Start / Business / Bio-Unternehmen / Hersteller / Petersilchen im Aufbruch

Hersteller

Petersilchen im Aufbruch

Im 30. Jubiläumsjahr der Marke Sanchon blickt der Bio-Lebensmittelhersteller aus Steinheim nach vorne 

Petersilchen im Aufbruch © Quelle: Ralf Böttcher
Matthias Rebentisch (li.) und Christof Henne (re.), geschäftsführende Gesellschafter von Petersilchen, mit den Maskottchen der Marke Sanchon

Aufstriche, Saucen, Chutneys und Pasten in Premium-Qualität aus natürlichen Zutaten wie selbst gekocht: Das verspricht das Unternehmen Petersilchen mit seiner Marke Sanchon, die vor nunmehr 30 Jahren auf den Markt gebracht wurde. Zum Jubiläum hat der Bio-Hersteller einen Marken-Re-launch mit neuem, modernen Design geplant. Nach der Öffnung für den qualifizierten LEH will Petersilchen weiter wachsen und blickt optimistisch in die Zukunft. 

1995 wurde die Marke Sanchon ins Leben gerufen – von Peter Vogel, der unter dem Namen Petersilchen einen Bioladen in Detmold führte, und vom Koch und Restaurantinhaber Matthias Rebentisch, der eigene Brotaufstriche kreiert hatte, die er in Vogels Bioladen vermarkten konnte.

Heute wird das Unternehmen Petersilchen von den beiden geschäftsführenden Gesellschaftern Matthias Rebentisch und Christof Henne geleitet. Letzterer stieß als Koch und ausgebildeter Lebensmitteltechniker 2003 dazu und verantwortet inzwischen Produktionstechnik und Vertrieb, während Rebentisch für die Produktion und Produktentwicklung zuständig ist. 

Rund 70 Produkte werden mittlerweile unter der Marke Sanchon vermarktet, von Brotaufstrichen über Grillsaucen bis hin zu Fertiggerichten wie Chili Sin Carne. Nach dem Einstieg Hennes wurde die Produktion auf Private Label ausgeweitet und heute ist Petersilchen mit 170 im Haus produzierten Artikeln sehr breit aufgestellt. 

2008 gesellte sich mit den ‚Coolen Lollies‘ eine zweite eigene Marke neben Sanchon. Rebentisch hatte ein Wassereis entwickelt, das zunächst als Solitärprodukt vermarktet wur-de und „sofort super lief“, so Henne. Wegen des guten Anklangs wurde die ‚süße Linie‘ weitergedacht und unter die Obermarke Fredos für ‚Genussartikel für Jung und Alt‘ gestellt, unter der heute neben Wassereis auch zwei Popcorn-Artikel angeboten werden. „Wir wollen das Sortiment noch deutlich ausweiten“, berichtet Henne. 

Marke Sanchon: weltoffene Küche zum Nachkochen

Sanchon steht für eine weltoffene, würzige, ethnisch ausgerichtete Küche. Sie versteht sich als Marke im Premium-Bereich. Dadurch dass Entwicklung, Produktion und Vermarktung sich in einer Hand befinden, könne allerdings ein „ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis“ gewährt werden, so Henne. 

„Christof Henne und ich sind ursprünglich Köche“, erklärt Rebentisch. „Wir haben die Welt bereist und international gekocht. Und wir wollen gute Produkte, wie ein Koch sie herstellen würde und nicht ein Industrieunternehmen.“ Die Rezepte enthalten reine Naturstoffe und sollen alle so sein, dass man die Saucen und Aufstriche auch zu Hause nachkochen könnte. 

Die Produktion ist heute in Steinheim konzentriert, 20 Kilometer von Detmold entfernt. Hier werden Rauchzwiebeln vor Ort geräuchert und Auberginen selbst angebraten. „Das ist maßgeblich verantwortlich für die Qualität der Produkte“, so Marketingchefin Julia Günther. „Wir haben ziemlich intensive Veredlungsschritte“, stimmt Rebentisch zu. Von zerkleinern über braten, frittieren, räuchern, fermentieren bis hin zur Verpackung und Lagerung sei alles dabei.

