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Vegan(z) auf dem Vormarsch
Jan Bredack expandiert mit seinem Ladenformat europaweit
Veganz aus Berlin, die erste vegane Supermarktkette Europas, expandiert. Aktuell sind fünf Filialen in vier deutschen Großstädten am Netz. Neben der Eröffnung neuer Märkte kündigte das Unternehmen an, künftig vegane Produkte aus den USA und Kanada als Großhändler vertreiben zu wollen. 5,3 Millionen Umsatz erwirtschaftet Gründer Jan Bredack 2013 mit seinen Mitarbeitern. 2014 dürfte sich der Umsatz nahezu verdoppeln.
Der ehemalige Mercedes-Manager Jan Bredack startete mit Veganz 2011 in Berlin. Statt modernster High-Tech vertreibt er jetzt Lebensmittel mit Tradition. In der Bio-Hauptstadt Berlin führt er zwei Verkaufsstätten. Hamburg, Frankfurt und München sind weitere Standorte in Deutschland. Essen und Leipzig kommen im Laufe des Jahres hinzu.
Im Frühjahr eröffnete das junge Unternehmen Märkte in Wien und Prag. Mit den Verkaufsstätten Nummer acht und neun in den beiden Nachbarländern Tschechien und Österreich begann die europäische Expansion. Es folgt der Sprung auf die Insel mit einer Filiale in London. Bis Ende 2015 soll es laut Expansionsplan europaweit 21 Filialen geben. Die Verkaufsflächen betragen rund 200 Quadratmeter. 1,5 bis zwei Millionen Umsatz schafft ein Markt.
Veganz wird Großhändler
Veganz will auf den Erfahrungen der letzten drei Jahre aufbauen und zusätzlich zum Einzelhandel als Großhändler für vegane Lebensmittel wirken. Exklusiv in Deutschland bietet das Handelsunternehmen seit 2014 Marken wie Gardein, Tofurky, Daiya und Coconut Bliss im Großhandel an. Die Marken sind in den USA und Kanada beheimatet und außer Turkurky nicht bio-zertifiziert.
Veganz war als Aussteller auf der Biofach in Nürnberg und auf der VeggieWorld in Wiesbaden vertreten und präsentierte einen kleinen Teil seiner Produkte.
Das Unternehmen wird von Großhändlern wie Naturkost Erfurt und Claus- Pural und direkt vom Hersteller beliefert. Veganz unterhält aber ein eigenes Zentrallager in Erfurt. Von dort wird ein Teil der Produkte auf die Märkte verteilt.
In den nächsten drei Jahren möchte Veganz-Gründer und Geschäftsführer Jan Bredack die Europa-Expansion seiner Einzelhandelsfilialen voran treiben – mit einem Lizenzmodell und weiteren Investoren. Mit dem Ex-National-Torhüter Timo Hildebrandt hat er einen Fußballprofi als Investor gewonnen.
Veganz bietet den Kunden ein Vollsortiment mit rund 6.000 Artikeln einschließlich Frische und Tiefkühlkost. „Wir werden das Sortiment straffen auf 3.800 Produkte und die Komplexität verringern“, kündigt Geschäftsführer Bredack an. Das Sortiment ist stark in Bewegung: Wöchentlich werden rund zehn neue Produkte eingeführt.
In den Filialen in Berlin und in Hamburg ist ein extraVeganz eingerichtet. Dort werden Brunch, Kochkurse, Filmvorführungen und Seminare angeboten. Zukünftig sollen alle Veganz-Filialen mit einem extraVeganz ausgestattet und damit die Erlebniswelt ausgebaut werden.
Das Bistro in Hamburg leitet Veganz in Eigenregie. Das soll aber nicht die Regel werden. Die Bistros im Vorkassenbereich werden verpachtet. „Selbst machen geht nicht. Wir brauchen da einen Partner vor Ort mit einer Küche außerhalb des Marktes“, sagt Bredack.
Der Veganz in Frankfurt, eine Ex-Schlecker-Filiale, ist mit 200 Quadratmeter der kleinste Standort. „Frankfurt ist ein guter Markt für uns“, sagt Gründer Bredack. Der Durchschnittsbon liegt bei 20 Euro. Das ist bei einem Markt ohne Parkplätze doch recht hoch. Der Stadtteil Bornheim gilt als bioaffin und ist mit seinen ernährungsbewussten Einwohnern auch das geeignete Pflaster für eine Veganz-Filiale.
