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Welche politischen Leitplanken braucht die Ernährungsbranche?

Nicht ob, sondern welche Maßnahmen die Ernährungsbranche seitens der Politik braucht – dieser Frage ging Moderator Peter Jossi im Gespräch mit Urs Niggli, Direktor des Forschungsinstituts für biologische Landwirtschaft (FiBL), Harald Ebner, Grünen-Sprecher für Gentechnik und Bioökonomiepolitik, Alexander Beck, Geschäftsführer der Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller (AöL) und Rudolf Bühler, Gründer und Vorsitzender der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall (BESH), im Bio-Kompetenzzentrum auf der Anuga nach. 

 

 

Zunächst gaben sie ein Statement zur aktuellen Situation und Problemen. Beck stellte den Widerspruch zwischen dem „Schlaraffenland“ an Lebensmitteln samt der zunehmenden Fehlernährung der Menschen im globalen Norden und der Mangelernährung in anderen Ländern in den Vordergrund. Neben dem Hunger sah Ebner die Problematik in der Massentierhaltung, der schwindenden Biodiversität und der Klimakrise – sie alle seien dringende Ansatzpunkte. Multinationale Lösungen seien zudem hinsichtlich der steigenden Konzentration von Unternehmen zu Megakonzernen für Saatgut und Pestizide oder anderes gefordert. Bühler ging als Landwirt dagegen mehr auf die Situation in Deutschland ein. Mit den Partner-Landwirten seines Bio-Verbands Ecoland, Anbauprojekten für Gewürze, eigener Verarbeitung und Vermarktung könne er die ganze Wertschöpfungskette abdecken und transparent machen. Trotzdem sei das fehlende Verursacherprinzip zu beklagen, zum Beispiel bei GVO-Verunreinigungen. Außerdem würde der externe Nutzen ökologisch arbeitender Betriebe politisch zu wenig honoriert. In diesem Zusammenhang stellte Niggli fest, dass Agrar-, Ernährungs- und Gesundheitspolitik nicht aufeinander abgestimmt seien. Wenn dies der Fall wäre, würden sogar gut nutzbare Gelder freigesetzt.

Auch das Thema Food Waste und Food Lost wurde angesprochen. Forschung und Investitionen beziehungsweise technische Lösungen und bessere Ausbildung der Mitarbeiter seien Punkte, bei denen noch mehr getan werden müsse. Bühler verwies hier auf seine guten Erfahrungen damit, Produkte kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums billiger zu verkaufen. Beck hakte ein, dass die „Nicht-Verkehrsfähigkeit“ zugleich von staatlicher Seite besser abgewogen werden sollte.

Seitens der Verbraucher seien durchaus erfreuliche Entwicklungen mit zunehmendem Interesse an guter Ernährung, vegetarischer Küche und am Selberkochen zu sehen, war in der Runde zu hören. Die Verwendung von Convenience sei dann oft einfach der Notwendigkeit geschuldet. Unabhängig davon gelte es, die Ernährungskompetenz zu verbessern. Ein Schulfach der Ernährungskunde reiche nicht aus. Sinnvoll wäre es, zugleich die Schulverpflegung entsprechend zu verbessern. Kantinen, aber auch Regale im Handel seien wichtige Entscheidungsorte.

Was muss in nächster Zeit geschehen?

Die erfahrene Rednerrunde sprach sich klar für mehr, vielleicht sogar verpflichtend werdende Transparenz aus. Zugleich sei die Politik gefordert, Grenzen bei der Tierhaltung zu setzen und staatlich zu regeln, dass bäuerliches Saatgut frei handelbar bleibt. Ebenso müssten mehr Anreizsysteme für nachhaltigeres Wirtschaften eingeführt werden. So könne man beispielsweise sofort eine Steuer auf den Einsatz von Pestiziden und Stickstoff einführen. Wünschenswert sei die Internalisierung der Kosten in der Lebensmittelkette.

Bettina Pabel

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