Die Zutaten werden bei um die 100 Händlern und Lieferanten weltweit geordert. Für die asiatische Linie, Thai- und Curry-Pasten, gibt es ein eigenes Anbauprojekt mit Kleinbauern in Thailand. „Wir haben extra eine Technologie und Logistik überlegt, wie man die Zutaten im Frischzustand ungefroren nach Europa bekommt“, so Rebentisch. 

Insgesamt unterhalte Petersilchen mit drei Vierteln seiner Lieferanten bereits jahrzehntelange Geschäftsbeziehungen. Der hohe Qualitätsstandard samt IFS-Zertifizierung sei eine Herausforderung für neue Lieferanten. „Wir kaufen auch nicht plötzlich woanders, nur weil es da vielleicht einen Cent billiger ist“, stellt Rebentisch klar. Das Vertrauen gehe vor.

Veredlungsoption schafft Flexibilität

Als besonderes Vorzeigeprodukt hebt der Produktionschef die Worcestershire-Sauce Sanchons hervor. Sie lagert sechs Monate in Barriquefässern und besteht aus über 30 Zutaten. Anders als das Original aus England kommt sie komplett ohne tierische Zutaten aus – „die Entwicklung hat viele Jahre gedauert“, berichtet Rebentisch. Die vielen Veredlungsschritte machten ein Produkt nicht billig, aber „extrem gut“, so der Geschäftsführer Produktion. „Aromen sind das A und O – und kommen einem nicht ins Haus geflogen.“ Für vier Euro wird ein 140-Milliliter-Fläschchen momentan im Sanchon-Onlineshop angeboten. 

Dabei seien die Schritte der Veredlung optional – und könnten je nach gewünschter Produktqualität angewandt werden oder auch nicht. So wird bei einer Auberginencreme im Preiseinstiegsniveau etwa der Schritt der handwerklichen Röstung vorab eingespart. „Das gibt uns Flexibilität für eine weite Preisspanne“, erklärt Henne.

Aufbruch in den Mainstream

Für den Vertrieb sind im Unternehmen um die sechs Mitarbeiter zuständig. „Bis vor drei Jahren haben wir nur den Fachhandel beliefert. Dort sind wir groß geworden“, erzählt Henne. Jetzt hätten sich die Märkte geöffnet – verschmölzen sogar teilweise miteinander.

Den Einstieg in den Lebensmitteleinzelhandel machte Petersilchen über die Naturkind-Welten der Edeka, die für Henne „recht ordentlich aufgestellt“ sind. Dazu kommen heute Teillistungen im qualifizierten selbstständigen Einzelhandel, ausgewählten Märkten von Rewe und Edeka. 

Den Großteil vertreibe der Bio-Hersteller immer noch über den Fachhandel – „und das soll auch so sein. Wir sehen ihn nicht als auslaufendes Modell.“ Allerdings werde er sich in den nächsten Jahren neu aufstellen müssen. 

Premium-Sparte wächst wieder

Vor zehn Jahren ist das Unternehmen in ein neues Gebäude gezogen – eine ehemalige Molkerei in Steinheim und „damals für uns unvorstellbar groß“, erinnert sich Henne. In nur ein paar Jahren sei die Fläche allerdings gut ausgefüllt worden und momentan sieht sich der Betrieb gut ausgelastet.

