Ernährung
Mehr Obst- und Gemüse auf den Tisch – aber bitte in Bio!
Bio ganz vorne bei Gesundheit und Geschmack

Obst- und Gemüse sind gesund, hier gilt tatsächlich ‚viel hilft viel‘: die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt aktuell, täglich rund 400 Gramm Gemüse und etwa 250 Gramm Obst zu sich zu nehmen. Doch der Kunde sollte beim Kauf unbedingt auf die biologische Qualität achten – aus gesundheitlichen Gründen sowieso, dazu kommen ökologische und soziale Verantwortung.
Der Pro-Kopf-Konsum in Deutschland lag im Erntejahr 2018/19 bei etwa 70 Kilogramm Obst und an die 100 Kilogramm Gemüse. Besonders Gemüse wird bedeutend weniger gegessen, als die Experten empfehlen: Gerade einmal 250 Gramm am Tag landen durchschnittlich in den Mägen der Verbraucher.
Fünf am Tag - auch dazu rät die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Gemeint sind damit fünf Portionen Obst und Gemüse, also grob fünf Handvoll. Laut der Studie KiGGS Welle 2 (2014–2017) sind es bei den Kindern und Jugendlichen in Deutschland nur 14 Prozent, die diese Mengen verzehren.
Warum überhaupt Obst und Gemüse?
Schon 1997 kamen amerikanische Krebsforschungsinstitute zu dem Schluss, dass eine Ernährung mit viel Gemüse und Obst mit hoher Wahrscheinlichkeit vor bestimmten Krebsarten schützt. Auch das zunehmende Übergewicht hierzulande und die Tatsache, dass Obst und Gemüse wasser- und volumenreich und gleichzeitig energiearm sind, veranlassten die DGE, einen Anteil von mindestens zehn Prozent der täglichen Kalorienzufuhr als Obst und Gemüse zu empfehlen.
Ernährungsphysiologisch sei der Verzehr einer Vielfalt von Arten innerhalb einer Woche ideal: Bei gleicher Obst- und Gemüsemenge geht damit eine höhere Zufuhr chemisch unterschiedlich strukturierter und wirkender sekundärer Pflanzenstoffe einher.
Sekundäre Pflanzenstoffe sind Bestandteile der pflanzlichen Lebensmittel, die ihnen ihre Farbe und ihr Aroma geben, die als Abwehrstoffe gegen Schädlinge und Krankheiten dienen und das Pflanzenwachstum regulieren. Es gibt mehr als 100.000 verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe, von denen schätzungsweise 5.000 bis 10.000 in Lebensmitteln vorkommen. Ih- nen werden verschiedenste gesundheitsfördernde Wirkungen für den Menschen zugeschrieben.
Bio mit mehr Vitalstoffen – und mehr Geschmack
Insgesamt schwanken die Nährstoffgehalte von biologisch und konventionell erzeugten Lebensmitteln von Studie zu Studie stark, doch konnte zum Beispiel ein durchschnittlich etwas höherer Vitamin-C-Gehalt festgestellt werden.
Durchgehend stark erhöht war laut einer der größten Metastudien (University of Newcastle, 2014) der Anteil an Antioxidantien: So wurden etwa 18 Prozent mehr Phenolsäuren, 51 Prozent mehr Anthocyane und bis zu 69 Prozent mehr Flavanone in Biopflanzen gefunden. Damit haben die Bio-Waren nicht nur die Nase bei den gesundheitsfördernden Wirkungen vorne. Da die natürlichen Farb-, Geruch- und Geschmacksstoffe sekundäre Pflanzenstoffe sind, heißt ein mehr dieser Stoffe auch ein mehr an Geschmack.
Mit Obst und Gemüse die Widerstandskraft stärken
Der niederländische Obst- und Gemüsegroßhändler Eosta fährt schon seit 2018 eine Kampagne, in der die Verbraucher über gesunde Ernährung aufgeklärt und angeleitet werden. Dort findet sich auch eine Hitliste von Obst und Gemüse, deren Verzehr ganz besonders die Widerstandskräfte des Körpers stärkt.
Ihre Beispiele sind Ananas, Avocado, Rote Bete, Blaubeeren, Kurkuma und Limetten: Ananas etwa sei reich an Bromelain, welches vom Körper zur Bekämpfung von Entzündungen eingesetzt wird. Avocados wirken sich wegen ihres hohen Gehalts an einfach ungesättigten Fettsäuren günstig auf den Cholesterinspiegel aus. Blaubeeren seien vollgepackt mit verschiedensten Antioxidatien. Die Curcumine aus Kurkuma sind ebenfalls Antioxidatien, dazu könnten sie auch antidepressiv wirken. Limetten fallen durch ihren hohen Gehalt an Vitamin C und Ballaststoffen auf.
