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Regionalmarken für Bio im Norden

Verschiedene Hersteller mit gemeinsamem Markenauftritt

Irgendwo zwischen der Austauschbarkeit einer herkömmlichen Bio-Handelsmarke und dem Einzelkämpfertum kleiner Herstellermarken liegen die Bio-Regionalmarken. Dabei werden Produkte mehrerer Hersteller aus einer Region mit einem gemeinsamen Markenauftritt angeboten. Für den Kunden tritt neben das Kaufargument „Bio" die Identifikation mit der Heimatregion oder der Herkunftsregion des Produkts. Zwei sehr unterschiedliche Regionalmarken aus Norddeutschland, „Wendländer Bio-Genuss" und „Unser Norden", zeigen, wie sowohl Hersteller und Handel von dem Konzept profitieren können.


Durch den Widerstand gegen das geplante Atommülllager Gorleben ist das Wendland bundesweit bekannt. Für viele Verbraucher in Deutschland repräsentiert das Wendland damit den Kern einer ökologischen Bewegung. Bei ökologischen Lebensmitteln hat die rund eine Autostunde südöstlich von Hamburg gelegene Region tatsächlich einiges zu bieten. Mit sechseinhalb Prozent Öko-Anteil an der landwirtschaftlichen Nutzfläche ist der Landkreis Lüchow-Dannenberg, zu dem die Region zählt, Spitzenreiter in Niedersachsen.

Auch mehrere international aktive Verarbeiter ökologischer Lebensmittel wie die Bohlsener Mühle und der Safthersteller Voelkel haben sich in dieser eher strukturschwachen Region etabliert. Unter der gemeinsamen Marke „Wendländer Bio-Genuss" bieten sieben Erzeuger und Verarbeiter seit rund zwei Jahren dem Einzelhandel ein Basissortiment an Biolebensmitteln aus der Region.

Aktuell werden mehr als 70 Produkte unter dem gemeinsamen Markennamen angeboten. Das Sortiment reicht von Säften über Müslis und Dauerbackwaren bis hin zur Wurst im Glas als Brotaufstrich. Auch frisches Brot, Eier, einzelne Molkereiprodukte und Kartoffeln umfasst das Systemangebot aus Bio-Herstellerhand.

Biohersteller produzieren Regionales für den LEH

Bisher lieferten die am „Wendländer Bio-Genuss" beteiligten Betriebe - neben den mittelständischen Verarbeitern Bohlsener Mühle und Voelkel sind das zwei Fleisch- und Wurstwarenbetriebe, eine Milchkooperative sowie zwei Kartoffel-Erzeugergemeinschaften – vor allem an den Naturkosthandel.

Die gemeinsame Marke mit dem Storch im Logo soll den LEH und den selbständigen Einzelhandel als Marktpartner erschließen. Die Produkte stellen einen Ausschnitt aus dem für den Ökohandel produzierten Sortiment dar. Bei der Logistik nutzt die Erzeugergemeinschaft die vorhandene Infrastruktur der einzelnen Partner.

Entstanden ist die Kooperation der Bio-Hersteller durch die Beteiligung der Region Wendland-Elbetal am Pilotprojekt „Regionen aktiv" des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, damals noch unter Leitung der Ministerin Renate Künast.

Von 2004 bis 2006 dauerte die Entwicklung und Umsetzung der gemeinsamen Marke. Glaubwürdige, sichere und transparente Produkte aus der eigenen Region im System anzubieten, das sei die Motivation der Partner für den gemeinsamen Marktauftritt, betont Helmut Vollmer, Betriebsleiter der Bohlsener Mühle und bisher auch Geschäftsführer der Vermarktungsgesellschaft BioPartner Wendland-Elbetal GmbH, die die Regionalmarke betreibt.

Ab Mai wird Annette Quis von der Firma „Bio im Wendland" die leitende Stellung bei der Vermarktungsgesellschaft übernehmen. Die Beteiligung an der gemeinsamen Marke hat unterschiedliche Priorität für die angeschlossenen Hersteller.

Die Bohlsener Mühle beispielsweise nutzt die Marke Wendländer als Zweitmarke für den LEH, während die Frischeerzeuger sich vorwiegend für einen starken Absatz in der Region interessieren. Im überregionalen Handel wird bisher ein Teilsortiment aus dem Wendländer Angebot nachgefragt.

So wird aus dem ursprünglichen Konzept, dem Handel ein komplettes Regionalsortiment zur Blockplatzierung anzubieten, ein freies System. Die Hersteller können den Handel auch direkt mit eigenen Produkten aus dem Wendländer Markensortiment beliefern. Die Idee, überregional als Systemanbieter aufzutreten, wird also in Zukunft flexibler gehandhabt.

