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Projekte

Projekt: Naturgewürze

Ökologisch & Fair - direkt von Erzeugern

Rudolf Bühler, der Bauer vom Sonnenhof, und Vorsitzender der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall (BESH) hat hier auf einer Fläche von 1.800 Quadratmeter eine Gewürzmanufaktur eingerichtet. 1988 hat Bühler die BESH zur Rettung des fast ausgestorbenen Schwäbisch Hällischen Schweins ins Leben gerufen. Auf der Suche nach hochwertigen Gewürzen hat Bühler Projekte im In- und Ausland realisiert.

Rudolf Bühler gründete 2001 Ecoland Herbs & Spices, welche inzwischen biologische Gewürzprojekte in Indien, Serbien, Sansibar und Hohenlohe betreibt. Der BESH-Vorsitzende und Inhaber von Ecoland Herbs & Spices hat dort Entwicklungshilfeprojekte in Public-Private-Partnership (PPP) initiiert. In der Anfangsphase werden die Projekte von der Deutschen Investitions- und Entwicklungshilfegesellschaft (DEG) drei Jahre mit finanziert.

Das Konzept heißt Kleinbauern schließen sich zusammen, um einen Marktzugang zu bekommen. Angebaut werden alte samenfeste Sorten, die selbst nachgezogen werden. Dadurch entfallen die jährlichen Kosten für das Saatgut der modernen Hybridsorten. Die alten Sorten sind zudem  aromatischer und widerstandsfähiger als die ertragreicheren Neuzüchtungen.

Das Prinzip From Field To Fork (vom Acker auf den Teller) verbessert die Wertschöpfung. Die Bauern bekommen einen besseren Preis, der 50 bis 100 Prozent über dem Weltmarkt-Niveau liegt. Die Kleinbauern im Tropengürtel sind Selbstversorger. Erst Cash Crops (Marktfrüchte) für den Export schaffen ein Einkommen, das über das Existenz-Minimum hinausgeht. Der Einzelhandel in Deutschland wiederum bekommt ein faires Produkt mit Herkunft, das anonymer Massenware qualitativ überlegen ist.

Die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft ist mit ihrer Wurstproduktion ein Großverbraucher von Gewürzen. „Wir haben damals für unsere eigene Wurst nach richtig guten Gewürzen gesucht“, erinnert sich Bühler. Sie waren nicht auf dem Markt, deshalb schuf er eigene Anbau-Projekte.

Pfeffer aus dem Tigerreservat

Im Jahr 2002 war Bühler in Südindien, dort wo der Pfeffer wächst, als Agrar-Berater im Einsatz und stieß in den Bergen von Kerala  auf Ureinwohner, die Gewürze anbauten. Er gründete eine Erzeugergruppe nach dem Vorbild der BESH. „Der Gewürzanbau in Indien begann damals als Passion“, blickt Bühler zurück.

Im Periyar-Tigerreservat kultivieren die Bauern alte Pfeffer-Sorten wie Karimunda und Devamunda auf traditionelle Weise. 1.200 Bauern sind Partner von Ecoland Herbs & Spices. Urwaldpfeffer ist das Hauptprodukt.

Paprika aus Telecka

Paprikapulver ist das zweitwichtigste Gewürz auf dem Markt. Die Suche nach dem besten Paprika auf der Welt führte Rudolf  Bühler 2004 nach Serbien in das Dorf Telecka in der Region Vojvodina. Dort gründete der Bio-Bauer aus Hohenlohe Ecoland Serbien. 35 Bauern in Telecka haben auf biologischen Anbau umgestellt. Etwa eine Tonne getrocknetes Paprikapulver holt ein Bio-Landwirt aus einem Hektar Anbaufläche heraus. Dafür bekommt er von Herbs & Spices 10 Euro pro Kilo überwiesen. „Die Kleinbauern können dort mit ihrem guten Boden und ihrer Hände Arbeit ein gutes Jahreseinkommen erzielen“, betont Bühler.

Echt Hällischer Senf

In Hohenlohe hat Rudolf Bühler 2005 den Gewürzanbau wiederbelebt. Der Agraringenieur hat nach alten Sorten gesucht und für den Erhaltungsanbau nach EU-Recht eintragen lassen. Jetzt blüht wieder gelber Senf, Koriander und Kümmel auf Hohenloher Feldern.

Senf gehört zur Wurst wie der Punkt aufs i und ist ein traditionelles deutsches Würzmittel. Der Rohstoff kommt aber mittlerweile nicht mehr aus Deutschland, sondern aus Billigimporten und die Herstellung ist industrialisiert. In den vergangenen Jahren haben kleine Senfereien die Tradition wiederbelebt. In der Remstaler Senfmühle lässt die Bäuerliche ihre acht Bio-Sorten im Glas herstellen. Im Gewürzsortiment von Herbs & Spices sind Senfkörner und -Mehl erhältlich.

Verarbeitung in der eigenen Manufaktur

Im Speicher auf dem Sonnenhof lagern die wertvollen Gewürze in übereinander gestapelten Säcken. Der Duft von Zimt und Nelke erfüllt die Luft. Ohne Hochregale und Gabelstapler entsteht eine ursprüngliche Atmosphäre. Vom Speicher werden die Gewürze nach unten in die Mühle geschüttet. Dort werden sie vermahlen, gemischt und abgepackt. An fünf Arbeitsplätzen kann per Hand abgefüllt werden. Eine Abfüllmaschine steht ebenfalls zur Verfügung. „Durch unsere eigene Manufaktur sind wir auch der ideale Dienstleister für Private Labels“, sagt Bühler.     

Herbs & Spices vermarktet im Einzelhandel, im Außer-Haus-Markt und bei Metzgern. Rund ein Drittel der Menge ist Eigenbedarf für die Wurst-Herstellung des Mutterunternehmens BESH.

Auch in den eigenen Verkaufsstellen der Bäuerlichen in Schwäbisch Hall und Stuttgart sind die Gewürze zu finden. Im Regionalmarkt Hohenlohe in Wolpertshausen an der A6 sind die Naturprodukte in einer Gewürzinsel breit in Szene gesetzt. In einer Gewürzmühle können sich die Kunden vom Marktpersonal die Körner mahlen lassen. „Die Kunden kommen aus Freiburg, München und Nürnberg hierher, um bei uns einzukaufen. Die Gewürze laufen hier sehr, sehr gut“, teilt Bühlers Ehefrau Cristina mit.

Alle Projekte befinden sich in Umstellung auf Demeter. Die Marke Unsere Naturgewürze ist für die Vertriebsschiene Metzger-Fachgeschäfte und Feinkost konzipiert. Für den Außer-Haus-Markt gibt es Großgebinde.

Neu im Sortiment sind die Bio-Gewürzmischungen ohne Füll- und Zusatzstoffe für Metzger. Wichtige Produkte wie Brat-, Saiten- (Wiener), Leberwurst und Pressack werden abgedeckt. Produktentwickler Dieter Mayer hat eine Rekordzahl an Goldmedaillen für seine Bio-Wurst bei den DLG-Prüfungen eingeheimst. Die ausgeklügelten Mischungen des Meistermetzgers sind die Grundlage für die Auszeichnungen. Herzhafte Wurst in der Tradition der Hohenloher Hausmetzger kommt dabei heraus.

Anton Großkinsky

 

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