Ausland
Bio-Geschmacksvielfalt in Konzentration
Flavence ist spezialisiert auf natürliche Aromen – jetzt auch in Bio-Qualität

Im wallonischen Städtchen Seneffe südlich von Brüssel sitzt das Unternehmen Flavence von Arnaud de Beukelaer. Seit über 25 Jahren versorgt der Hersteller die Lebensmittelbranche mit qualitativ hochwertigen, natürlichen Flüssigaromen – individuell nach Kundenwunsch und ab kleinen Mindestbestellmengen. Vor fünf Jahren fiel die Entscheidung zur Bio-Zertifizierung – heute können 250 Aromen in Bio-Qualität bezogen werden.
Fünf Jahre lang war Arnaud de Beukelaer beim Unternehmen Elixir d’Anvers tätig, einer traditionellen Kräuterlikörmarke, die im 19. Jahrhundert von der Familie de Beukelaer gegründet wurde. Dort lernte er das Handwerk der Destillation und begeisterte sich für aromatische Infusionen. Gleichzeitig stellte er fest, dass es immer schwieriger wurde, hochwertige Aromen flexibel und in kleinen Mengen zu beziehen. „75 Prozent der Aromen weltweit werden heute von zwölf großen Unternehmen vermarktet“, erklärt er. Sie kauften kleinere Anbieter auf und arbeiteten mit hohen Mindestbestellmengen.
Die Idee von Flavence: „Wir machen dasselbe wie die Großen, nur superflexibel!“, so der Gründer. 1998 wurde das Unternehmen unter dem Namen ‚Taste‘ ins Leben gerufen, gemeinsam von Arnaud und seiner Frau Valérie de Beukelaer, die vor allem für die kreative Entwicklungsseite zuständig ist. Anfangs bestand der Sitz des Herstellers aus einer Doppelgarage in Wauthier-Braine nahe Waterloo, die in Labor und Produktionsstätte umgebaut wurde.
„In den ersten fünf Jahren war es sehr schwierig“, erinnert sich de Beukelaer. Das Unternehmen sei quasi von null gestartet und habe alle Aromen selbst entwickelt: vom Kauf von Grundstoffen wie ätherischen Ölen bis zur Suche nach der Formulierung, der optimalen Mischung.
„Damals gab es noch keinen Hype um natürliche Aromen“, meint der Geschäftsführer. Viel Synthetik sei in den 90er Jahren ganz normal gewesen. Nach der Jahrtausendwende habe sich das komplett geändert und inzwischen seien synthetische Aromen kaum noch gefragt, natürliche der Standard.
Im April 2012 hat das Unternehmen seinen jetzigen Standort in Seneffe in der Provinz Hennegau bezogen. Hier gibt es inzwischen vier verschiedene Produktionszonen, vier Labore, ein Lager und ein separates Bürogebäude. Mit dem Umzug erhielt der Hersteller außerdem das FSSC 22000-Zertifikat zur Lebensmittelsicherheit. 2018 erfolgte die Umbenennung in ‚Flavence‘ – eine Kombination aus ‚flavour‘, der aktuellen gesetzlichen Bezeichnung für moderne Aromen, und ‚essence‘, dem traditionellen Begriff im Englischen. „Damit wollen wir unser Ziel unterstreichen, Tradition und Moderne zu verbinden“, so de Beukelaer.
Aromenvielfalt mit Bio-Siegel
Im Jahr 2020 hat sich der Hersteller für die Bio-Zertifizierung entschieden. Ausschlaggebend war laut Geschäftsführer die Änderung der EU-Öko-Verordnung. Zuvor mussten nur 95 Prozent eines gesamten Aromas aus ökologischer Landwirtschaft stammen, sodass Hersteller zum Beispiel Bio-Ethanol als Trägerstoff verwenden und ein konventionelles ätherisches Zitronenöl als aromatische Komponente zufügen konnten. „Das fanden wir blödsinnig – und nicht ehrlich gegenüber Kunden, unsere Produkte nach so einer Vorgabe als Bio zu labeln“, stellt de Beukelaer klar.