Regionalprodukte als Botschafter in der Ferne

Regional werden die Produkte von Wendländer Bio-Genuss als heimatliche Erzeugnisse wahrgenommen, überregional bereichern sie das Sortiment an Spezialitäten aus Deutschlands Regionen. Auf den Bekanntheitsgrad ihrer Heimat setzen die Wendländer dabei nur bedingt: „Eine Marke muss stark genug sein, um sich allein zu tragen," so Susanne Hintz, verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit bei Wendländer Bio-Genuss. Sie will sich auf die Geographiekenntnisse des Endkunden nicht verlassen. Hohe Bedeutung, vor allem bei der Markeneinführung, hat daher die Begleitung durch Marketing am Point-of-Sale.

Von Regalreitern und -Wippern über Faltblätter in transparenten Trays bis zu Verkostungen im Laden reichen die gegenwärtigen Angebote. Für Neues sind die Wendländer immer aufgeschlossen. Der Storch im Logo beispielsweise gebe doch eine großartige Symbolfigur her, deutet Hintz die Palette weiterer Werbemöglichkeiten für den Handel an. Regalpflege und die flexible Berücksichtung von Wünschen der Handelskunden gehören zum Service. „Da liegt ganz klar ein Vorteil unserer Marke," meint sie.

Noch zeigt sich der Storch eher in seiner wendländischen Heimat. Bald jedoch könnte der Handel in Schwung kommen: momentan testen zwei Handelsgruppen das Sortiment in Schleswig-Holstein und Niedersachsen, darunter sowohl selbständig als auch regiegeführte Märkte. Mit einer Entscheidung über die reguläre Listung über Zentralläger rechnen die Wendländer in der zweiten Jahreshälfte.

Eine regionale Handelsmarke

Im hohen Norden stoßen die Wendländer auf eine weitere, ebenfalls neue, Regionalmarke. Im Gegensatz zum gemeinsamen Marktauftritt Wendländer Bio-Hersteller liegt die Initiative für das Label „Unser Norden" beim konventionellen Handel. Diese regionale Handelsmarke der coop Schleswig-Holstein eG ist seit Januar 2005 auf dem Markt und wird ausschließlich über die unternehmenseigenen Märkte Wandmaker, Plaza und Sky vertrieben.

Zunächst wurden unter der in blau-weißer Kacheloptik gehaltenen Eigenmarke „unser Norden" nur konventionell erzeugte Produkte angeboten, die in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern verarbeitet und teilweise auch erzeugt sind. "Unser Norden" sei Ausdruck für die Verbundenheit der coop mit den Menschen in der Region, so die Genossenschaft auf ihrem Internetauftritt.

Die Handelskette setzt also darauf, mit der Marke ihre öffentliche Wahrnehmung als regionales Handelsunternehmen zu stärken. Ein Billiglabel will „Unser Norden" nicht sein, viele der Produkte liegen nur knapp unter den Verkaufspreisen führender Markenartikel. Bis Ende 2007 sollen Produkte der Eigenmarke zehn Prozent des Umsatzes und damit rund 100 Millionen Euro einbringen.

Seit Anfang 2006 ergänzt bei immer mehr neuen Produkten der Unser-Norden-Reihe die Farbe Grün das Blau der Verpackungen: Innerhalb der Handelsmarke wurde ein Biosegment auf den Markt gebracht. Einige der ersten Bio-Produkte, wie Butter, Eier, Camembert, kamen aus dem Frischebereich. Brotaufstiche und weitere haltbare Produkte kamen nach und nach dazu.

Wie viele Bio-Produkte es von Unser Norden gibt, verrät Einkaufschef Torsten Hausschild nicht. Er versichert jedoch: „Es werden ständig mehr." Bis zur zweiten Jahreshälfte sollen zahlreiche weitere „Unser Norden"-Produkte in Bioqualität platziert werden. Im Regal stehen dabei nicht nur die klassischen Schnelldreher, beispielsweise gibt es auch Senf und Cornichons.

Auch auf dem platten Land ist das Bio-Sortiment der Handelsmarke zu haben. Bei Wandmaker im holsteinischen Dorf Schenefeld beispielsweise kann der Kunde selbst bei Sauerkraut und Schaumküssen zu Bio greifen.

Wie bei Handelsmarken üblich, steht der Name des Herstellers nicht auf der Packung. Aufgedruckt ist jedoch der genaue Ort der Erzeugung. Damit lässt sich der Verarbeiter häufig erschließen. So gibt es in Upahl, wo die coop ihre Biobutter erzeugen lässt, eben nur die Gläserne Meierei.

Die Platzierung erfolgt einzeln im konventionellen Sortiment. Beworben werden die Bioprodukte sowohl mit eigenständigen Werbeauftritten als auch gemeinsam mit konventionellen „Unser Norden"-Waren.

Florian Gerlach

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