Aktiengesellschaft
Vom Acker auf den Teller
Die KTG Agrar aus Hamburg entwickelt ihr Bio-Geschäft weiter
Die KTG Agrar AG, das Landwirtschaftsunternehmen mit Sitz in Hamburg, hat seine Bio-Strategie weiterentwickelt. Vorstandsvorsitzender Siegfried Hofreiter will die KTG nicht mehr allein dem Wechselbad der Rohstoffmärkte mit stark steigenden und fallenden Preisen aussetzen. Die KTG betrieb ursprünglich nur Landwirtschaft und ist 2011 in die nächste Stufe, die Herstellung eingestiegen. Mit dem Kauf der Bio-Zentrale im Frühjahr 2013 hat das Unternehmen einen weiteren Schritt in diese Richtung getan.
Vom Feld auf den Teller lautet das Konzept der KTG Agrar. „Wir haben Erzeuger-, Verarbeiter- und Vertriebskompetenz. Diese Bündelung können nur wenige bieten“, erläutert Siegfried Hofreiter, Gründer der KTG Agrar.
Fundament des landwirtschaftlichen Großbetriebs ist der Ackerbau mit konventionellem und biologischem Getreide, Kartoffeln und Feldgemüse. Die KTG ist einer der bedeutendsten Lieferanten für Bio-Backbetriebe in Deutschland. Jetzt hat das Unternehmen die Wertschöpfungskette bis zum verarbeiteten und verpackten Produkt verlängert.
„Ich bin gespalten, wenn ich überlege, wie die Bio-Handelslandschaft in zehn Jahren aussehen wird“, sagt Hofreiter. Der Unternehmer fragt sich, ob sich die Bio-Supermärkte auf breiter Front durchsetzen werden oder der LEH weiter den Löwenanteil am Umsatz macht. 50 Prozent des Bio-Umsatzes von sieben Milliarden laufen aktuell über diese Schiene.
Der Naturkost-Fachhandel ist in den Ballungsräumen konzentriert. Außerhalb der Zentren ist der Verbraucher beim Bio-Kauf vielfach auf LEH und Discount angewiesen. Die KTG bringt ihre Bio-Produkte über den LEH zum Verbraucher und benötigt Supermärkte, die Bio mit Engagement vermarkten.
bioZentrale ist Marke der KTG
Die Herstellung hat KTG unter dem Dach der FZ Foods angesiedelt. Durch den Kauf des Tiefkühlherstellers Frenzel stieg die Gruppe 2011 in die Verarbeitung ein. In Anklam betreibt die KTG seit 2012 eine Ölmühle, in der auch Bio-Rapsöl gepresst werden kann. Die Bio-Zentrale mit Sitz in Wittibreut/Bayern kam im Januar 2013 dazu. bioZentrale ist die Marke der KTG Agrar für Endverbraucher-Produkte.
Über die Bio-Zentrale ist die KTG in 4.500 deutschen Supermärkten präsent und damit mitten auf dem Bio-Markt angekommen. Der Konzern Pfeifer & Langen in Köln war Mutter der Bio-Zentrale. Die Zuckerbarone hatten wegen steigender Rohstoffpreise den Spaß am Bio-Geschäft verloren und wollten das Pionierunternehmen im Vertriebskanal LEH schließen.
Die Bio-Zentrale beliefert seit 35 Jahren den selbstständigen Einzelhandel auf Strecke. Ein geschulter Außendienst betreut den Handel. „Unser Außendienst ist fachlich versiert. Daran werden wir festhalten.
Die Verkostungen werden intensiviert. Eine Oecothrophologin werden wir einstellen und die Öffentlichkeitsarbeit verstärken“, kündigt BZ-Geschäftsführer Bernd Schmitz-Lothmann an.
50 Millionen Euro Umsatz machte die BZ zuletzt. 65 Millionen waren es zu Spitzenzeiten. Durch gestiegene Rohstoffpreise ging das Geschäft mit Handelsmarken verloren. Die Produktion von Handelsmarken will Hofreiter wieder aufnehmen, da das Unternehmen über eigene Rohstoffe verfügt.
Im Zentrum steht aber die Marke. Bis Ende 2015 strebt die Bio-Zentrale einen Umsatz von 100 Millionen Euro an. „Ich bin positiv überrascht von der Marke. Da steckt mehr Potenzial drin als genutzt wird. Die Bio-Zentrale wird eine tragende Säule“, meint Hofreiter. Durch das eigene Bio-Getreide von KTG wird die BZ zusätzlich mit Erzeugerkompetenz aufgeladen.
