat Schönenberger aus der Schweiz ist über die Eco Plus Handels und Service GmbH auf dem deutschen Markt vertreten und führt in seiner Marke Bio Steinmann ebenfalls Hohlfiguren. Der Spezialist Klett aus Nehren in Baden-Württemberg stellt seit 2004 Bio-Nikoläuse in der Kombination mit Fairtrade her. Die angestammte Vertriebsschiene ist der LEH. Das Angebot an Saisonware erweitert Wicklein aus Nürnberg. Neben den Lebkuchen hat er eine Bio-Linie mit Weihnachtsgebäck.
Zahlreiche edle Schokoladen und Pralinen wurden verführerisch präsentiert. Maestrani aus Schweiz geht im März mit vier Sorten Bio-Fairtrade Tafelschokolade in den LEH. Die dünnen Tafeln wiegen 80 Gramm und werden im VK bei 2,50 Euro angesiedelt sein. Die zwei Klassiker Edelbitter mit 72 Prozent Kakao und eine Milchschokolade sind dabei. Daneben gibst es zwei aufregende Varianten mit weißer Schokolade in Kombination mit den Früchten Himbeere und Banane.
Die EcoFinia als Marktführer im Naturkostfachhandel war mit der Marke Björnsted für den LEH vertreten. Geschäftsführer Andreas Meyer findet durch die Distribution über den Systemlieferanten bioVlog in diesem Jahr neue Wege in den klassischen Handel.
Süßwaren- und Feinkostfachgeschäfte mit hohem Qualitätsanspruch fanden auf der Messe handgemachte Pralinen, die das Leben versüßen. Delvas aus Belgien präsentierte Bio-Pralinen aus fairem Handel. In Belgien sind die Pralinenmacher in den Delhaize Supermärkten vertreten, markieren allerdings das obere Ende der Preisskala. Der zweite Auftritt auf der ISM diente auch der Suche nach einem Großhändler in Deutschland. Woodshade Organics aus Dänemark arbeitet frisch auf Bestellung und liefert handgemachte, gefüllte Spezialitäten für höchste Ansprüche, wie Ulrich Rüben, Repräsentant in Deutschland, erklärte. Kombinationen mit Bio-Wein oder Cognac in Geschenkkisten aus Holz unterstreichen die Exklusivität.
Süßes mit Fairtrade-Siegel ist gefragt wie nie zuvor, wie TransFair und das Fairhandelshaus Gepa auf der ISM bekannt gaben. Im Jahr 2007 erzielten Fairtrade-Süßigkeiten einen geschätzten Umsatz von 24 Millionen Euro, dies bedeutet ein Plus von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 52 Prozent der Fairtrade-Süßwaren stammen zudem aus ökologischem Anbau. Auf der ISM präsentiert sich ein neuer Lizenznehmer, die Wikana Keks und Nahrungsmittel GmbH. Wikana bietet erstmalig einen Quinoa-Doppelkeks aus Fairtrade-Zutaten an.
Diskussion kam an beim Publikum
Eine vom bioPress-Verlag organisierte Expertenrunde um Moderator Bernward Geier diskutierte auf der ISM in Köln über die Entwicklung von Bio-Süßwaren im Supermarkt und blickte vom Podium in einen überfüllten Saal mit 300 Zuhörern, die bis zum Schlusswort durchhielten. Die Runde war sich einig, dass sich der Bio-Süßwarenmarkt weiter aufwärts entwickelt, trotz knapper Rohstoffe. Bio und Süßwaren ist eine gelungene Synthese, da beides für Genuss steht. Profitieren werden nach Ansicht der Experten vor allem die Markenartikel. Die Handelsmarken stoßen bei Süßwaren an ihre Grenzen.
Bio-Süßwaren erobern die Regale wie Marktforscher Markus Rippin von Agromilagro research in seiner Einführung zur Podiumsdiskussion darlegte. "Wie entwickeln sich Bio-Süßwaren und Knabberartikel im Supermarkt?" Die Recherche der aktuellen Zahlen wurden von Kölnmesse und dem bioPress-Verlag in Auftrag gegeben.
Der Bio-Süßwaren-Markt wird stark wachsen trotz scheinbarer Widersprüche zwischen gesundem Bio und ungesundem Zucker. "Süßwaren sind nicht schuld an der Überernährung", verdeutlichte die Ökotrophologin Iris Löhlein dem staunenden Publikum. In Deutschland stagniere der Verbrauch an Süßwaren, gleichzeitig werden die Menschen wegen Bewegungsmangel immer dicker. "Genuss ist Teil eines gesunden Lebensstils und ist erlaubt, wenn die Menge stimmt", konstatierte Löhlein.
Bio-Rohstoffe braucht der Markt
Ein wachsender Markt braucht mehr Rohstoffe. Bio-Süßwaren-Hersteller Georg Rösner prangerte hier unseriöse Methoden an. Rohstoff-Händler würden Verträge nicht mehr einhalten, weil andere Hersteller ein Mehrfaches des Preises böten. "Jeder sucht nach Rohstoffen", erklärte Vorstandsmitglied Hans Vries vom weltgrößten Schokoladenproduzenten Barry Callebaut. "Man muss mit den Kakao-Bauern zusammenarbeiten. Wir haben in den 90-er Jahren mit Projekten in Brasilien begonnen. Wer Interesse an Bio hat, muss sich mit der Beschaffung auseinandersetzen." Nur ein Prozent beträgt der Bio-Anteil am Kakao-Anbau. Für Vriens ist es dennoch keine Nische. "Starke Wachstumsraten für Bio in einem rückläufigen Gesamtmarkt weisen den Trend."
Im Supermarkt war das Süßwaren-Angebot bisher von den Handelsmarken dominiert. Das wird nach Ansicht von Dr. Uwe Lebens, Stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises Internationale Süßwarenmesse nicht so bleiben: "Die Eigenmarken überleben nicht. Ich erwarte eine Stärkung der Marken". Hermann Sievers, Ex-Marketingleiter der Edeka-Zentrale in Hamburg weist der Eigenmarke die Rolle der Basis-Sortiments zu. Tiefe können sie nicht abbilden. "Kompetenz braucht Marken mit einem Mehrwert für den Kunden und den Handel", erklärte Sievers.
Die Industrie hat die Forderung zur ISM umgesetzt. "Wir präsentieren stolz vier Bio-Sorten", erklärte Schokoladen-Hersteller Alfred T. Ritter, der auf dem Podium mitdiskutierte. Auf die Frage nach fairem Handel hatte er eine knappe jedoch treffende Antwort: Wer Qualität will muss fair handeln! Unfaire Grundlagen können auf Dauer keine Qualität hervorbringen. Einen Mitschnitt gibt es als Audio-Datei auf www.biopress.de
Anton Großkinsky