Damit ist die Reihe von Obst und Gemüse mit einem besonders hohen Gehalt an Vitalstoffen längst nicht ausgeschöpft. Nur einige weitere Beispiele vor allem aus europäischen Breiten sind Äpfel, Brennnessel, Brokkoli, Feldsalat, Leinsamen, Mangold, Meerrettich, Oregano, Pastinake, Rucola, Sonnenblumenkerne, Thymian, Topinambur, und Walnüsse.
Auch Tomaten senken unter anderem einen zu hohen Cholesterinspiegel und beugen der Arterienverkalkung vor. Dem reichlich in Tomaten enthaltenem Lycopin bestätigen Studien, dass es eine krebsvorbeugende Wirkung habe. Das Besondere von Lycopin in Tomaten sei, dass Zerkleinern und Erhitzen die Wirksamkeit von Lycopin im Körper erhöhen. Verarbeitete Tomatenprodukte wie passierte Tomaten oder Tomatenmark seien also noch gesünder als die frischen Früchte.
Wirklich alles Obst- und Gemüse gesund?
Gerade bei Zitrusfrüchten ist es wichtig, auf Bio-Qualität zu achten. Sie werden nach der Ernte meist chemisch, etwa mit Antipilzmitteln, und künstlichem Wachs behandelt, um die Haltbarkeit zu verlängern. Deswegen besteht eine Kennzeichnungspflicht bei chemischer Behandlung, diese gilt allerdings nur für Zitronen, Orangen und Mandarinen, nicht für Grapefruits und Limetten. Eine Behandlung der Oberfläche mit Wachs muss bei allen Zitrusfrüchten angezeigt werden. Auch ‚unbehandelte‘ Ware kann natürlich mit Pestiziden in Kontakt gekommen sein, solange sie am Baum hing. Nur beim Kauf von Bio-Ware kann der Kunde sich darauf verlassen, dass diese nie mit chemischen Giftstoffen oder Konservierungsstoffen behandelt wurden.
Insbesondere, wenn Giftstoffe kurz vor der Ernte eingesetzt werden oder ihre Wirkstoffe eher langlebig sind, muss zum Erntezeitpunkt mit Rückständen auf oder in einem Lebensmittel gerechnet werden, so das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Für Pestizide wird schon im Rahmen der Zulassung berechnet, wie hoch der sogenannte Rückstandshöchstgehalt sein darf. Das ist die Menge, die ‚nach derzeitigem Wissensstand‘ für Mensch und Umwelt keine Gefahr darstellen sollte.
Ein besonderes Problem sind Mehrfachrückstände von Pestizidwirkstoffen.
So kann eine Tomate mit einer ganzen Reihe von Stoffen belastet sein, von denen jeder einzelne aber unter dem zulässigen Grenzwert liegt. Diese Tomate wäre also nach geltenden Vorschriften nicht zu beanstanden. Wie sich solche Giftcocktails auf die menschliche Gesundheit auswirken, ist bislang nicht erforscht. Aus Sicht des Verbraucherschutzes sind bei Mehrfachbelastungen die derzeit geltenden EU-Grenzwerte daher nicht ausreichend.
Über drei Prozent bei konventionellem Obst und Gemüse zu stark belastet
Alle Lebensmittel in der EU werden regelmäßig auf Pestizidrückstände getestet. Beanstandet werden die Proben, bei denen die Belastung sogar noch über den gesetzlich erlaubten Werten lag. Bei konventionellen Lebensmitteln waren dies laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) 3,2 Prozent der Proben, vier Mal so viele wie bei Biolebensmitteln.
Die Überschreitungen betrafen vorwiegend exotische Obst-und Gemüsesorten wie zum Beispiel Jackfrucht sowie Okras, Goji-Beeren, Papayas und Ingwer. Ansonsten sah es bei Bohnen (mit Hülsen) mit 8,4 Prozent, Grünkohl mit 6,3 Prozent, frischen Kräutern mit 5,7 Prozent, Paprika und Chilis mit 4,3 Prozent, Johannisbeeren mit 3,8 Prozent, Auberginen mit 3,1 Prozent und Spinat mit 2,5 Prozent am Schlechtesten aus.
Bio aus ökologischer und sozialer Verantwortung
Die Gründe, Bio-Obst und –Gemüse zu kaufen, hören nicht bei der eigenen Gesundheit auf. Nur durch ökologische Anbausysteme wird Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität geschützt. Hier wird auf Mineraldünger und synthetische Pestizide verzichtet und durch Fruchtwechsel Vielfalt auf die Felder gebracht. Besonders hoch sind die Ansprüche an die Produkte der Bio-Anbauverbände, wie etwa Bioland, Demeter oder Naturland. Diese gehen in vielen Punkten über die Vorschriften der EU-Bioverordnung hinaus.
Dazu beschränken sich die Verbände nicht nur auf die Ökologie. Die gesamte Wertschöpfungskette vom Acker bis in die Regale wird nach nachhaltigen Kriterien bewertet und ausgestaltet. Dort ist auch eine faire Bezahlung der Produzenten einbezogen und es wird auf die Arbeitsbedingungen auch in fernen Anbauländern geachtet.
Elke Reinecke