Vallée Verte
Gewusst wie: Vallée Verte bringt Bio in die Käsetheke
Bio-Käse-Importeur aus Kehl meidet Stillstand

Seit 1999 wandert Naturkäse über die Grenzstadt Kehl bei Straßburg von Frankreich in den deutschen Handel. Aus dem Vertrieb einer französischen Genossenschaftsmolkerei entstanden ist Vallée Verte in 25 Jahren zum führenden Bio-Käse-Importeur gewachsen und liefert heute 370 Käsesorten aus 13 Ländern. Ingeborg Göpel ist seit zehn Jahren für den Großhändler im Vertriebsaußendienst unterwegs und berät Kunden auf dem Weg zur perfekten Käsetheke: von der Sortimentsauswahl über Platzierungsstrategien bis zu Tipps zur Kundenbindung.
Das Portfolio von Vallée Verte ist bunt gemischt: Klassiker und Schnelldreher reihen sich an regionale Raritäten aus Rohmilch oder Spezialitäten aus Ziegen-, Schaf- oder Büffelmilch – alles in Bio-Qualität. Der ursprüngliche Geschäftsgedanke – französischen Bio-Käse nach Deutschland bringen – wird dort weiterhin abgebildet: Rund die Hälfte des Sortiments stammt aus Frankreich. Mittlerweile sind aber auch die Schweiz, Italien oder die Niederlande wichtige Herkunftsländer. Unter den knapp 100 Lieferanten seien Quereinsteiger wie etwa ein Ziegenkäsehersteller, der vom Melken bis zur Affinage alles selber macht, ebenso wie hundertjährige Traditionsbetriebe, die heute Qualität und Handwerk mit marktgerechten großen Mengen verknüpfen.
Zum Angebot des Großhändlers gehören Konfektionierung, Etikettierung und Pre-Packing – „sogar für Weichkäse!“, hebt Göpel hervor. Man sei gerade dabei, diese Sparte weiter auszubauen. Traditionell ist Vallée Verte Spezialist für die Bestückung von Käsetheken.
Das Käselager in Kehl-Auenheim bietet heute 1.500 Quadratmeter Lagerfläche. 2023 wurden von hier aus über 900 Tonnen Bio-Laibe verkauft. Außer in Deutschland landen die Käse von Vallée Verte inzwischen auch in Österreich, Belgien und den Niederlanden. Insgesamt werden mehr als 100 Kunden versorgt. Europaweit verspricht der Importeur eine Lieferung innerhalb von 48 Stunden. „Das ist Königsklasse“, freut sich Göpel.
Bis auf „ganz wenige Ausnahmen“ handle es sich bei den Kunden um Naturkost-Großhändler. „Das sind unsere wichtigsten Partner“, betont sie.
Die Bio-Krise 2022 hat Vallée Verte laut Göpel gut überwunden. Zwar bekam das Unternehmen den Einbruch zu spüren, er konnte aber ausgeglichen werden: zum Beispiel durch die Akquirierung eines neuen Großhändlers in Belgien als Kunden. Die Sortimente wurden angepasst und am Ende erzielte Vallée Verte 2022 einen höheren Umsatz als 2019, „das war für uns wichtig“, so Göpel.
Topseller aus Frankreich
Die typischen Lieblingskäse der Deutschen – Gouda, Camembert, Emmentaler, Butterkäse und Parmesan – sind nicht identisch mit den Topsellern des Bio-Käse-Importeurs. Cremiger französischer Weichkäse und Käse-Klassiker aus Frankreich mit geschützter Herkunftsbezeichnung (Appellation d'Origine Protégée, AOP) wie etwa Comté sind die Verkaufsschlager Vallée Vertes. Aber auch Ziegenkäse und Roquefort, Hartkäse aus Österreich und der Schweiz, italienischer Pasta Filata sowie Cheddar und spanischer Manchego seien gefragt. Mit gut 30 Artikeln erzielt der Großhändler die Hälfte seines Umsatzes. Schwieriger sei die Vermarktung mancher seltener AOP-Sorten, die in Deutschland wenig bekannt sind und nicht den hiesigen Verzehrgewohnheiten entsprechen. „Da müssen wir auch manchmal Produkte aus dem Sortiment nehmen“, sagt Göpel.
