Start / Ausgaben / BioPress 53 - November 2007 / Bio-Kontrollen greifen

Anuga

Bio-Kontrollen greifen

Podiumsdiskussion auf der Anuga attestiert Bio-Zertifizierung in Deutschland Sicherheit


Von li. n. re.Thomas Dosch, Kersten Rathmann, Dr. Antonius Woltering und Michael Pickel.
Das genaue Maß an Sicherheit durch die Bio-Zertifizierung vermochte die Expertenrunde im Bio-Kompetenzzentrum auf der Anuga nicht zu beziffern. Die Fachleute, die unter der Leitung von Dr. Alexander Beck vom Arbeitskreis Ökologischer Lebensmittel diskutierte, waren sich aber einig, dass das System funktioniert. „Bio-Produkte sind die am besten kontrollierten Lebensmittel. Große Skandale sind bisher ausgeblieben", lobt Michael Pickel vom Zertifizierer QC&I GmbH die Arbeit der Bio-Kontrollstellen.

Die Bio-Produkte versprechen mit der Öko-Kontrollnummer auf der Verpackung dem Verbraucher Sicherheit. Neue Herkünfte und Marktteilnehmer machen die Bio-Welt zunehmend unübersichtlich und nähren Ängste vor Lug und Trug. Dr. Antonius Woltering vom Landesamt für Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen hält das System für gut gemanagt, koordiniert und entwicklungsfähig. Seine Dienststelle als staatliche Aufsicht über die privaten Zertifizierer muss es schließlich wissen. Dr. Woltering ist ein Kontrolleur der Kontrolleure.

Deutschland ist föderal organisiert und die Kontrolle der EU-Ökoverordnung fällt in die Zuständigkeit der Länder. Das lässt Raum für eine unterschiedliche Interpretationen der EU-Ökoverordnung. Außerdem ist eine länderübergreifende Zusammenarbeit nötig. Wenn in Baden-Württemberg ein Verstoß eines Herstellers aus Niedersachsen entdeckt wird, müssen die Informationen an die örtlich zuständigen Behören weiter gegeben werden. Das gründliche bürokratische Vorgehen auf dem Dienstweg streng nach Vorschrift findet bei Bio-Kleinunternehmen, für die Schnelligkeit eine Frage des Überlebens ist, nicht immer Verständnis. Manche Zentralisten wünschen sich eine Bundeszuständigkeit für mehr Effizienz.


Moderator Dr.Alexander Beck weiß als kompetenter Fachmann die Tehmen auf den Punkt zu bringen.
Anfragen über Staatsgrenzen hinweg, zum Beispiel nach Österreich, werden oft erst nach Wochen oder Monaten beantwortet, wenn die beanstandeten Lebensmittel längst verspeist sind. Sprachbarrieren blockieren manchmal eine Kommunikation. Für Woltering ist wichtig, dass überhaupt Daten fließen und gesammelt werden können, so dass ein Netz geknüpft wird, in dem sich Bio-Sünder verfangen. Ein Hersteller, der mehrfach wegen kleiner Unregelmäßigkeiten auffällt, wird schärfer, öfter und unangekündigt kontrolliert.

Die Bio-Verarbeiter verlassen sich nicht allein auf die Zertifizierungsurkunden. „Die offizielle Kontrollen sind für uns eine selbstverständliche Grundlage. Aber wir untersuchen auch selbst", umreißt Kersten Rathmann von der Wasgau-Metzgerei in Pirmasens die unternehmerische Verantwortung. „Wir stehen mit unserem Namen für unsere Qualität. Wir gehen deshalb selbst mit Audits zu unseren Lieferanten". Doch nicht allein die messbaren Kontrollen zählen. „Wir schicken unsere Mitarbeiter zur Bio-Schulung zu den Erzeugern. Die fühlen sich dadurch unter Beobachtung". Das Personal aus Fachverkäuferinnen und Metzgern besteht zwar nicht aus Bio-Experten, versteht aber umso mehr von Fleisch und übt eine weiche Kontrolle aus.

Der Bioland-Verband versucht, durch Beratung Verstöße gegen die Vorschriften bereits im Vorfeld zu verhindern: „Die Kontrolle schaut zurück. Wenn hier Unregelmäßigkeiten entdeckt werden, ist es schon zu spät", erklärte Bioland-Präsident Thomas Dosch. Die Verarbeiter ermahnte er, nicht blind an Stempel und amtliche Papiere zu glauben: „Die eigene Verantwortung bleibt". Verstöße gegen die Richtlinien können zum Ausschluss aus dem Verband führen. Jährlich trifft es einige, die meinten, sie seien klüger als die Kontrolleure.

Die Runde war sich einig, dass in Deutschland ein engmaschiges Netz aus gesetzlichen und privaten Kontrollen geknüpft ist. Carol Haest vom IFOAM Trade Forum, der im Publikum saß, sah es aus weltweiter Sicht weniger positiv: „Die Sünder firmieren oftmals um und wechseln die Kontrollstelle".

Anton Großkinsky

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