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BIOimSEH auf der Biofach

Bio-Vollsortimente – ein nachhaltiges Angebot für selbstständige Kaufleute

BIOimSEH auf der Biofach
Bernward Geier und Renate Künast zu Gast in der Experten Lounge mit ihrer Buchvorstellung über Nutztiere.

Bio ist mit aktuell rund acht Prozent Bio-Anteil am Lebensmittelumsatz zum Selbstläufer geworden. Dabei können nicht alle Entwicklungen unumschränkt befürwortet werden. Zu viel Konzentration, wie im konventionellen LEH, verlangt nach Deregulierung und Entzerrung. Mehr Bio-Marken, weniger Handelsmarken würden zu mehr verbrauchergerechter Vielfalt führen. bioPress begleitet die Bio-Entwicklung in den Mainstream unbeirrt und hat nach 20 Jahren Engagement für das Bio-Vollsortiment auf der Anuga in Köln jetzt in Nürnberg die Sonderschau ‚Meetingpoint BIOimSEH – supported by Biofach‘ entwickelt. Damit werden seit 2023 die selbstständigen Kaufleute auf der Biofach direkt angesprochen.

Seit Jahrzehnten füllen Bioanbieter die Messehallen der Weltleitmesse für Bioprodukte.

Der begleitende Bio-Kongress platzt mit vielfältigen Themen aus allen Nähten. Der Naturkostfachhandel wird dabei noch immer als Zentrum der Vermarktung mit viel Platz inmitten des Messegeschehens angesiedelt, obwohl nur noch mit weniger als einem Viertel am gesamten Bio-Absatz von 16 Milliarden Euro per Anno beteiligt. Der globale Umsatz der Bio-Branche liegt im Jahr 2023 bei fast 140 Milliarden Dollar.

Jetzt wird von politischer Seite her in Deutschland die Außer-Haus-Verpflegung forciert, um das gesteckte Ziel von 30 Prozent Bioanteil zu erreichen. Weitere Randthemen wie vegan – wir zählen aktuell rund zwei Prozent Veganer – sind aufmerksamkeitsstark platziert, genauso wie plant-based, regenerative Landwirtschaft oder Shows für einzelne Warengruppen wie Olivenöl und – natürlich – Neuheiten und die Wahl des beliebtesten Produkts des Jahres.

Siegeszug der Eigenmarken

Der eigentliche Motor von Bio ist in der Zwischenzeit im Mainstream angesiedelt. Dem muss mehr Rechnung getragen werden. Das sehen viele Experten und Marktbeobachter genauso. Rund 60 Prozent Handelsmarken beherrschen die Bio-Absatzmengen. Das ist weit mehr als im konventionellen Absatzmarkt. Die Gründe dafür sind einfach. Zu Beginn der Biomarktentwicklung im Mainstream wollten die Bio-Hersteller nicht von ihrer Fachhandelstreue lassen und lieferten nicht an den LEH. Da blieb dann nur die Konzentration auf Eigenmarken. Der Handel verdient gut an Bio, das bestätigte ein Rewe-Jahresbericht von Vorstand Caparros Mitte des letzten Jahrzehnts: Bio sei die bestverdienendste Rewe-Eigenmarke.

Die starke Wertschöpfung wurde auch von den Discountern entdeckt. Aldi stieg 2004 ein und kreierte seine Bio-Eigenmarken mit ersten 27 Artikeln in Bioqualität. Die Discounter werden seit einigen Jahren, zum Leidwesen der Pioniere unter den Bio-Herstellern, tatkräftig von den Bio-Verbänden unterstützt.

Bio-Marken sind im Bio-Angebot der Lebensmittelmärkte weit unterrepräsentiert. Die Hersteller produzieren für die Handelsmarken und müssen befürchten, dass sie, sobald kritische Mengen erreicht werden, von größeren Produzenten abgelöst werden, die bisher nicht bio-zertifiziert waren. Sobald es sich lohnen wird, springen die auf. Sie werden um die knapper werdenden Rohstoffe buhlen. Den klassischen Bio-Verarbeitern steht dann eine harte Zeit ins Haus.

Lücken in der Bio-Frische

Die großen Handelshäuser besetzten das Thema Bio mit dem Anspruch auf Nachhaltigkeit, ohne sich dabei als Vollsortimenter tatsächlich auch für Bio-Vollsortimente zu interessieren. Zu groß sind die Lücken im Angebot und vielfach fehlen ausgewogene Sortimente, die anspruchsvolle Verbraucherbedürfnisse befriedigen.

