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Tegut

tegut... liegt bei Bio vorn

Migros-Tochter expandiert nach Baden-Württemberg

Der Fuldaer Lebensmittelfilialist tegut... erneuert sein Filialnetz und expandiert wieder. Im neuen ECE-Center in Stuttgart, das Ende 2014 fertig sein soll, wird tegut... einziehen. Aktuell testet das Unternehmen ein neues Laden-Konzept. Im April öffnete in Wiesbaden der Pilotmarkt auf 700 Quadratmeter.

Anfang 2013 hat die Schweizer Genossenschaft Migros Zürich den regionalen Filialisten übernommen. Als Tochter der finanzstarken Schweizer kann tegut... nun investieren. „Wir haben die Möglichkeit zum Gestalten wieder gewonnen.

2014 modernisieren wir 29 Märkte und im nächsten Jahr 31. Bei uns hatte sich ein Investitionsstau aufgrund der Fokussierung auf die ehemaligen Produktionsbetriebe gebildet. Den können wir nun beseitigen“, freut sich Geschäftsführer Thomas Gutberlet. Der mittelständische Lebensmittelfilialist tat sich seit der Übernahme von 20 Tengelmann-Filialen schwer.

 

Modernisierung heißt Umbau und zum Teil Neubau. Das geschieht ökologisch. „Wir machen Wärmerückgewinnung, LED-Beleuchtung, Glastüren an den Kühlregalen und Photovoltaik. Das, was man eben tun kann. Das Einsparpotenzial liegt bei rund 25 Prozent“, teilt der Geschäftsführer mit. Der Lebensmittelhändler bezieht Ökostrom aus Wasserkraft.

Höchster Bio-Anteil in Deutschland

tegut... gute Lebensmittel zeichnet sich durch den höchsten Bio-Umsatzanteil mit 25 Prozent unter den Vollsortimentern in Deutschland aus. So aufgestellt expandiert Geschäftsführer Gutberlet in Regionen mit hoher Bio-Nachfrage: Rhein-Main-Gebiet und Baden-Württemberg. Der regionale Filialist hat hier einen Vorteil gegenüber den nationalen Vollsortimentern. Deren Bio-Umsatzanteil verharrt noch im einstelligen Bereich.

Bensheim an der Bergstraße ist bisher der südlichste Vorposten der Hessen. Ende 2014 reicht das tegut...-Land bis zur Hauptstadt Baden-Württembergs: Ein Meilenstein in der Firmengeschichte. tegut... plant aber nicht den Durchmarsch zur schweizer Grenze. „Gehen Sie davon aus, dass Stuttgart unser südlichster Standort bleiben wird“, gibt Geschäftsführer Gutberlet zu erkennen.

Ein Markt allein in Stuttgart macht keinen Sinn: Es werden weitere hinzukommen. Die Lücke zum Vertriebsgebiet im Norden wird ebenfalls geschlossen werden.

Bessere Bio-Einkaufs­­möglichkeiten

In Ludwigsburg, Heilbronn, Heidelberg und Mannheim könnten im Verlaufe dieses Jahrzehnts tegut...-Firmenschilder zu sehen sein. Für die bio-affinen Baden-Württemberger bedeutet das bessere Bio-Einkaufsmöglichkeiten. Der Lebensmittelhändler aus Fulda erwirtschaftet einen Umsatz von einer Milliarde Euro, davon 250 Millionen mit Bio. Damit ist tegut... auf der Höhe des Einzelhandelsumsatzes des nationalen Bio-Filialisten Alnatura.

tegut... schafft den hohen Bio-Anteil in einem regionalen Gebiet in Teilen Hessens, Nord-Bayerns und Thüringens mit rund 290 Märkten. Das Vertriebsgebiet dort ist ländlich strukturiert mit weniger Kaufkraft als im Norden Baden-Württembergs und Südhessen.

Migros aus der Schweiz kann auf dem Heimatmarkt kaum mehr merklich wachsen. Die Schweizer starteten schon Versuche, im nördlichen Nachbarland heimisch zu werden, fassten bisher aber nicht Fuß. Mit tegut... verspricht das mehr Erfolg. Die Fuldaer beherrschen die deutschen Sortimente und können sich an den lokalen Stuttgarter Markt anpassen.

