Mestemacher
Wertzuwachs durch Bio und Frauen
Expertengespräch bei Mestemacher auf der Biofach
Wo findet in Zukunft Zuwachs statt? Prof. Dr. Ulrike Detmers, Geschäftsführungsmitglied der Mestemacher-Gruppe, sprach auf der Biofach mit der Präsidentin der Deutschen Welthungerhilfe Bärbel Dieckmann, dem Leiter des Fachgebiets Strategische Führung und Globales Management an der TU Berlin Prof. Dodo zu Knyphausen-Aufseß, dem Mitglied des Europäischen Parlaments für die Grünen Martin Häusling und der Grünen-Politikerin Margarete Bause über den Wertzuwachs in Gesellschaft, Wirtschaft und Landwirtschaft.
Häusling wies darauf hin, dass die Entscheidung im Raum stehe, ob Bio auch in Zukunft ein Nischenmarkt bleibe oder ein dominanter Anbaufaktor in der Landwirtschaft werde. Der Bio-Bauer fordert von der konventionellen Landwirtschaft, weniger Pflanzenschutzmittel zu verwenden. Es sei sehr schwierig, der EU-Kommission zu vermitteln, dass Öko ein grundsätzlich anderer Wirtschaftsansatz ist und mehr als nur ein ‚frei von‘. Bio könne das Leitmodell der Landwirtschaft sein.
Verbesserungsbedarf in der Bio-Verordnung sieht Häusling etwa bei Importregeln von Bio-Rohstoffen aus Drittländern sowie der Vereinheitlichung der Interpretation der Ökoverordnung.
Soziales Ansehen durch digitale Kompetenz
Prof. zu Knyphausen-Aufseß sieht die Gefahr eines wachsenden Grabens zwischen Digital Natives und denen, die von der digitalen Welt ausgeschlossen sind. Digitale Kompetenz werde in Zukunft immer mehr über soziales Ansehen und Verdienst entscheiden
.Wie die Frauenrechtlerin Prof. Detmers hält Bause Frauenarbeit für einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor. Allein die reproduktive Arbeit, der Zusammenhalt des sozialen Gefüges in den Gesellschaften der Welt, sei ein immenser Wert, der aber in der rein ökonomisch definierten Wertschöpfungs-Definition kaum eine Rolle spiele. Aber ohne dieses Unerwähnte gehe gar nichts.
Für Prof. Knyphausen-Aufseß sollten Unternehmen sozial verantwortlich handeln. Durch eine aktive Rolle bei der Förderung von sozialen Standards auch in Entwicklungsländern könne dort selbstständig ein sozialer Fortschritt vorangetrieben werden, der vielleicht anders nicht möglich wäre. Dabei gehe es nicht nur um die Verbesserung der Lebensbedingungen oder eine bessere Schulung, sondern auch um verbesserte Produktivität. Der Begriff der Wertschöpfung sei insofern durchaus weiter zu verstehen als nur ökonomisch. Auch gesellschaftlicher Fortschritt, eine gleiche Verteilung von Wertschöpfung, sei Bestandteil des Geschäftsbegriffes, an dem sich Unternehmen messen lassen müssten.
Für Bause ist die aufgeklärte, vernetzte Zivilgesellschaft ein wesentlicher Faktor bei der neuen Ausformung, einem neuen Verständnis von Wertschöpfung. Werde ein ausbeuterisches Vorgehen bekannt, steige durch die soziale Vernetzung der Druck exponentiell, das könne sich kein Unternehmer leisten. Die aufgeklärte Zivilgesellschaft kontrolliere zu einem gewissen Maß also die sozialen Standards selbst. So könnten im Idealfall ökonomische und soziale Ansprüche verschmelzen. Das sei ein Vorteil der Digitalisierung.
Dieckmann verwies auf eine Oxfam- Studie, die ergab, dass die 80 reichste Familien der Welt so viel besitzen wie rund vier Milliarden Menschen. Eine bessere ökonomische Ausstattung von Familien in der Dritten Welt, verbunden mit verbindlichen Sozialstandards, sei heute noch mehr geboten als je zuvor. Deshalb sei das weltweite Investment in Arbeitsplätze ebenso wie in Sozialstandards wichtiger denn je, bis hin zur Idee einer sozialen Grundabsicherung für alle.
Prof. Detmers zog für Mestemacher das Fazit, dass gerade in Zeiten höherer Risiken der Gesellschaft in der Ökonomie soziale Chancen liegen. Unternehmen könnten soziale Standards in der internationalen Lieferkette pushen und nachhaltig mit der großen Politik gemeinsam durchsetzen.