Augenblicklich umfasst das Sortiment 220 Produkte. Im Mai und Juni brachte die Bio-Zentrale einige neue Produkte heraus, darunter waren Quinoa, Dinkel sowie Reis, Soja geschnetzelt und als Granulat. 16 Artikel werden auf der Anuga hinzukommen, verrät BZ-Geschäftsführer Bernd Schmitz-Lothmann. „Die Anuga wird ein Meilenstein für uns“, gibt Hofreiter einen Ausblick.
Bio für den Frischmarkt
Neben Frenzel mit Tiefkühlkost und Bio-Zentrale mit Trockenprodukten bewegt sich die KTG mit Karotten und Kartoffeln auch auf dem Bio-Frischmarkt. Zuletzt war das ein erfreuliches Geschäft. Die Bio-Kartoffelpreise bewegten sich zu Saisonbeginn bei 110 bis 130 Euro/Doppelzentner und damit weit über dem Durchschnitt der letzten Jahre. „Und das für ein vermeintlich banales Grundnahrungsmittel“, wundert sich Hofreiter.
„Der Preis wird im Laufe der Saison runtergehen“, prognostiziert er. Beim Bio-Gemüse will sich KTG auf Wurzelgemüse konzentrieren. Vor den Toren Berlins entsteht gerade ein riesiges KTG-Frischezentrum mit Lagerung, Verpackung und Logistik.
Beim Getreide wird KTG eine Verarbeitungslücke schließen. „Wir wollen eine Mühle kaufen “, kündigt Hofreiter an. Dann ist ein weiterer wichtiger Schritt vom Feld zum Teller gemacht.
Der moderne, aufgeklärte Verbraucher will authentische, regionale Qualitätslebensmittel am besten in Bio-Qualität. „Der Landwirt steht wieder an erster Stelle. 25 Jahre war er ein anonymer Abkipper. Wir müssen uns zeigen“, fordert Hofreiter.
Hofreiter setzt auf große Strukturen
Der Landwirtschaftsunternehmer schaut immer noch durch die Brille des Bauern und reflektiert die Diskussion der letzten 25 Jahre. „Es wurde gesagt, dass kleine Strukturen besser sind als große“. Dem pflichtet er als Vorsitzender einer Agrar-AG natürlich nicht bei
„Es ist für unterschiedliche Strukturen Platz. Jeder hat seine Daseinsberechtigung.“ In Putlitz in Brandenburg mit seinen 2.700 Einwohnern und einer Bevölkerungsdichte von 23 pro Quadratkilometer funktioniert ein kleiner Bio-Betrieb mit Hofladen nicht.
Hofreiter hat die PAE (Putlitzer Agrarerzeugnisse) im Jahr 2000 übernommen. 7.000 Hektar mit Lagerhallen und Verwaltungsgebäuden gehören dazu. 60 Prozent der Fläche werden biologisch bewirtschaftet.
Mit 55 Mitarbeitern ist die PAE der größte Betrieb in der Kleinstadt mit vielen leerstehenden Häusern und günstigen Immobilienpreisen. Bürgermeister Frank Dannemann ist froh, einen dynamischen Betrieb im Ort zu haben. Die KTG versorgt das Städtchen zudem mit Gas.
Ende Juni 2013 ist Getreide-Ernte in Putlitz. Im Viertelstundentakt kommen 40 Tonnen schwere Muldenkipper mit Bio-Getreide auf den Hof, werden gewogen und laden ab. Nun wird das Getreide gereinigt und anschließend mit der Abwärme der hauseigenen Bio-Gasanlage getrocknet von 16 bis 18 Prozent auf zwölf bis 13 Prozent Feuchtigkeit.
Die Rohstoffpreise unterliegen starken Schwankungen. „Konventionelles Getreide war schon billiger als Kies“, erinnert sich Hofreiter. In der jüngsten Vergangenheit haben die Bio-Rohstoffpreise eine Bergfahrt gemacht. „Die Wertschätzung für Lebensmittel ist für uns als Erzeuger die richtige Botschaft. Darauf setzen wir mit unserem breiten Grundsortiment aus Getreide“, teilt Hofreiter mit.
Insgesamt bewirtschaftet die KTG 39.000 Hektar, davon 8.000 in Litauen. Auf 16.000 Hektar werden Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste und Körnermais nach biologischen Richtlinien gesät und geerntet.
In Deutschland bewirtschaftet die KTG Flächen an Standorten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. Am Bio-Ackerbau fehlt es in Deutschland. Die KTG erweitert ihre Flächen ständig und sorgt so für mehr Bio im Supermarkt.
Anton Großkinsky