2025 plant Petersilchen perspektivisch einen Umsatz von knapp neun Millionen Euro. 7 bis 7,5 Millionen Einheiten werden derzeit jährlich ausgefahren. Der Umsatzanteil von Private Label und Marke betrage etwa 50:50 – und dieses Verhältnis soll auch dauerhaft beibehalten werden. Von Preiseinstiegs- bis zu Premium-Artikeln sowie Absatzwegen von Reformhäusern und Bio-Fachhandel bis zum LEH: „Wir haben uns bewusst so breit aufgestellt, um krisensicher zu sein“, erklärt Henne. Strategisch habe sich das Konzept gerade in Zeiten von Unsicherheit als der richtige Weg erwiesen. 

Seit ein paar Monaten habe sich nach Bio-Krise, Inflation und der Prägung des Markts von preissensiblen Konsumenten das Blatt wieder gewendet: Private Label auf Preiseinstiegsniveau biete eine konstante Basis im Sortiment, während Eigenmarke und Premiumartikel Wachstumstreiber sind.

Umsatzwachstum mit Bedacht

In den nächsten Jahren hält Petersilchen nach Ende der Krisenzeit eine Verdopplung des Umsatzes perspektivisch für realistisch. Mit einer doppelschichtigen Auslastung könne der Umsatz in fünf Jahren auf rund 20 Millionen ansteigen. 

„Derzeit haben wir noch keine großen Lagerkapazitäten für fertige Ware“, erklärt Henne. Nach zwei Tagen wieder Platz für die nächste Fuhre zu schaffen, erfordere eine effiziente Warenrotation. Um noch flexibler zu sein, arbeite das Unternehmen mit einem externen Logistikpartner zusammen. 
Nebenan existiert allerdings ein Grundstück mit einer Fläche von knapp 8.000 Quadratmetern, auf denen der Bau einer Logistikhalle möglich wäre. Bei einer entsprechenden Umsatzentwicklung soll das Projekt angegangen werden. 

Wachstum geschehe jedoch „mit Bedacht“, betont Henne. Petersilchen nehme nicht jeden Auftrag an und habe zum Beispiel die Saucen-Produktion für eine Fast-Food-Kette bewusst abgelehnt. Das Unternehmen setze auf ausgewählte, langfristige und faire Partnerschaften und bleibe seiner Linie treu. Auch die vertraglichen Konditionen müssen passen. 

„Wir können auch große Stückzahlen, aber Vorreiter sind wir bei den Spezialitäten“, stellt Rebentisch fest. So habe Petersilchen als Erster Curry-Pasten in Bio-Qualität auf den Markt gebracht. Ideale Produktionsmengen lägen jährlich zwischen 500.000 und 600.000 Stück pro Produkt. Der durchschnittliche Jahresabsatz eines Produkts betrage aktuell zwischen 30.000 und 250.000 Einheiten. Pro Schicht werden bis zu 28.000 Gläser abgefüllt.

Marken-Relaunch mit neuen Produkten

„Den Esel gibt es wirklich!“, betont Rebentisch mit Blick auf den ‚Botschafter‘ der Marke Sanchon, der auf allen Artikeln zu sehen ist. Der Geschäftsführer hat früher katalanische Riesenesel gezüchtet und ist auch heute noch Eselhalter. 

Der Markenname ist inspiriert von Don Quijotes bodenständigem Gefährten Sancho Panza, einem „bäuerlichen Genussmenschen“. In der Anfangszeit hat Petersilchen freche Sprüche aus Don Quijote auf die Produkte gedruckt, was als zusätzlicher Türöffner fungiert habe. 

Zum 30-jährigen Jubiläum ist nun ein Relaunch der Marke Sanchon geplant. Im Juli soll ein neues Etikettendesign auf den Markt kommen, das moderner wirkt und noch mehr Aufmerksamkeit erzeugt. Dabei sollen die traditionsbehafteten Merkmale wie der Esel erhalten bleiben. „Er ist jetzt sogar größer geworden und rückt damit unseren Markennamen stärker in den Fokus“, eröffnet Marketingchefin Günther. 

