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Mehr Fokus auf Verbraucherschutz durch Green Claims & CSR

VerbraucherInnen stehen beim Wocheneinkauf vor der Wahl zwischen Produkten, die mit vielerlei Umweltaussagen, sogenannten Green Claims, werben. Der eine Joghurt ist ‚nachhaltiger‘, der andere ‚klimaneutral‘ und ein dritter ‚umweltgerecht‘. Aber was bedeutet das konkret? Und wie wird das gemessen? Diese Fragen bleiben meist offen.

Green Claims belastbar machen

Die EU-Kommission greift dieses Problem nun auf und veröffentlichte im März dieses Jahres einen Änderungsvorschlag der Richtlinien
2005/29/EG und 2011/83/EG. Darin legt sie eine Vielzahl von Maßnahmen vor, mit denen die EU-Wirtschaft grüner werden soll und die Verbraucher bei ihrer Kaufentscheidung unterstützt werden können. Das Ziel der Maßnahmen ist unter anderen die Stärkung des Verbraucherschutzes in Bezug auf unlautere Praktiken durch bessere und klarere Informationen auf den Produkten. Allgemeine Umweltaussagen, wie ‚ökologisch‘, ‚umweltgerecht‘ oder ‚klimaneutral‘ sollen daher verboten werden, wenn sie nicht mit Hilfe von Belegen nachgewiesen werden können, bzw. auf dem Produkt selbst konkretisiert werden.

Die Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller (AöL) begrüßt, dass Nachhaltigkeit dadurch gefördert und die Transparenz auf dem Produkt erhöht werden soll. Denn wir gehen, wie auch die EU-Kommission, davon aus, dass die Verbraucher eher in der Lage sein werden, für die Umwelt förderliche Produkte zu wählen, wenn sichergestellt ist, dass die Umweltaussagen auf dem Produkt präzise und zutreffend sind. Dies fördert im Sinne des Nudging-Ansatzes die Entscheidung hin zu nachhaltigeren Produkten durch veränderte Rahmenbedingungen. Gleichzeitig wird mit Hilfe der neuen Green Claims-Richtlinie verhindert, dass Aussagen beliebig auf einem Produkt angegeben werden können, wenn sie nicht konkretisiert und umfassend belegt werden.

Orientierung bieten durch etablierte Siegel

Zu bedenken ist aber die Gefahr, dass durch das Verbot des Begriffs ‚ökologisch‘ das Bio-Siegel, insbesondere der Artikel 30 und Anhang IV, ad absurdum geführt werden. Denn nur im englischen Sprachgebrauch werden die Begrifflichkeiten ‚organic‘ und ‚ecological‘ klar unterschieden, was unter anderem im Deutschen nicht möglich ist. Synonyme wie ‚Eko‘, ‚Eco‘, ‚Öko‘, usw. sind in der Bio-Verordnung VO (EU) 2018/848 verankert und dadurch als Synonym für ‚Bio‘ und ‚organic‘ geschützt. Dies würde ein Begriffsverbot der Aussage ‚ökologisch‘ konterkarieren.

Die vorgestellten Änderungsvorschläge in Bezug auf ‚Green Claims‘ können auch Auswirkungen auf den Product Environmental Footprint (PEF), ein Nachhaltigkeitslabel, haben, an dem die EU-Kommission bereits seit über zehn Jahren arbeitet.

Auf Grund der weitreichenden Auswirkungen auf die gesamte Branche und der Widersprüche zwischen dem Bio-Siegel und der Green Claims-Verordnung empfiehlt die Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller erneut, dass die EU-Kommission das bereits etablierte EU-Bio-Siegel weiterentwickelt und künftige Umweltaussagen darauf aufbaut. Gleichzeitig bilden privatwirtschaftliche Zertifizierungen wie ‚WeCare‘ und ‚ZNU‘ positive Beispiele, wie ganzheitliche Nachhaltigkeitsmanagementsysteme aussehen können. Daher sind sie ebenfalls ein Beispiel, an dem die EU-Kommission sich orientieren könnte.

Unternehmensverantwortung im gesellschaftlichen Kontext stärken

Ein weiteres Thema, das dem Verbraucherschutz dienen soll und momentan in Brüssel behandelt wird, ist die neue CSR-Richtlinie (Corporate Social Responsibility) der Europäischen Union. Auch dazu gab es eine Änderung, die Richtlinien 2013/34/EU, 2004/109/EG und 2006/43/EG, sowie die Verordnung (EU) Nr. 537/2014 betreffend. Mit Hilfe dieser Änderung möchte die Kommission Berichtspflichten über ökologische und soziale Nachhaltigkeit der betroffenen Unternehmen einführen. Zusätzlich wächst auch die Anzahl der von der Richtlinie betroffenen Unternehmen. Waren bisher nur „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ und solche mit mehr als 500 Mitarbeitern betroffen, gelten die Berichtspflichten demnächst für alle Unternehmen ab 250 Mitarbeitern, unabhängig von einer Börsennotierung. Des Weiteren gilt die Berichtspflicht, wenn eine Bilanzsumme von 20 Millionen Euro oder ein Umsatz von 40 Millionen Euro überschritten werden.

Diese Ausweitung der CSR-Richtlinie birgt die Chance, dass die Verbraucher besser über die Auswirkungen der Unternehmenstätigkeiten im Bereich von Umwelt und Menschenrechten informiert werden. Die EU setzt hiermit ein deutliches Signal gegen Greenwashing und für Menschenrechte und die Natur. Gleichzeitig entsteht durch die CSR-Richtlinie eine Vergleichbarkeit durch einheitliche Standards im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Begrüßenswert ist auch die längere Übergangsfrist für kleine und mittelständische Unternehmen und die Möglichkeit, sich bei der Berichterstattung an anderen Standards auszurichten, welche „in einem angemessenen Verhältnis zu den Kapazitäten und Ressourcen“ stehen. Gerade für betroffene Unternehmen, die meist im Tagesgeschäft mit begrenzten personellen und finanziellen Kapazitäten auskommen müssen, ist dieses Vorgehen positiv.

Der weitere Fahrplan der EU sieht vor, dass im Herbst 2022 EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung vorgelegt werden, die CSR-Richtlinie konkretisiert und schlussendlich verabschiedet wird. Zusätzlich soll bis Ende Oktober 2022 ein Sektor-übergreifender Standard im Entwurf verabschiedet werden.

Maximilian Falkenberg

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