Mit der Verordnung 2018/848 wurden die Regeln so verschärft, dass nun sowohl die aromatisierenden als auch die nicht-aromatisierenden Bestandteile zu mindestens 95 Gewichtsprozent aus ökologischer Produktion stammen müssen. „So ist es jetzt tragbar, Bio-Aromen zu vertreiben“, meint der Unternehmer.
Inzwischen hat Flavence unter 1.300 natürlichen Aromen 250 Artikel mit Bio-Zertifikat im Angebot: ob Kokosnuss, Orangenblüte, Vanille, Erdbeer oder Birne, Kräuter- oder Pilzaroma. „Es ist unglaublich, welche endlosen Geschmacksmöglichkeiten sich aus natürlichen Zutaten kreieren lassen“, schwärmt de Beukelaer.
Auch die Einsatzmöglichkeiten sind schier unbegrenzt. „Unsere ersten Abnehmer waren Schokoladen-Hersteller“, berichtet der Gründer. Die bräuchten viele verschiedene Aromen in kleinen Mengen und hätten mit Flavence endlich einen Anbieter gefunden, bei dem sie exakt das Benötigte einkaufen können. Heute beliefert das Unternehmen außerdem viele Fruchtgelee-Produzenten und Hersteller von Bio-Bonbons, die wirklich auf der Suche nach Qualitätsaromen seien. Die Produkte von Flavence landen in Limonaden, Kombuchas, Bieren und Likören, in Eis, Milchprodukten und Süßgebäck, Glassuren, Saucen, Dressings, Fertiggerichten und aromatisierten Ölen.
Alle Aromen-Komponenten des Herstellers sind für den Verzehr geeignet und werden auch ausschließlich an die Lebensmittelbranche geliefert. Bisher entwickelt das Unternehmen zudem nur flüssige Aromen. Pulver zu produzieren wäre nochmal ein eigener Arbeitsschritt und momentan außerhalb der Kapazitäten. „Dafür bräuchten wir ein weiteres Produktionsgebäude“, erklärt de Beukelaer.
Maßfertigung und Flexibilität
„Qualität steht für uns über dem Preis“, stellt der Geschäftsführer klar. Ist der bestmögliche Geschmack noch nicht erreicht, werde weiter an der Formulierung gearbeitet. Biologische Aromarohstoffe könnten zum Teil ein kleines Vermögen kosten, etwa das beste Bio-Rosenöl bis zu 20.000 Euro pro Kilogramm. „3.000 bis 5.000 Kilogramm Rosenblätter sind nötig, um dieses Kilogramm zu gewinnen“, erklärt de Beukelaer den hohen Preis.
Flavence verspricht einen schnellen Musterversand seiner Produkte innerhalb von sieben Arbeitstagen. Mit einem gestaffelten Preisangebot könne Ware von 500 Gramm bis zu 100 Kilogramm generell in zwei bis drei Wochen geliefert werden. Am meisten verschicke der Hersteller bestellte Mengen von rund 50 Kilogramm. „Wir haben aber auch Großkunden, die eine oder mehrere Tonnen abnehmen“, so de Beukelaer.
Eine Stärke des Unternehmens sei es, die Flexibilität einer kleinen Struktur mit der Professionalität einer großen zu verbinden. Zum Service gehörten etwa sehr vollständige und detaillierte Datenblätter. „Das bedeutet für alle einen Zeitgewinn!“, meint der Gründer. Kunden können auch individuelle Wünsche äußern und bei der Produktentwicklung begleitet werden.
Die neue Bio-Range sei gut angelaufen und stoße auch in Deutschland auf hohes Interesse. „Deutsche Bio-Kunden sind sehr qualitätsbewusst“, stellt de Beukelaer fest. Auf der Biofach konnten sich Besucher selbst vom Angebot überzeugen.
Lena Renner