Markt
Deutscher Bio-Markt legt weiter zu
Flächenwachstum des Ökolandbaus stagniert

Im Jahr 2024 hat der Bio-Markt in Deutschland stärker als im Vorjahr zugelegt: um 5,7 Prozent, auf einen neuen Rekordwert von 17 Milliarden Euro. Bei einer sinkenden Inflation war das Wachstum mehr auf steigende Absätze als Preise zurückzuführen. Gleichzeitig stagnierte der Ausbau des Ökolandbaus mit einem Flächenzuwachs von lediglich 0,4 Prozent und die Anzahl der Bio-Höfe ging leicht zurück. Die neuen Zahlen und Fakten haben Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) und Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft vergangene Woche auf der Biofach präsentiert.
Auf rund 17 Milliarden Euro ist der deutsche Bio-Markt 2024 angewachsen, wobei das Wachstum im Lebensmitteleinzelhandel wie schon in den Vorjahren mit 7,9 Prozent am stärksten war. Im Detail legten dort abermals die Drogeriemärkte mit 19,6 Prozent am meisten zu, während Discounter eine Zunahme von 7,4 Prozent verbuchten und Vollsortimenter ihren Bio-Umsatz um 4,7 Prozent steigerten. Parallel zum LEH baute sich auch der Vorsprung der Handelsmarken weiter aus: mit einem Plus von 13,5 Prozent, während Bio-Herstellermarken nur einen Zuwachs von 3,3 Prozent verzeichneten.
Auch für den Naturkostfachhandel ging es 2024 mit plus 3,5 Prozent wieder nach oben. Dagegen mussten sonstige Einkaufsstätten – wie Reformhäuser, Hofläden und Wochenmärkte – zusammen ein Minus von 2,4 Prozent hinnehmen. Bei Metzgern und Bäckern, die auch in diese Gruppe gezählt werden, war die Umsatzentwicklung stabil, berichtete die AMI-Expertin Diana Schaack auf der Biofach. Und der Online-Handel, der auch unter ‚Sonstiges‘ läuft, habe sogar ein leichtes Plus verbuchen können.
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Mit Blick auf die Bio-Marktanteile liegt der Lebensmitteleinzelhandel nun insgesamt bei 69 Prozent: Die meisten Bio-Umsätze erwirtschaften die in puncto Produktvielfalt am besten aufgestellten Vollsortimenter mit 31 Prozent, gefolgt von Discountern mit 27 Prozent und Drogeriemärkten mit elf Prozent der Umsätze. Naturkostfachgeschäfte liegen nun bei einem Marktanteil von 19 Prozent und sonstige Einkaufsstätten kommen zusammen auf zwölf Prozent.
Bio-Mengenboom: vor allem bei Mehl und Öl
Anders als im Vorjahr war die Bio-Umsatzentwicklung 2024 weniger an die Inflation gebunden, die für den Bio-Bereich auf 0,9 Prozent beziffert wurde, und laut Schaack stattdessen auf ein tatsächliches Mengenwachstum zurückzuführen. „Der Markt wuchs im Wesentlichen aus der Menge heraus“, so die Fachfrau.
Besonders Bio-Mehl boomte abermals und konnte über 20 Prozent höhere Einkaufsmengen als im Vorjahr erzielen. Und auch Bio-Speiseöl erreichte mit mehr als 16 Prozent plus ein deutlich zweistelliges Wachstum, trotz einer hohen Inflationsrate bei dieser Produktgruppe. „Die teuren Preise haben die Kunden nicht vom Kauf abgehalten“, stellte Schaack fest. Viel gekauft wurden auch frische Bio-Backwaren mit über zwölf Prozent Absatzsteigerung. Insgesamt war das Trockensortiment nach BÖLW mit einem Umsatzzuwachs von fast zehn Prozent deutlich dynamischer unterwegs als die Frischeprodukte mit einem Plus von knapp drei Prozent.
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Joghurt, Käse und Milch in Bio-Qualität wachsen laut Schaack seit Jahren stabil und verzeichneten 2024 einen Mengenzuwachs von rund sechs bis sieben Prozent. Pflanzendrinks legten nochmal um gut fünf Prozent zu – hier liegt der Bio-Marktanteil bereits bei 65 Prozent. Auch Bio-Fleischersatzprodukte und -Mehl halten mit 24 bzw. 20 Prozent bereits stolze Marktanteile. „Trotz Inflation und Wirtschaftsflaute – die Verbraucher bekennen sich zu Bio“, freute sich die BÖLW-Geschäftsführerin Tina Andres. Seit 2019 habe der Bio-Markt insgesamt um 37 Prozent zugelegt.