Die zentralen Systeme im Lebensmittelhandel sind zu schwerfällig und die Kaufleute meist zu weit weg von der Wertigkeit der Lebensmittel. Sie orientieren sich hauptsächlich an betriebswirtschaftlichen Faktoren und nehmen nur Bio-Produkte in die Hand, die sie in allen ihren Filialen unterbringen können. Oder die leicht zu handhaben sind. Salat beispielsweise gibt es nicht immer, Brot selten, Fleisch, Wurst und Käse nur marginal und meist auch bei Vollsortimentern mit Frischetheken nur im SB-Regal. Im Trockensortiment tut sich seit geraumer Zeit mehr, TK, Getränke und weitere Randsortimente wie beispielsweise Süßwaren werden vernachlässigt. Es fehlt an Erfahrungen.

Meetingpoint mit Blick auf Neues

BIOimSEH auf der Biofach will all dies mit der Bio-Experten-Lounge thematisieren und die Kaufleute dorthin zum Dialog einladen. Kontakte zu Bio-Experten und Gedanken- und Ideen-Austausch können zu Lösungen führen. Es muss nicht unbedingt jedes Produkt flächendeckend und nicht bei allen zugleich im Angebot sein, wie das bei Zentraleinkäufern immer auf dem Zettel steht.

Der Meetingpoint wird ein Klima für Entwicklungen schaffen. Das bisherige Marktumfeld wird sich durch das Engagement einer zunehmenden Anzahl von Kaufleuten verändern. Schon existente Leuchttürme für Bio im Mainstream zeigen, was möglich ist und wie es funktionieren kann.

Die Biobranche muss wegkommen vom Blick auf das Historische und sich konzentrieren auf Neues. Es gilt, dafür Expertisen zu schaffen und sie zugänglich zu machen. Diese Entwicklung kann nicht von den Kaufleuten selbst und alleine getragen werden. Es braucht unabhängige Unterstützung. So wie den Bauern Hilfe zur Umstellung auf Bio zugestanden wird, muss auch dem Handel bei der Transformation seiner Sortimente zu mehr Bio geholfen werden.

Dass dieser Prozess von den Handelsvorstufen so nicht angepackt wird, ist eine gute Gelegenheit, deren Macht über die Outlets aufzubrechen, neue Strömungen einzubringen und die bisher als unabdingbar gesetzten Abhängigkeiten zu verändern. Die Öko-Verbände haben das auf ihrer Ebene vorgemacht. Deren Bio-Labels mit dem höheren Nachhaltigkeitsstandard gibt es nicht unter den Bedingungen ‚immer besser, immer billiger‘. Da muss dazugelernt werden.

Lebensmittel in den Mittelpunkt tragen

Bis zum Bio-Vollsortiment im SEH ist mehr Ausgewogenheit notwendig, es braucht Zugeständnisse bei der Entwicklung von Bio-Sortimenten unter Einbeziehung auch regionaler Bio-Lieferanten wie Bio-Gärtnern, Bio-Metzgern und Bio-Bäckern oder Bio-Käsereien – wo es sie gibt. Mit dem Einsatz von Bio-Großhändlern oder gar einer Bio-Vorstufe für alle werden Bio-Vollsortimente für eine breite Bevölkerungsschicht verfügbar und das 30/30-Prozent-Ziel greifbarer.

Der Meetingpoint BIOimSEH im Herzen der Biofach wird zukünftig diesen Prozess beflügeln. Eine Bio-Drehscheibe ermöglicht selbstbewussten und zukunftsorientierten Kaufleuten einen bisher nicht gedachten Zugang zu Bio-Vollsortimenten, adäquat zum konventionellen Vollsortiment. Lebensmittel anbieten und verkaufen anstatt Regale einräumen und den Nerv der Verbraucher nicht nur treffen, sondern auch kitzeln, muss wieder allen Lebensmittel-Einzelhandelskaufleuten Spaß machen. Das kann gelingen, wenn sie ihre Aufgaben auch wieder als Arbeit am Gemeinwohl sehen lernen. Gesunde, natürliche, frische und schmackhafte und dabei vor allem chemie- und pestizidfreie Lebensmittel liegen im Trend der Zeit. Schon vor 20 Jahren hat diese Entwicklung begonnen. Sie ist jetzt am Point of no Return angekommen und in der Lage, viele Menschen zu begeistern.

Erich Margrander

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