Bio-Frankfurter werden in der Landeshauptstadt Baden-Württembergs Bio-Saitenwürstchen heißen. Bio-Krapfen werden zu Bio-Berlinern. Bei Bio-Laugengebäck und -Hefezopf werden die Umsätze in Stuttgart höher sein als in Hessen, beim Apfelwein dagegen niedriger. Besonders das Bio-Sortiment kann im Raum Stuttgart ein Erfolgsfaktor werden.

tegut... auf Bio-Überholspur

tegut... bleibt bei Bio weiter auf der Überholspur. Das Unternehmen bietet jetzt ganzjährig Bio-Kartoffeln an. Biolandwirt Thomas Schwab lagert und packt mit dem Betrieb Remlinger Rüben bei Würzburg rund ums Jahr ab.

Produkte mit dem staatlichen Regionalfenster hat tegut... zu Beginn des Jahres ebenfalls eingeführt. Dabei muss es sich nicht zwingend um Bio-Produkte handeln. Das Regionalfenster schafft von Händlern und Herstellern unabhängige Regeln und sorgt für Transparenz.

Das Gleiche schafft Naturland mit Bio-mit-Gesicht im Internet. Wer einen entsprechenden Artikel kauft, findet auf der Verpackung eine Nummer, die er auf der Internet-Seite eingibt. Damit gelangt er virtuell zum Erzeuger des Produkts.

Zudem arbeitet tegut... mit Erzeugern bis in Übersee zusammen. So in dem sozialen Fairbindet-Projekt in der Dominikanischen Republik. Banelino, die Kooperative von Kleinbauern, beliefert tegut... seit 2006 mit Bio-Bananen.

Migros gibt dem Sortiment Impulse im Premium-Bereich. Smoothies waren in der Schweiz früher gefragt als beim nördlichen Nachbarn. Gekühlte Pizza wird von den Eidgenossen mehr gekauft als TK-Pizza. Beim Bio-Jogurt laufen Sorten mit Schokolade viel besser als in Deutschland, wo sie noch Randprodukte sind.

Ein neues Ladenkonzept ist neben Revitalisierung und Expansion ein weiterer Meilenstein im Jahr 2014. „Die Farbgebung, die Möbelsprache und die Materialien sind neu. Ziel ist eine bessere Kundenorientierung“, erläutert Gutberlet. Die Schriftgrade sind größer gewählt. Damit sie von weitem noch besser erkennbar sind.

„Bei den Bezeichnungen haben wir uns den Begriffen der Kunden angepasst. Jetzt steht Milch über der Abteilung anstatt Mopro“, verdeutlicht der Geschäftsführer. Der Handel denkt immer an die Kunden.

Testmarkt in Wiesbaden

In Wiesbaden am Sonnenberg eröffnete Anfang April der erste Testmarkt mit dem neuen Laden-Konzept von tegut... In dem Wohngebiet mit dem Bundeskriminalamt und einem Fitness-Studio fungiert tegut... als Nahversorger. Der Markt war bis 2010 ein Tengelmann. Damals als sich der Konzern aus dem Rhein-Main-Neckar-Raum zurück zog, hat tegut... 20 Märkte übernommen.

Diana Körner leitet den Markt mit 700 Quadratmeter. 19 Mitarbeiter stehen ihr zur Seite. Das neue Layout macht den Hauptlauf besser erkennbar. Die Aktions- und Saisonflächen sind eindeutiger gekennzeichnet. Die Sortimente sind anders angeordnet: Frische wird im vorderen Bereich zusammengezogen und so diese Kompetenz noch mehr betont. Die Theken bilden keine breite Front. Sie sind unten offen und ruhen auf Tischfüßen. Das schafft mehr Offenheit.

Bio-Vollsortiment im Supermarkt

3.000 Bio-Artikel stehen in den Regalen. Schon numerisch macht das bei einem Gesamtsortiment von 12.000 Produkten 25 Prozent aus. Der Umsatzanteil liegt in Wiesbaden mit 30 Prozent sogar noch darüber. tegut... bietet ein Bio-Vollsortiment bis hin zum Fleisch an der Theke. Das ist längst noch keine Selbstverständlichkeit. Bio-Fleisch wird im LEH überwiegend in SB angeboten. tegut... ist hier einen Schritt weiter. Bio-Fleisch in Bedienung funktioniert: Es trägt vier Prozent zum Gesamtumsatz des Marktes bei. In der Fischtheke gibt es Bio-Lachs.

