Backwaren
Slottke bringt das tägliche Bio-Brot
Backwarenvertrieb in Bayern entwickelt den Markt
In der bundesdeutschen Handelslandschaft existieren Bio-Fachgroßhändler für Wein, Käse, Süßwaren, Fein-, Tiefkühlkost, Großverbraucher, Obst- und Gemüse. In Hohenbrunn bei München gibt es sogar einen Bio-Backwarenvertrieb. Thomas Slottkes Mannschaft fährt mit 24 Touren täglich 750 Verkaufsstellen im Umkreis von 150 Kilometer um München an. Das weiteste Ziel Richtung Westen reicht bis nach Überlingen im lukrativen Raum Bodensee.
Fünf Jahre hat Thomas Slottke als Transportunternehmer selbst am Steuer gesessen. Heute werden 350 Backwaren-Produkte des Großhändlers von 24 Fahrern transportiert. Sieben Bio-Bäcker bringen jede Nacht die frischen Brote, Brötchen und Kuchen ins Auslieferungslager in Hohenbrunn südöstlich von München. Die Hofpfisterei, Biohofbäckerei Gottschaller, Fritz Mühlenbäckerei, Öko Bäckerei Konditorei Mauerer, die Biobäckerei Neuhoff, Biobäckerei Schubert und die Bäckerei Grimminger liefern ihre Brote um ein Uhr an.
Dann wird kommissioniert. Der Auslieferfahrer startet, fährt die Märkte an und stellt die Ware in eine Anlieferbox oder ins Lager. Wenn die Menschen zur Arbeit gehen, war Großhändler Slottke schon da. „Der Kaufmann erwartet die Ware bis sieben Uhr. Mit Semmeln und Brezeln brauchen sie nach sieben Uhr nicht mehr zu kommen.
Bis neun Uhr sind die meisten verkauft. Spätestens um zehn ist der letzte Fahrer mit der längsten Tour zurück“, berichtet Slottke. Dann werden die Bio-Brezeln und -Brötchen, die er angeliefert hat, gerade gegessen. Ein Kreis von 150 Kilometer um München bildet das Vertriebsgebiet mit Ausnahme des lukrativen Bodensee-Raumes. Hier fährt Slottke fast doppelt so weit.
Umfassender Service für den Handel
Slottke gibt Sortimentsempfehlungen, erledigt die Bestellungen und nimmt die Rückläufer mit. „Wenn wir die Bestellungen für den Händler erledigen, gibt es so deutlich weniger Retouren“, weiß Geschäftsführer Slottke. Das Unternehmen bietet dem Handel einen umfassenden Service an. Sechs bis sieben Prozent der Backwaren kommen zurück und werden in einer Biogas-Anlage verwertet. Er hatte schon eine bessere Möglichkeit als Tierfutter. Das hat sich zerschlagen. Jetzt sucht er eine Alternative zu Biogas.
„Wir haben innerhalb von drei Jahren unsere Kundenzahl von 350 auf 750 mehr als verdoppelt. Wir kommen im Moment kaum hinterher. Da ist ein richtiger Flächenbrand entstanden. Die Kunden kommen im Moment auf uns zu. Das ist eine komfortable Situation und heutzutage eher selten“, so Slottke. 2013 hat die Großhandlung 9,5 Millionen Euro umgesetzt. 2014 wird die Zehn-Millionen-Hürde genommen.
„Wir leben fast nur vom Brot“, weiß Slottke. 85 Prozent des Umsatzes werden mit dem täglichen Brot gemacht. Brötchen, Feinbackwaren und Kuchen machen zusammen 15 Prozent aus. Für den Kuchen ist die Bio-Bäckerei Neuhoff aus Regensburg zuständig. Die Bio-Bäckerei Schubert aus Augsburg ist Dinkelspezialist. Die Fritz Mühlenbäckerei aus Aying deckt den Vollkorn-Bereich ab. Die Hofpfisterei aus München sorgt für die Natursauerteigbrote und macht zusammen mit Gottschaller aus Rotthalmünster das Standard-Sortiment.
Die Konditionen für die Bäcker sind nicht immer super im Supermarkt: „Die zentral geführten Märkte sind meist spannenorientiert. Bei den Selbstständigen ist die Spanne nicht alles. Da ist das Produkt wichtig, um Stammkunden zu binden“.
Bevor es Großhändler Slottke gab, haben die Bio-Bäcker selbst ausgeliefert. „Wenn ein Lieferwagen nicht ausgelastet ist, rechnet sich das nicht. Die Bio-Bäcker fahren oft besser, wenn wir das machen“, sagt Slottke. Touren bis Überlingen wären für einen einzelnen Bäcker nicht denkbar. Durch die Bündelung erzeugt Slottke Wirtschaftlichkeit und bietet auch größeren Handelszentralen die Möglichkeit, Südbayern annähernd flächendeckend zu beliefern.
LEH ist größter Kunde
Der LEH ist der größte Kunde für den Bio-Großhändler. Tengelmann, Edeka und Rewe werden beliefert. Bei Tengelmann, der Edeka Südbayern und bei der Rewe Süd ist der Großhändler zentral gelistet. Der Handel schätzt die Bündelung eines breiten Sortimentes durch einen Großhändler.
Nur zehn Prozent der Abnehmer sind Bio-Fachgeschäfte. „Die Bio-Supermärkte haben abgewunken. Die machen das direkt mit den Bäckereien. Langsam erkennen sie den Vorteil und denken um“, hat Slottke bemerkt. Selbst Bäckereien kaufen Brot bei Slottke. „Konventionelle Handwerksbäcker kaufen bei uns das Bio- Sortiment zu. Tante-Emma-Läden, die es hier und da noch gibt, fahren wir auch an“, erzählt der Chef.