Großteil des Sortiments in Bio
Der Großteil des veganen Sortiments ist biologisch und aus dem deutschen Naturkostmarkt bekannt. „Zu 80 Prozent besteht unser Sortiment aus Bio-Produkten“, gibt Bredack zu erkennen. Beim Tierwohl ist nicht Schluss, auch die Pflanzen, Boden, Wasser und Luft sollten vom Menschen nicht geschädigt werden. Da liegt kontrolliert biologischer Anbau (kbA) nahe.
Unsere Hauptwarengruppen sind Käse- und Fleischersatz, Schokolade und Rohkost ohne Obst und Gemüse“, erläutert Bredack. O+G wird in Bio-Qualität angeboten. Der Erfolg ist standortabhängig. Speziell wegen Obst und Gemüse werden die Verkaufsstätten nicht aufgesucht. Die Ersatzprodukte sind die Renner. Wilmersburger ist mit konventionellen Wie-Käse seit 2011 auf dem Markt. Das Unternehmen hat auf der Biofach Pizzakäse präsentiert.
Eiersatz aus Kartoffelstärke und Wurst- und Fleisch-Ersatz aus Soja, Getreide oder Lupinen liegen bei Veganz im Regal. „Viele wollen nicht von ihren Gewohnheiten abrücken und greifen zu Ersatz-Produkten“, klärt Bredack auf. Tofu ist der wichtigste Fleischersatz. Viana und Soto sind hier präsent.
Das Gebäck von Sommer findet sich im Frankfurter Veganz im Stadtteil Bornheim. Sommer verwendet ein Vegan-Logo. Das ist wichtig, um sofort zu erkennen, dass nicht mit Honig gesüßt oder Schokolade mit Milchpulver enthalten sind. Von Rosengarten steht Dinkel-Gebäck im Regal. Die Pural Süßgebäcke sind vertreten und bei Knabberartikeln sind es Mayka und Erdmannhauser.
Rohkost und Vegan bilden ein Paar
Der Landgarten aus Österreich liefert Saaten und Kerne. Von Lubs und Oskri kommen Riegel. Vivani, Rapunzel und Naturata steuern vegane Schokolade zum Sortiment bei. Bonvita aus Holland ersetzt in seiner Bio-Schokolade Kuhmilch durch Reismilch.
Besonders Roh-Schokolade ist bei Veganern wie Rohkost allgemein ein Thema. Pacari ist hier ein bekannter Name ebenso wie Lovechock aus Amsterdam. Von Ökovital gibt es Fruchtgummis ohne Gelatine. Die Backzutaten von Biovegan passen natürlich bestens ins Sortiment. Da sagt die Marke schon alles.
Süßmittel sind abgesehen von Honig pflanzlich. Als Alternative zum Zucker offeriert Veganz Agavendicksaft, Kokosblütenzucker und Stevia. Bei Backmischungen vertraut Veganz auf Bauck und Werz. Marschland Konserven sind im Sortiment. Für die schnelle Küche gibt es Erntesegen Tütensuppen.
Asiatische Produkte führt Veganz, so die aus dem Naturkosthandel bekannte Marke Lima. Ein umfangreiches Tee Sortiment wird gefahren. Namen wie Ökotopia, Yogi-Tee, Kräutergarten Pommerland sind dabei. Beim Kaffee sind Mount Hagen und Original Foods im Regal.
Superfood spielt bei den Veganern eine große Rolle, da sie auf Fleisch verzichten. Dazu zählen Saaten wie Hanf, das Novelle Food Chia, Erdmandelkerne Goji, Cranberry, Kokos und Kakao. Superfood wird meist als Rohkost offeriert.
Der Deutsche streicht gerne Fett in Form von Butter auf das Brot. Der Veganer ersetzt das durch Mandel-, Kürbiskern-, Aprikosenkern-, Walnuss- und Hanfbutter. Sun & Seed aus London liefert die entsprechenden Aufstriche und Öle in Bio-Qualität.
Es ist ein Irrtum zu glauben, hier nur auf Veganer oder Vegetarier zu treffen. „80 Prozent unserer Kunden sind gar keine Veganer. Wir haben bewusste Käufer, die auf die Zutaten schauen“, so Bredack. Vom Omnivoren über den Vegetarier bis zum Flexitarier, der gelegentlich eine Veggie-Tag einlegt, sind alle Ernährungsgewohnheiten vertreten.
Die Verweildauer im Markt ist hoch. Die Kunden lesen die Zutatenliste und fragen die Mitarbeiter. Das setzt natürlich Kompetenz in Warenkunde voraus. Ein guter Kunde verlangt nicht nur gute Ware, sondern auch gutes Personal.
Anton Großkinsky