Dass Deutsche im Allgemeinen Qualitätskäse zu wenig zu schätzen wissen, kann die Fachfrau allerdings nicht bestätigen. „Wenn der Kunde einmal ein bestimmtes Geschmacksniveau bei Käse erreicht hat, sucht er gezielt nach den Sorten, die er liebt“, meint Göpel. „Und wir haben alle Produkte, die sich qualitätsbewusste Kunden wünschen!“ Beim Käse-Pro-Kopf-Verbrauch lande Deutschland europaweit in den vorderen Rängen. Zwar sei der Verbrauch im Vorjahr von 24,6 auf 23,8 Kilogramm gesunken – der Bio-Käse-Umsatz habe aber parallel um über 13 Prozent zugelegt. Während Vallée Verte bundesweit Kunden beliefert, gebe es regional durchaus unterschiedliche Konsumgewohnheiten: „Im Südwesten kennt man die Käse aus der Schweiz und Frankreich sehr gut. Im Südosten ist auch Italien sehr beliebt“, berichtet die Expertin.
Mit Käse-Sachverstand zu mehr Verkauf
Ein Alleinstellungsmerkmal des Käse-Importeurs ist der deutliche Fokus auf Kundenberatung. Schon auf der Homepage können Interessierte über zahlreiche Beiträge Einblick in Käsewissen von der Herstellung über Käsemythen bis zu Verkaufsthemen erhalten. Die gelernte Diplomingenieurin für Milch- und Molkereiwirtschaft Ingeborg Göpel ist seit 2014 im Vertriebsaußendienst Vallée Vertes unterwegs und unterstützt Kunden bei der Sortimentsgestaltung, dem Aufbau neuer Käsetheken oder der Thekenumgestaltung.
Darüber hinaus bietet sie Seminare für den Großhandel, Fachverkäufer und Einzelhändler an, über die sie Sortiment, Präsentation und Verkauf von Bio-Käsespezialitäten mit Sachverstand verbessern lernen sollen. Die Besonderheiten von Bio seien den Teilnehmern aus dem Fachhandel dabei in der Regel schon bewusst, so Göpel. In Folge des Personalmangels würden momentan aber auch vermehrt Basis-Schulungen für neue Thekenfachkräfte angeboten und dann stehe auch Bio-Wissen auf der Agenda. „Mit dem Verständnis kommt im Normalfall auch die Begeisterung“, berichtet die Beraterin.
Maßschneidern zur perfekten Theke
Für die ‚perfekte Käsetheke‘ gibt es laut der Expertin kein allgemeingültiges Rezept. Jede Theke habe schließlich ihren eigenen Kundenkreis, andere Mitbewerber und unterschiedliches Bedienungspersonal. Der Schlüssel zum Erfolg liege in einem durchdachten Konzept, das auf diese Parameter angepasst ist.
Dennoch kann Göpel viele Faktoren nennen, auf die bei Käsetheken grundsätzlich zu achten ist: etwa die richtige Sortierung – nach Käsegruppen, Herkunftsländern, Milchart, Spezialitäten, Kundenlauf sowie Farbe und Form der Käse. Ein Ziel der Anordnung sei es, Arbeitsabläufe zu optimieren; ein anderes, Blickfänge zu schaffen und Anreize für Impulskäufe zu setzen. So könnten bekannte Sorten mit unbekannten kombiniert werden, um die Aufmerksamkeit auf neue und interessante Produkte zu lenken. Wertvolle Plätze in der Theke, insbesondere in der Nähe der Waage, sollten mit Käsen bestückt werden, die eine gute Marge bieten – Comté oder andere Besonderheiten. „Diese Bereiche sind besonders wichtig, da sich die Kunden hier am längsten aufhalten“, erklärt Göpel.