Krux: Erzeugerpreise und Umstellungsbereitschaft
Bio-Geflügel wurde 2024 weniger gekauft, was Schaack auf den immer noch großen Preisunterschied zu konventionellen Produkten zurückführt. Dass Bio-Mehl nur noch 15 Prozent mehr kostet als konventionelle Alternativen, wird von der Expertin allerdings ebenfalls kritisch bewertet, denn „Keiner verdient damit Geld – die Erzeugerpreise steigen oft nicht auskömmlich.“
Was Bio-Milch angeht, seien die Erzeugerpreise Ende 2024 zwar wieder gestiegen – das reiche aber noch nicht aus, um Landwirte zur Umstellung zu bewegen. Im Gegenteil gebe es aktuell einige Rückumsteller und die Ware werde knapp.
Bio-Obst stagniert und der Gemüse-Absatz ging zurück, was laut Schaack aber nicht auf eine geringe Nachfrage, sondern auf Ernteschwankungen und eine nicht ausreichende Verfügbarkeit zurückzuführen ist. Sowohl Ware aus Deutschland als auch Importware hätte man mehr verkaufen können.
Auch Bio-Schweinefleisch sei bereits seit einiger Zeit „superknapp“, Bio-Rind verzeichne seit ein paar Monaten Versorgungsengpässe. Bei den Bio-Getreidepreisen lasse sich nach zwei schlechten Jahren angesichts kleiner Erntemengen 2024 wieder ein Anstieg erkennen, der zur Umstellung motivieren könne – allerdings steigen gleichzeitig auch die Futterpreise, mit den entsprechenden Schwierigkeiten für Tierhalter.
Öko-Fläche stagniert, leichter Rückgang bei Bio-Höfen
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„Wir dürfen nicht zulassen, dass wir ein Importmarkt werden!“, betonte die BÖLW-Chefin Tina Andres. Die Bio-Fläche ist im Vorjahr nicht mit der Nachfrage mitgewachsen und legte laut BÖLW lediglich um 0,4 Prozent zu, auf nun 1,9 Millionen Hektar. Etwa zwei Drittel davon werden nicht nur nach den Standards der EU-Öko-Verordnung, sondern nach den strengeren Regeln der deutschen Bio-Verbände bewirtschaftet. Der Anteil des Ökolandbaus an der Gesamtfläche erreichte damit 11,4 Prozent – in fünf Jahren will die Bundesrepublik nach eigenen Vorgaben 30 Prozent erreichen. Die Politik müsse langfristige Leitblanken setzen, um die Umstellungsbereitschaft zu beschleunigen, forderte Andres.
Die Anzahl der Bio-Landwirtschaftsbetriebe ging 2024 zurück, um 1,5 Prozent auf 36.134 Höfe. Mit Blick auf die Verbandsbetriebe lag der Rückgang sogar bei zwei Prozent. „Das Höfesterben hat auch den Bio-Sektor erreicht“, kommentierte BÖLW-Pressesprecherin Annette Bruhns. Auch wenn der Strukturwandel im Ökolandbau milder verlaufe als im konventionellen Bereich: Während die Zahl der Höfe in der gesamten Landwirtschaft in den letzten zehn Jahren um elf Prozent abnahm, verzeichnet die Bio-Branche für diesen Zeitraum immer noch ein Plus von 54 Prozent.
Potenzial von Bio – Förderung statt Bürokratie gefragt
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Welche Bedeutung der Sektor für den Arbeitsmarkt hat, zeigt der BÖLW in seiner im Januar veröffentlichten Studie ‚Jobmotor Bio‘. Für 380.000 Arbeitsplätze hat die Bio-Branche demnach im Jahr 2023 gesorgt, 55 Prozent der Beschäftigten waren Frauen und 45 Prozent der Jobs sind bei mittelständischen Verarbeitern angesiedelt. Die Zahl der Bio-Verarbeiter in Deutschland lag 2023 insgesamt bei 22.382 Unternehmen, die meisten davon in Bayern, gefolgt von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.
„Bio sorgt für Arbeit und Heimat. Viele Bio-Lebensmittelverarbeiter – Mühlen, Molkereien, Bäckereien, Metzgereien oder Suppenhersteller – beleben den ländlichen Raum“, so Andres. Diese Wertschöpfung sei aber kein Selbstläufer. Die Politik müsse der Vielfalt den Weg freiräumen, statt den Unternehmergeist des Mittelstands mit immer neuen Vorgaben zu ersticken.
Auch dass Höfe vor der großen betrieblichen Herausforderung der Bio-Umstellung und teils „aberwitzigen bürokratischen Auflagen“ zurückschrecken, sei verständlich. Der BÖLW fordert daher den Abbau von Doppelbürokratie und die Anerkennung des Ökolandbaus als ‚green by definition‘. „Allein in Deutschland zieht der Agrarsektor jährlich 90 Milliarden Euro Folgeschäden nach sich – Schäden, die Bio vermeidet“, betont Andres. Die nächste Bundesregierung müsse die Umweltleistungen der Bio-Höfe, -Verarbeiter und -Händler angemessen honorieren.
Weitere aktuelle Zahlen und Fakten zum deutschen Bio-Markt finden Sie im BÖLW-Branchenreport 2025.
Lena Renner