Bionade
Der Geist der Rhön...
...steckt in dem Kultgetränk Bionade aus Ostheim
{mosimage}Bionade ist das, was viele Bio-Produkte gerne wären: eine starke Marke. Und zwar die Bio-Marke mit der größten Bekanntheit, wie die Agentur different aus Berlin in einer Studie festgestellt hat. Allerdings wird das Getränk vom Verbraucher nicht als Bio-Produkt wahrgenommen. Das ist wenig verwunderlich, begann der Siegeszug doch nicht im Bio-Handel, sondern in der Szene-Gastronomie als Lifestyle-Produkt. Mit dem Verkauf der Mehrheit an Radeberger im Jahr 2009 begann bei dem Familienunternehmen aus der Rhön eine neue Zeitrechnung.
Seit Oktober vergangenen Jahres gehört Bionade zur Radeberger Gruppe, der Getränkesparte des Dr.Oetker-Konzerns. 70 Prozent erwarb der Markenartikler, 30 Prozent sind in Händen der Brüder Peter und Christoph Kowalski. Zuvor hatte der mittelständische Mineralbrunnen Rhönsprudel mit 51 Prozent die Mehrheit gehalten.
Jetzt können Investitionen gestemmt werden, die vorher zu schwer waren. Zwei Abfüllmöglichkeiten in der Rhön standen zur Verfügung. Zuwenig für eine nationale Distribution. Radeberger mit 14 Standorten in ganz Deutschland bietet die Plattform für eine Dezentralisierung und Internationalisierung. „Die Wertschöpfung fand bei uns in den vergangenen Jahren im Transport statt“, gibt sich Kowalski ironisch. Im Vertrieb steht jetzt neben der 14-köpfigen Bionade-Mannschaft die Radeberger-Gruppe mit bekannten Marken wie Jever, Binding, Clausthaler und Selters dahinter. Das verspricht einen Schub. Neue Märkte wie Spanien oder die USA könnten angegangen werden. Vor kurzem hat Bionade eine Werbekampagne gestartet mit einer Plakataktion und Radio-Spots. Die Aktion dürfte mehr als fünf Millionen Euro verschlingen.
Den SEH gewinnen
Auch dem selbstständigen Einzelhandel (SEH) will sich das Bionade-Team verstärkt widmen. Die nationalen Vollsortimenter führen Bionade in den separaten Getränkemärkten im Kistenverkauf, aber im Flaschenverkauf in den Märkten fehlt das biologische Qualitätsgetränk. 70 Prozent des Umsatzes machen die Rhöner im LEH, 30 Prozent in Gastronomie und Naturkostfachhandel. Als preiswertes Volksgetränk von Erfinder Dieter Leipold konzipiert, soll es überall erhältlich sein. Mit der Expansion ist der Preis auf gar nicht mehr populäre 79 Cent pro Flasche geklettert. „Die Reaktionen waren zum Teil energisch, und wir haben dadurch auch Kunden verloren“, räumt Kowalski ein. Der Bionade-Geschäftsführer gibt aber Entwarnung: 69 Cent sei die Tendenz im Moment. Die 24er Kiste gibt es im Handel zum Teil für 14,99 Euro.
Bionade ist ein Kind dieses Jahrzehnts: 2002/2003 wurde es zum Kultgetränk. Der Aufstieg geschah nicht nach klassischer Marketing-Manier. Die Familie Kowalski in Ostheim vor der Rhön als Hersteller hatte keinen Etat für den Vorverkauf durch Werbung.
In einer 3-Stufen-Strategie wurde die Innovation bekannt gemacht. In Stufe eins gab es das fermentierte Getränk in der Gastronomie zum Kennenlernen. In Stufe zwei wurde der ausgewählte Handel wie die Drogeriekette Budni und der mittelständische Lebensmittelfilialist Tegut beliefert. In Stufe drei beschäftigte sich der große Handel damit.
Dass die schicken 0,33-Liter-Flaschen vom Verbraucher nicht als Biomarke gesehen werden, ist den Kowalskis gerade recht: „Bionade soll als Erfrischungsgetränk wahrgenommen werden, das schmeckt. Nur Bio-Produkte, die geschmacklich attraktiv sind, werden überleben“. Das Zeitgeist-Getränk wird von den Verwendern und den Medien getragen. Nicht durch Werbekampagnen gestützt aufgezwungen. Das soll so bleiben. „Nur da, wo Bedarf besteht, wollen wir hin“, macht Kowalski klar.
Junge Zielgruppe
200 Millionen Flaschen wurden im Rekordjahr 2007 abgefüllt. Damit hat jeder Deutsche umgerechnet zweieinhalb Flaschen im Jahr getrunken. Nur noch 100 Millionen sollen es 2009 gewesen sein, wie Branchenkenner schätzen, die GFK und BioVista-Daten ausgewertet haben. Das Unternehmen dürfte rund 40 Millionen Umsatz gemacht haben. Die Hauptverwender sind zwischen fünfzehn und 30 Jahren. „Es schmeckt anders als andere Erfrischungsgetränke“, bemerkt Kowalski. Das Getränk enthält mehr Fruchtkonzentrat und weniger Zucker als Limo.
Der Braumeister Dieter Leipold, Stiefvater von Peter und Christoph Kowalski, hat in den 90er Jahren das fermentierte Malzgetränk erfunden. Ein nach dem Reinheitsgebot analog zum Bier gebrautes besseres Erfrischungsgetränk für Kinder zum erschwinglichen Preis wollte er kreieren. 1995 ging die Bionade GmbH aus der dortigen Privatbrauerei Peter KG hervor.
Bionade ist nach den Leitsätzen für Erfrischungsgetränke keine Limonade. Dafür ist sie nicht süß genug. Sieben Gramm Zucker pro 100 Milliliter sind für Limo vorgeschrieben. Mit fünf Gramm bleibt das Kultgetränk aus der Rhön darunter. Noch ein entscheidender Unterschied besteht: Limos werden gemischt aus verschiedenen Zutaten, während Bionade fermentiert ist.
Deswegen ist der Durstlöscher ein durch Fermentation hergestelltes Erfrischungsgetränk, wie auf dem Etikett zu lesen ist.
Aus Malz wird im Kupferkessel ein Sud hergestellt wie beim Bier Brauen. Der Zucker wird aber nicht mit Hefe zu Alkohol vergoren, sondern mit Bakterien zu Gluconsäure fermentiert, wie Qualitätsmanagerin Susanne Seufert erläutert. Gluconsäure ist mild, deshalb muss weniger Zucker zugesetzt werden als bei herkömmlichen Limos. Ohne Süße geht es allerdings nicht, wenn das Produkt Freunde finden soll.
2006 und 2007, als die Verkaufszahlen nach oben geschnellt waren, machte das andere Getränkehersteller aufmerksam. Eine Reihe von Malzgetränken fand den Weg in die Supermarkt-Regale. Mit Bios von Nordmann ist nur eines davon fermentiert. Alle anderen arbeiteten schlicht mit Malzextrakt. Eine klare Nummer zwei hat sich nicht heraus kristallisiert. So ist das Original bis heute Marktführer mit einem Anteil von 75 Prozent.
Anton Großkinsky