Bio-Markt
NIQ: Drogerien treiben Bio-Boom voran
Über 20 Prozent Umsatzplus von Januar bis April 2025

Bio wächst doppelt so stark wie der Lebensmitteleinzelhandel – und das vor allem in Drogeriemärkten. Neue NIQ-Zahlen zeigen: Wachsende Sortimente statt Rabattaktionen machen Bio dort zum Verkaufsschlager. Auch das starke Umsatzwachstum im Bereich der Eigenmarken sei vor allem auf deren bessere Verfügbarkeit zurückzuführen. Städter kaufen häufiger ein und greifen auch öfter zu Bio, so die NIQ Consumer Panel-Daten weiter.
Was einst Nische im Reformhaus war, ist heute Teil des Alltags: Bio-Produkte wachsen aktuell doppelt so schnell wie der gesamte Lebensmitteleinzelhandel, berichtet das Marktforschungsunternehmen NIQ. Demnach wuchs der LEH im Bereich Food von Januar bis April 2025 um 3,7 Prozent, während Bio-Produkte um mehr als zehn Prozent zulegten.
Dieses Wachstum sei Resultat eines grundlegenden Wandels im Einkaufsverhalten: Verbraucher verzichteten zunehmend auf große Wocheneinkäufe und setzten stattdessen verstärkt auf kleinere, alltagsnahe Besorgungen. So stieg die Anzahl der Einkaufsakte pro Haushalt im Vergleich zum Vorjahr um mehr als fünf Prozent, während der Anteil der ‚Big Trolley‘-Einkäufe an den gesamten Ausgaben erstmals unter die 20-Prozent-Marke fiel. Getrieben werde diese Entwicklung vom Wunsch nach Frische, veränderten Lebensgewohnheiten und einem stärkeren Fokus auf einzelne Warengruppen. Insbesondere fürs Bio-Segment sieht NIQ durch die Verschiebung neue Chancen.
Wachstumstreiber Drogerien
Besonders dynamisch wächst Bio im Drogeriemarkt: mit einem Umsatzplus von fast 21 Prozent im untersuchten Zeitraum. Große Supermärkte (+6,6 Prozent) und Discounter (+7,6 Prozent) wachsen laut NIQ deutlich langsamer. Und keine andere Vertriebsschiene trage so viel zum absoluten Bio-Wachstum bei. Obwohl Drogeriemärkte lediglich 20 Prozent des Bio-Umsatzes ausmachen, stemmen sie ganze 34 Prozent des Gesamtwachstums.
Angetrieben werde das Wachstum durch eine gezielte Sortimentserweiterung: Im Vergleich zum Vorjahr haben Drogeriemärkte ihr Bio-Sortiment um fast zehn Prozent ausgebaut. Das führe dazu, dass gut neun Prozent mehr Haushalte ihre Bio-Produkte in diesem Kanal einkaufen. Während Promotionen im klassischen LEH zunehmen, ist der Bio-Anteil im Aktionsangebot der Drogerien von 23,6 Prozent im Vorjahr auf 18,5 Prozent gesunken. Bio wächst hier also weniger über Preisaktionen, sondern vor allem über Verfügbarkeit und Sortiment, folgert NIQ. Ganz ohne Rabattschlachten festigten Drogeriemärkte ihre Rolle als wichtige Anlaufstelle für den regelmäßigen Bio-Einkauf.
Bio wächst besonders in Städten
In Städten mit 100.000 bis 500.000 Einwohnern legt der Bio-Umsatz laut NIQ um gut zwölf Prozent zu, in Metropolen ab 500.000 Einwohnern um über neun Prozent. Dagegen liegt das Plus in kleinen Gemeinden meist nur bei drei bis vier Prozent. Städter kaufen nach der Analyse nicht nur häufiger ein, sondern greifen auch öfter zu Bio-Produkten.
„Nicht nur Idealisten kaufen heute Bio“, erklärt Thomas Montiel Castro, Experte für Bio-Produkte bei NIQ. „Wir sehen zwei Käufergruppen, die das Wachstum tragen: Zum einen überzeugte Nachhaltigkeitsfans, für die Bio selbstverständlich und Glaubwürdigkeit entscheidend ist. Zum anderen jene, die vor allem auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis achten und Bioprodukte wählen, wenn Qualität und ein fairer Preis stimmen. Drogeriemärkte bedienen beides besonders gut: Sie bieten Bio nicht als Ausnahme an, sondern als festen Bestandteil des Standardsortiments.“
Was im Einkaufskorb landet, sei dabei breit gefächert. Trockenfertigprodukte wachsen um knapp 60 Millionen Euro, die ‚Weiße Linie‘ um 38 Millionen Euro. Noch dynamischer entwickeln sich alkoholfreie Getränke (+22 Prozent), Heißgetränke (+21 Prozent) und Backwaren (+20 Prozent). Auch Süßwaren, Brotaufstriche sowie Fette und Öle legen zweistellig zu. Wachstumstreiber sei die Verfügbarkeit: Dort, wo das Sortiment wächst, steigen auch die Käuferzahlen.
Sortiment schlägt Rabatt – Eigenmarken dominieren
Eigenmarken legten in den ersten Monaten 2025 um 13,3 Prozent zu, während Markenprodukte mit 7,5 Prozent deutlich langsamer wuchsen. Auch in diesem Bereich beobachtet NIQ: Das liege vor allem daran, dass Eigenmarken häufiger ins Sortiment aufgenommen werden und somit besser verfügbar sind. Von 299 Millionen Euro Umsatzwachstum entfallen rund 234 Millionen auf Eigenmarken – das sind mehr als zwei Drittel des gesamten Bio-Wachstums.
Eigenmarken werden bereits von über 86 Prozent der Haushalte gekauft und haben damit eine hohe Verbreitung erreicht. Markenprodukte gewinnen jedoch Käufer dazu und erreichten fast 400.000 neue Haushalte. Besonders im Drogeriemarkt verzeichneten Markenartikel ein starkes Wachstum: Dort legten gelistete Markenprodukte um zwölf Prozent zu, während Eigenmarken um acht Prozent wuchsen.
„Wer Bio nachhaltig wachsen lassen will, darf nicht nur auf Preissenkungen setzen“, fasst Montiel Castro zusammen. „Entscheidend ist ein breites, gut verfügbares Sortiment, das Kundenbedürfnisse trifft. Für Hersteller heißt das, glaubwürdige Marken mit Mehrwert zu schaffen. Für Händler: Bio ist mehr als ein Regalplatz. Eine intelligente, kanal- und zielgruppengerechte Auswahl entscheidet über den Erfolg. Wer Bio nur als Premium sieht, verpasst den Wandel – denn der neue Bio-Boom findet mitten im Alltag statt.“
Über die Studie
Die NIQ-Studie untersucht die aktuellen Entwicklungen im Lebensmitteleinzelhandel mit Fokus auf Bio und analysiert, welche Treiber das Einkaufsverhalten der Konsumenten und damit die Umsatzentwicklung auf Kategorie und Kanalebene beeinflussen. Dafür wurden neben aktuellen Retail- und Consumer-Panel-Daten auch Ergebnisse der NIQ Bio-Studie ‚Potenziale im Bio-Markt: Die 7 Käufertypen nach NIQ‘ herangezogen.