Der Vertrieb sei momentan gut ausgelastet. „Wir haben sehr viele neue Produkte auf den Markt gebracht“, so Günther. Als „absolute Innovation“ hebt sie das Ketchup im Glas zum Löffeln hervor, in den Geschmacksrichtungen Tomate und Curry. Daneben gibt es zum Beispiel eine neue Grillsauce in den Varianten Cocktail und Knoblauch und vier neue Brotaufstriche. 

Klimawandel erschwert Beschaffung

Mit Rohstoffengpässen sei Petersilchen immer wieder konfrontiert. „Für Spezialitäten braucht es zwar kleinere Mengen, aber dafür auch spezielle Zutaten“, erklärt Rebentisch. Das sei ein Grund gewesen, weshalb das Thailand-Projekt gestartet wurde, durch das zum Beispiel verlässlich Kaffirlimettenblätter, Galgant und Zitronengras bezogen werden können. Auch Tomatenmark, das der Hersteller von einer Kooperative aus Italien bezieht, sei in den letzten Jahren aufgrund von extremer Trockenheit und geringer werdenden Flächen konstant schwer zu bekommen gewesen. 

„Die Sprünge sind relativ neu“, berichtet Henne. In den nächsten Jahrzehnten werde der Klimawandel die Beschaffung kontinuierlich schwerer machen, mit mehr Schlechtwetterereignissen und mehr Ernteausfällen. Dann falle eventuell teils die Gewinnmarge weg, weil zu teures Einkaufen nötig war. „Aber liefern konnten wir bisher immer“, so Henne. Petersilchen sieht sich auch gegen kommende Krisen gut gewappnet. 

Lena Renner

[ Artikel drucken ]


Das könnte Sie auch interessieren

Alb-Gold investiert in regionale Bio-Hartweizenprojekte

Züchtung und Anbau am Bodensee

Alb-Gold investiert in regionale Bio-Hartweizenprojekte © ALB-GOLD Teigwaren GmbH

Der schwäbische Nudelhersteller Alb-Gold will auch im Bio-Segment vermehrt auf regionale Zutaten setzen. Während die konventionelle Spätzle- und Nudelproduktion bereits zu 100 Prozent aus heimischem Getreide erfolge, bleibe die Rohstoffversorgung im Bio-Bereich eine Herausforderung: Hartweizen, die wichtigste Zutat für Nudeln, gedeihe im ökologischen Anbau in Süddeutschland unter schwierigen Bedingungen. Deshalb investiert das Familienunternehmen in zwei Projekte, die den Bio-Hartweizenanbau auf der Schwäbischen Alb und am Bodensee etablieren sollen.

22.08.2025mehr...
Stichwörter: Hersteller, Petersilchen

Voelkel kooperiert mit FC St. Pauli

Partnerschaft im Segment pflanzliche Milchalternativen

Voelkel kooperiert mit FC St. Pauli © Voelkel

Der Bio-Pionier Voelkel wird für mindestens zwei Saisons Partner des FC St. Pauli. Im Hamburger Millerntor-Stadion will das Unternehmen jetzt das Banner für seine veganen Milchalternativen in der Glasmehrwegflasche schwenken.

08.08.2025mehr...
Stichwörter: Hersteller, Petersilchen

Ölmühle von Nutriswiss jetzt Bio-zertifiziert

Flexible Kapazitäten für die Verarbeitung schweizerischer und importierter Bio-Erzeugnisse

Ölmühle von Nutriswiss jetzt Bio-zertifiziert © Antonio Priston

Mit der Bio-Zertifizierung ihrer Ölmühle stellt die Nutriswiss AG die Weichen für eine flexible Erweiterung des Geschäfts mit pflanzlichen Speiseölen in Bio-Qualität. Heimische Ölsaaten aus schweizerischem Anbau können dadurch erzeugernah und chargenrein verarbeitet werden, ebenso wie Bio-Saaten aus der EU.

16.07.2025mehr...
Stichwörter: Hersteller, Petersilchen