Start / Ausgaben / BioPress 61 - November 2009 / Gentechnik – warum muss und wie kann sich der Bio-Markt da raushalten?

Anuga

Gentechnik – warum muss und wie kann sich der Bio-Markt da raushalten?

ANUGA 2009 - Bio-Kompetenzzentrum

Mit der Frage nach der Einmischung in das Vordringen von Gentechnik in die Landwirtschaft und somit unser Essen befassten sich auf der Anuga Klaus Freidler (Alb-Gold), Thomas Dosch (Bioland), Joseph Jacobi (Upländer Molkerei) und Erika Karner (Agrarmarkt Austria Marketing Österreich, AMA).

Die große Mehrheit der Verbraucher will keine Gentechnik in Lebensmitteln. Schließlich sind weder die Unsicherheiten bezüglich der Auswirkungen von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) geklärt noch haben sich versprochene Vorteile bestätigt. Die Diskussionsrunde machte klar, dass das Hauptproblem mittlerweile daher eher bei den Futtermitteln liege.
Neben Soja als wichtigen Eiweißlieferanten betrifft das die zugesetzten Mineralstoffe und Vitamine, sagte Joseph Jacobi. Im Bio-Landbau sei Gentechnik auf allen Stufen der Produktion tabu. Um den Ansprüchen der Wirtschaft zu entsprechen, müssten aber auch Bio-Bauern teilweise zufüttern. Erst ihrer beharrlichen Nachfrage sei es zu verdanken, dass es mittlerweile überhaupt ‚saubere’ Futtermittel gibt. Thomas Dosch sagte: „Es gibt zwar das Versprechen einer Wahlfreiheit. Doch in der Realität ist das von allen Betroffenen schwierig zu leben.“

Während die Verbraucher bei konventionellen Produkten wie Eiern, Milch oder Wurst nichts über die Futterqualität erführen, müssten Bio-Landwirte ihre Erzeugnisse auf eigene Kosten vor GVO-Verunreinigungen schützen. So bestehe etwa die Gefahr, dass verunreinigtes Saatgut eingeschleppt wird oder dass Insekten veränderte Pollen übertragen. Raps kreuzt sogar direkt auf Wildpflanzen aus. Der Bioland-Präsident verwies außerdem auf die lange Überlebenszeit von Saatgut. Noch nach zehn Jahren seien zum Beispiel GV-Rapssamen im Boden aktiv.

Bioland-Bauern setzen statt Eiweißfutter aus dem Ausland heimische Ware ein, was die Gefahr einer Kontamination verringere. Als Alternative sprach er sich für den ganzheitlichen Ansatz der ökologischen Landwirtschaft aus. Dazu zählten zum Beispiel der Anbau von alten widerstandsfähigen Sorten oder resistente Pflanzen, die durch traditionelle Züchtung entstanden sind. Auch würden Bio-Bauern Unkräuter nicht sofort mit Herbiziden vernichten. Vielmehr nutzten sie diese als Zeigerpflanzen für den Gesundheitszustand des Bodens.

Im Folgenden stellten die Teilnehmer einige Privatinitiativen vor. Erika Karner berichtete aus Österreich. Die Ausgangssituation sei dort im Prinzip recht gut, da auch ein Großteil der konventionellen Anbieter gegen Gentechnik sei. Andererseits habe die Marketingorganisation AMA vor drei Jahren eine Aufklärungskampagne gegen Gentechnik abbrechen müssen, weil einflussreiche konventionelle Betriebe und Politiker protestierten.

In Deutschland gilt die Upländer Bauernmolkerei mit ihrer 2006 eingeführten erfolgreichen Fair-Bio-Milch als Vorreiter für eine Kennzeichnung gentechnikfreier Lebensmittel. Aktuellen Datums ist dagegen die Aktion ‚Spätzle für Saatgut’ von Alb-Gold. Der Nudelhersteller, der sich ebenfalls schon lange zu einer gentechnikfreien Produktion bekennt, unterstützt mit jeder verkauften Packung einen Fond. Dieser soll Forschungsprojekten zugute kommen, die sich um den Erhalt der natürlichen Saatgutvielfalt ohne Gentechnik kümmern.

Das im Sommer von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner vorgestellte Siegel ‚ohne Gentechnik’ sei an sich nicht verkehrt, hieß es bei der folgenden offenen Diskussion. Der Erfolg wurde allerdings in Frage gestellt, da das Ministerium das Siegel in die Hände eines zu noch gründenden Wirtschaftsvereins legen wolle.

Statt mit Resignation endete die Runde mit dem Appell: Kurs halten! Gefordert sei eine Zusammenarbeit der Bio-Branche ebenso wie Kaufleute und Verbraucher, die durch ein kritisches Einkaufsverhalten ihre Macht über den Markt zeigen.

Bettina Pabel

[ Artikel drucken ]


Das könnte Sie auch interessieren

Klare Gentechnik-Kennzeichnung gefordert

Appell an Agrarminister Alois Rainer auf der Anuga

Klare Gentechnik-Kennzeichnung gefordert © VLOG

Zum Thema ‚Neue Regeln für neue GVO: Was kommt auf den Bio- und den konventionellen Ohne-Gentechnik-Sektor zu?‘ wurde am vergangenen Samstag, dem Eröffnungstag der Lebensmittelmesse Anuga in Köln, auf der ‚Anuga Organic on Stage‘ diskutiert. Die Transparenz für Verbraucher muss erhalten bleiben, es braucht zuverlässige Regeln für Kennzeichnung und Koexistenz auch für Neue Gentechnik (NGT) – so die einheitliche Botschaft der Panelisten, die auch direkt an Landwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) gerichtet wurde.

07.10.2025mehr...
Stichwörter: Anuga, Gentechnik

Neue Kampagne für ‚Ohne GenTechnik‘-Siegel gestartet

‚Weißt Du, was Du da isst?‘

Neue Kampagne für ‚Ohne GenTechnik‘-Siegel gestartet © VLOG/Normal

Der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG) hat eine deutschlandweite Kampagne gestartet, um das ‚Ohne GenTechnik‘-Siegel stärker ins Bewusstsein der Verbraucher zu rücken. Unter dem Motto ‚Weißt Du, was Du da isst?‘ werden als Fragezeichen verfremdete Lebensmittel abgebildet, während das ‚Ohne GenTechnik‘-Siegel sichere Gentechnikfreiheit verspricht. Mitentwickelt wurde die Kampagne von der Zürcher Agentur Normal.

14.10.2025mehr...
Stichwörter: Anuga, Gentechnik

Europäische Inseln präsentieren Produkte aus nachhaltiger Landwirtschaft auf der Anuga

Spezialitäten aus Griechenland, Italien und Spanien

Europäische Inseln präsentieren Produkte aus nachhaltiger Landwirtschaft auf der Anuga © INSULEUR

Das EU-finanzierte Projekt MESA (Mediterranean Sustainable Agriculture) zeigte auf der Lebensmittelmesse Anuga in Köln traditionelle Produkte aus Regionen wie Kreta, Sardinien und Mallorca, die sich durch nachhaltige Anbaumethoden, Biodiversitätsschutz und hohe Tierwohlstandards auszeichnen. Besucher konnten sich vor Ort von der Qualität von Olivenöl, Käse, Mandeln, Wein und mehr überzeugen.

10.10.2025mehr...
Stichwörter: Anuga, Gentechnik