Der Convenience-Anteil wird in den Märkten nach dem neuen Konzept erhöht: Eine Station mit warmen Fertigmahlzeiten ist eingerichtet. Dieses Element wurde von Migros übernommen. Ob der deutsche Kunde das annimmt, wird sich in der Testphase zeigen. An einem Vollautomaten gibt es Kaffee zum Mitnehmen in SB. Espresso, Cappuccino oder Milchkaffe kostet ein Euro. Bio wird am Kaffee-Vollautomat über das Naturland Logo ausgelobt. Der Markt steht mit seiner Flächenleistung auf Platz vier im tegut...-Ranking und ist einer der Vorzeigemärkte des Filialisten.

Reine Bio-Kunden eine Minderheit

100prozentige Bio-Kunden sind bei tegut... in Wiesbaden eine Minderheit. Die lupenreinen Bio-Käufer sind wiederum keine 100prozentigen tegut...-Kunden trotz 3.000 Bio-Artikeln. Bei manchen Sortimenten wie  ökologischer WPR bietet tegut... nicht die Vielfalt wie Bio-Supermärkte. Familien bilden die Hälfte der Kundschaft. Der Anteil der Rentner ist mit rund einem Drittel recht hoch. Der Rest ist bunt gemischt.

Die vegane Welle ist auch in diesen Markt geschwappt. Von Fertiggerichten, über die Gebäcke von Sommer aus dem Taunus bis zu Wein reichen die gekennzeichneten Produkte. Tofu von Tukan und Soto sind vorhanden.

Bio-Süßwaren sind im LEH unterrepräsentiert. Hier liegt tegut... ebenfalls weit vorn. Den Preiseinstieg markiert Alnatura. Neben Gepa und Zotter als besonders hochwertig ist mit Maestrani Bio die Schweizer Tradition vertreten. Ritter Sport Bio zählt ebenfalls zum Sortiment. Mit Süßgebäck und Knabberartikeln in Bio-Qualität kann sich der Verbraucher auch eindecken. Die Bohlsener Mühle ist mit ihren Keksen bei tegut... gelistet.

Bei Konserven zeigt tegut... Bio-Kompetenz. Thüringer Landgarten, Marschland; Reichenhof; NaBio liefern Frucht-, Gemüse-, Sauer-Konserven und Fertiggerichte, zum Teil mit Demeter- Herkunft. Selbst Fischkonserven von Pan Do Mar aus Spanien findet der Kunde im breiten Bio-Angebot.

Backwaren zählen zum Bio-Kernsortiment. Hier ist die herzberger Bäckerei aus Fulda mit SB-Broten und -Brötchen vertreten. Croissants, Laugengebäck und Fein-Backwaren wie Mohnschnecken sorgen für Auswahl. Zahlreiche Produkte sind zum Fertigbacken im heimischen Herd bestimmt. Convenience ist in jeder Warengruppe stark gefragt.

Nachhaltigkeit reicht bei dem Händler über das Bio-Sortiment hinaus. So gibt es TK-Fisch aus nachhaltigem Wildfang mit dem MSC-Siegel. Gegen Lebensmittelverschwendung kämpft das Unternehmen ebenfalls. Für Kunden gibt es die Broschüre mit dem Titel Weniger wegwerfen.

Rund 80 Kilo Lebensmittel lässt der Bundesbürger nach Berechnungen der Uni Stuttgart jährlich verderben. Damit wirft er 235 Euro in den Mülleimer. Die Broschüre gibt Tipps wie der Einkauf richtig geplant wird, damit am Ende nichts verdirbt. Die richtige Aufbewahrung wird behandelt. Was MHD und Verbrauchsdatum bedeuten, wird ebenfalls erläutert. Nachhaltigkeitsbewusstsein ist wie die biologische Landwirtschaft gut für die Zukunft.

Anton Großkinsky


tegut... Wiesbaden
Richard-Wagner-Straße 18
Wiesbaden

Eröffnet:              2014
Marktleiter:          Diana Körner
Mitarbeiter:          19
Verkaufsfläche:    700 qm
Kassen:               3
Parkplätze:          32
Artikelanzahl:       12.000
davon Bio-Artikel: 3.000
Bio-Umsatzanteil: 30 Prozent

 

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