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Kampf um die Rechte der Bauern – seit 1525 bis heute

Fachleute aus aller Welt diskutieren beim VIII. World Organic Forum auf Schloss Kirchberg

Kampf um die Rechte der Bauern – seit 1525 bis heute © Akademie Schloss Kirchberg

Die internationalen Rechte der Bäuerinnen und Bauern sind seit vielen Jahren ein großes Thema: Angefangen bei den ‚Zwölf Artikeln‘ von Memmingen während des Bauernkriegs im Jahr 1523 über die Aufklärung im 18. Jahrhundert bis hin zur ‚Erklärung über die Rechte von Kleinbauern‘ der Vereinten Nationen (UNDROP) im Jahr 2018. Die Akademie Schloss Kirchberg/Jagst und ihr Gründer Rudolf Bühler haben beim ersten World Organic Forum im Jahr 2017 einen der Entwürfe für diese Deklaration formuliert. Bei der achten Konferenz am 30. Juni und 1. Juli in diesem Jahr sollte ein Zwischenfazit gezogen werden.

„Wir kämpfen seit vielen Jahren um die Rechte der Bauern, doch heute nur noch mit friedlichen Mitteln“, sagte Rudolf Bühler zur Begrüßung der internationalen Gäste. Vor sieben Jahren trafen sich erstmals 400 Bäuerinnen und Bauern sowie weitere zivile Institutionen aus der ganzen Welt in Kirchberg und Schwäbisch Hall. „Das Ziel war es, die Bauernrechtsbewegung zu vereinigen und das Thema weiter voranzutreiben.“ Diese Ideen mündeten in die UNDROP, die im November 2018 von der Generalversammlung der UN in New York mit Gegenstimmen unter anderem von den USA oder Großbritannien und bei Enthaltung vieler Staaten des globalen Nordens (darunter Deutschland) angenommen wurde. Die Erklärung bezieht sich nicht nur auf Bauern, sondern auf alle Menschen, die auf dem Land leben, Felder bestellen, Vieh halten, Früchte sammeln oder Fische fangen und davon leben.

Was für Mitteleuropäer in einigen Bereichen bereits Realität ist, muss in den Ländern des Globalen Südens in vielen Fällen noch mit friedlichen Mitteln erkämpft werden. Dazu gehören das Recht auf körperliche Unversehrtheit, angemessene Lebensbedingungen, Bildung, Ernährungssouveränität, eine saubere Umwelt, die Bekämpfung des Klimawandels, Zugang zu natürlichen Ressourcen, Saatgut und Tierrassen, der Schutz traditioneller Anbaumethoden und der eigenen Kultur.

Teilnehmer an der Konferenz auf Schloss Kirchberg aus Ghana, Indonesien, Brasilien, Indien, der Dominikanischen Republik und Peru berichteten vom Stand der Umsetzung dieser Rechte. In vielen Fällen existieren zwar nationale Gesetze, diese werden jedoch häufig von der Regierung selbst, von Unternehmen oder großen landwirtschaftlichen Organisationen umgangen.

Unter anderem stellten Dr. Christophe Golay (Professor für internationale Menschenrechte aus Genf), die bekannte französische Bauernrechtsaktivistin Geneviève Savigny und Dr. Stefan Schmitz (‚Crop Trust‘, Welttreuhandfonds für Kulturpflanzenvielfalt) verschiedene Aspekte der UN-Erklärung zur Diskussion. So leiden etwa 733 Millionen Menschen an Hunger, was etwa neun Prozent der Weltbevölkerung entspricht. Viele von ihnen sind Kleinbauern, die von den Erträgen ihrer Felder nicht leben können. Da viele Menschen weltweit in die Nahrungsmittelproduktion involviert sind, betrifft das Problem der fehlenden Rechte sie direkt. Die Frage, wer welche Rechte gegen wen einfordern kann, konnte nicht abschließend geklärt werden.

Ein großes Problem für viele Bauern sind Finanzkonzerne, die Land als Anlage kaufen und somit die Preise hochtreiben. Die Chemieindustrie möchte Saatgut und Tierrassen patentrechtlich schützen lassen, um sie zusammen mit entsprechenden Düngern, Pflanzenschutzmitteln und Medikamenten zu vermarkten und so den Zugang zu ihnen zu beschränken. Die ursprünglichen Pflanzen und Tiere dieser ‚Produkte‘ sind meist durch die jahrzehntelange Zucht traditionell wirtschaftender Bauern entstanden.

Die Teilnehmer zogen ein positives Fazit des zweitägigen Fachkongresses auf dem ‚Bauernschloss‘ in Kirchberg. Sie waren sich einig, dass eine gewaltfreie Revolution wichtig ist, um die Rechte der Bäuerinnen und Bauern weltweit durchzusetzen. Es sei eine Bereicherung gewesen, so viele Menschen zu treffen und eine globale Perspektive zu gewinnen. Das Schloss Kirchberg sei ein wichtiger Ort für den internationalen Austausch und die Zusammenarbeit der Menschen aus ländlichen Regionen.

Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, Direktor der Akademie, zeigte sich besonders von der positiven Atmosphäre der Tagung beeindruckt: „Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wollen gemeinsam die Stimme für die Rechte der Bauern erheben.“ Dr. Rudolf Buntzel, Kurator und Organisator des Programms, forderte darum: „Die UNDROP ist verabschiedet, nun muss sie endlich weltweit umgesetzt werden.“ In enger Zusammenarbeit mit Geneviève Savigny und der UN-Arbeitsgruppe für die Erklärung der Rechte von Kleinbauern (UNDROP) wollen sich die Stiftung Haus der Bauern und die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall im Rahmen ihres Engagements bei den Vereinten Nationen in New York und Genf für die Umsetzung von UNDROP stark machen und dabei Arbeitsvorschläge aus dem World Organic Forum einbringen. Alle Teilnehmer waren sich einig, dass es in vielen Ländern großes Potenzial für die Verankerung der Deklaration im Alltag gibt.

Im Vorfeld des World Organic Forums stimmten ein wissenschaftliches Symposium des Historischen Vereins für Württemberg-Franken in Schwäbisch Hall sowie das ‚Kirchberger Fest‘ auf das Thema ein. Aus verschiedenen Perspektiven wurde der Bauernkrieg von 1523 beleuchtet. Dabei wurde unter anderem klargestellt, dass der Bauernkrieg weit mehr als ein Aufstand von Bauern war und historisch als Aufstand des ‚gemeinen Mannes‘ zu sehen ist. Auch die Rolle des Reformators Martin Luther als Auslöser des Aufruhrs wurde thematisiert. Abgerundet wurden die Veranstaltungen durch Konzerte, Lesungen, Bildbetrachtungen und eine filmische Darstellung der Erhebung sowie einen ökumenischen Friedensgottesdienst.

Thorsten Hiller

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