Allerdings hat er eine jahrelange Durststrecke hinter sich. Das Unternehmen musste am Anfang extreme Anstrengungen unternehmen, um im Vertrieb wirtschaftlich zu arbeiten. Die Hofpfisterei war Lieferant der ersten Stunde. Es mussten weitere hinzukommen, um schwarze Zahlen zu schreiben.
„Die ersten Lieferanten haben wir selbst gesucht. Heute treten sie an uns heran. Aber nicht alle können die Mengen produzieren, die wir brauchen. Nicht jeder Bio-Bäcker hat die Kapazität um 3.000 Brote zu backen“, erläutert Großhändler Slottke.
Das Geschäftsmodell ist aber nicht ganz einfach multiplizierbar. „Wir haben es in Stuttgart versucht und wieder eingestellt“, erzählt der Großhändler. Aus Nürnberg gibt es viele Anfragen und sogar aus Berlin. Was daraus wird, zeigt die Zukunft.
350 Bio-Artikel im Sortiment
Mit 350 Artikeln führt der Vertrieb ein Vollsortiment an frischen Backwaren. Nicht jeder hat alles gelistet. Die Auswahl ist umfangreich und geht bis in die Nischen. Die Hofpfisterei aus München backt die traditionellen Zwei-Kilo-Laibe ohne Hefe. „Hefefreie Brote werden nachgefragt. Da gibt es einen Bedarf“, sagt Slottke.
Mauerer steuert unter anderem Brötchen, Laugengebäck und Plunder zum Sortiment bei. Die Fritz Mühlenbäckerei aus Aying hat auch glutenfreie Brote aus Reis-, Mais- und Teffmehl. „Das ist stark im kommen“, weiß Slottke.
Das Backhaus Grimminger stellt mediterrane helle Brote her. Gottschaller hat mehrere Saaten- und Mehrkornbrote. Diese Produkte haben Konjunktur. Kürbis-, Sonnenblumenkerne, Leinsamen, Sesam und Kümmel werden verwendet. Das schafft vielfältigen und abwechslungsreichen Brotgenuss.
Die Bäckerei Schubert ist stark bei Dinkel Backwaren. „Vollkorn macht bei uns 50 Prozent aus“, berichtet der Geschäftsführer. Das ist weit über dem Schnitt von 25 Prozent bei Bio. Das Ernährungsverhalten ändert sich. Kinder mögen Vollkorn meist nicht. Aber ein Vollkornbrot, das nicht sauer ist, kann man auch Kindern geben.
Bei der Bio-Bäckerei Neuhoff schätzt Slottke den Kuchen. Mohn-, Apfel-Kuchen und Schoko-Muffins zeichnen sich durch einen hohen Genussfaktor aus. Bio-Kuchen hinkt dem Brot-Bereich noch hinterher.
Bio-Backwaren bieten dem qualitätsorientierten Handel einen Mehrwert. Mit traditionellen Backwaren halten die Bio-Bäcker die Brotkultur wach. Neue Rohstoffe wie Reis-, Mais und Teff, eine Hirseart, im Brot für Allergiker zeigt wie Bio auf moderne Verbraucherbedürfnisse eingeht.
Der Backwarenvertrieb Slottke pflegt die Qualität. „Letztlich entscheidet der Kunde, was er akzeptiert. Wenn ich in einem Haselnussbrot nur in jeder fünften Scheibe eine Haselnuss finde, liste ich das Produkt nicht ein“, macht der Geschäftsführer deutlich. Die Mitarbeiter probieren ständig und geben Rückmeldung. Der Backwarenvertrieb entwickelt den Bio-Brotmarkt um München qualitativ und quantitativ weiter.
Anton Großkinsky
Regionale Mühle für regionale Bäcker
Die Antersdorfer Mühle aus Simbach am Inn arbeitet seit mehr als 30 Jahren biologisch in Zusammenarbeit mit regionalen Bauern, dem Verband Biokreis und den Bäckern. Gute Backwaren brauchen nicht nur eine fachmännische Hand in der Verarbeitung, sondern auch gute Zutaten.
Bereits auf den Feldern findet die erste Kontrolle des Getreides statt. Das reife Korn wird in die Mühle gebracht, gereinigt und getrocknet. Die Trocknung erfolgt bei einer Korntemperatur von unter 40 Grad, um die Keimfähigkeit zu erhalten. Im firmeneigenen Labor werden die Qualitätsparameter bestimmt, um den Bäckern eine gleich bleibende Backeigenschaften der Mehle zu garantieren. Die Vermahlung erfolgt im geschlossenen System.
Mit dem Neubau der Lagerhalle im Jahr 2006 wurde es möglich, Kundenwünsche noch schneller und zuverlässiger zu erfüllen. Die Lagerhalle mit einer Fläche von 5.000 Quadratmeter bietet eine Kapazität von 1.600 Palettenstellplätzen.
Besonders anspruchsvolle Ware kann in der Kühlhalle optimal gelagert werden. Bei einer Temperatur zwischen vier und neun Grad kann Antersdorfer Fettverderb und Schädlingsbefall ausschließen. Die Antersdorfer Mühle liefert die Rohstoffe für regionale Bio-Backbetriebe in Bayern wie die Bio & Vollwert Bäckerei Schubert in Augsburg.