In puncto Sortimentsgestaltung empfiehlt die Beraterin, eine ausgewogene Mischung anzubieten, also hochwertige Käsesorten mit einigen preisgünstigeren Optionen zu vereinen. Auf diese Weise bleibe das Angebot für eine breite Kundenschicht attraktiv und es würden nicht potenzielle Käufer bereits im Voraus ausgeschlossen. Prinzipiell dürfe das Sortiment deutsche Konsumgewohnheiten nicht außen vor lassen.
Die Seele der Theke: die Fachkraft
Was gehört noch zu einer attraktiven Käsetheke? „Eine Käsetheke sollte Frische ausstrahlen, Möglichkeiten zum Probieren bieten, saisonale Produkte präsentieren und regelmäßig Neuheiten einführen“, so Göpel. Die ganze Theke müsse belebt gehalten werden, auch Cross-Selling könne dazu beitragen. Außerdem sei es essenziell, dass der USP der Theken gewahrt wird und Kunden individuelle Mengen erhalten können. Zusätzliche Angebote wie Käseplatten oder frisch geriebener Käse zahlten sich langfristig in der Kundenbindung aus.
Der „wahre Schlüssel zum Erfolg“ sind für die Vertriebsexpertin die Fachkräfte hinter der Theke. Eine gute Thekenfachkraft kenne ihre Käsesorten genau, könne den jeweiligen Geschmack verführerisch beschreiben und Geschichten erzählen, die das Interesse der Kunden wecken. „Sie gibt Verwendungstipps, berät zur Aufbewahrung und schlägt passende Kombinationen mit anderen Produkten wie Obst, Wein und Brot vor“, beschreibt Göpel.
So das Ideal – in der Praxis sind Fachkräfte für Frische-Theken momentan bekanntermaßen rar. Mehr denn je setzt sich daher eine hybride Mischform aus Cabrio- und Bedientheke durch. Für Göpel ist das keine schlechte Lösung: „In Cabrio-Theken können Schnellkäufer mit guten Käsesorten versorgt werden.“
Käsetheken im Mainstream: Bio muss sichtbar sein
Was den weiteren Fortgang von Bio in den Käsetheken angeht, ist die Vertriebsfrau optimistisch. „Der Trend für Bio-Käse ist gesetzt“, stellt sie fest. Das werde sich im gesamten Handel bald noch mehr zeigen. Artgerechte Tierhaltung, Herkunft, Umweltschutz, geringe Schadstoffbelastung und gesunde Ernährung ohne Zusatzstoffe sind ihrer Beobachtung nach wichtige Gründe für Kunden, immer mehr nach Bio zu fragen.
Als größte Herausforderung für den Verkauf sieht sie die Notwendigkeit, die Vorteile von Bio erklären zu können. Andernfalls würden Kunden, die über den Unterschied zwischen Bio und konventionell nicht vollständig informiert sind, leicht vom höheren Preis, den höhere Produktionskosten und strengere Standards mit sich bringen, abgeschreckt.
Wobei der Preisabstand nicht so gravierend sei wie allgemein angenommen. Je nach Region, Verkaufsstelle und Sorte variiere er zwischen 15 und 30 Prozent – bei handwerklich hergestellten oder besonders hochwertigen Sorten teils etwas mehr. Durch die geringere Abhängigkeit von globalen Märkten sei der Preis für Bio-Käse weniger anfällig für Schwankungen und in den letzten Jahren weniger stark gestiegen.
Marketingmaßnahmen seien sinnvoll, um den Mehrwert von Bio-Käse effektiv zu kommunizieren, eine klare Kennzeichnung essentiell.
„Wir sind überzeugt, dass die Nachfrage nach traditionellen, authentischen Produkten weiterhin bestehen wird“, betont Göpel. Wer jetzt schon Vorreiter wird und Bio-Käse in der Theke bietet, kann der Entwicklung morgen voraus sein.
Lena Renner