Start / Business / Themen / Recht / Durchblick im neuen Bio-Recht

Recht

Durchblick im neuen Bio-Recht

Leitfäden von BÖLW und IFOAM bieten Hilfestellung

Seit Januar ist es soweit: Die neue EU-Öko-Verordnung ist in Kraft und bringt zahlreiche Neuerungen für die gesamte Bio-Branche. Erhofft wird mit ihrer Hilfe etwa eine größere Freiheit von Pestiziden und mehr Vielfalt durch neue Bio-Saatgutsorten. Befürchtet wird eine weitere Zunahme des bürokratischen Aufwands. Über Leitfäden gibt die Bio-Branche Verarbeitern, Landwirten und Handel eine Hilfestellung an die Hand.

Mit der Verordnung (EU) 2018/848 ist die alte Verordnung 834 aus dem Jahr 2007 passé. Wie gewohnt in der EU hatte die Neuerung einen langen Verlauf. Bereits im November 2017 hatten die EU-Staaten der neuen Fassung zugestimmt, 2018 wurde sie verabschiedet. Unter anderem durch die Corona-Pandemie wurde das Inkrafttreten nochmals weiter verschoben, seit Anfang 2022 ist die neue EU-Öko-Verordnung nun endlich gültig.

IFOAM: detailreiche Übersicht für Fachleute, mit noch ein paar Baustellen

Gerade für mittlere und kleine Unternehmen, die in der Bio-Branche überwiegen, stellt die Umsetzung und Orientierung im neuen Regeldschungel eine Herausforderung dar. 35 verschiedene Dokumente müssen gesichtet werden, um ein vollständiges Bild der neuen EU-Öko-Verordnung zu bekommen, erklärt der internationale Bio-Dachverband IFOAM Organics Europe. Dazu kommen viele Verweise zu anderen Teilen der EU-Gesetzgebung (zu den Themen Lebensmittel, Kontrollen, Dünger, Aromastoffe etc).

Als Hilfestellung hat der internationale Bio-Dachverband einen Leitfaden ins Leben gerufen, der Informationen vorsortiert für die verschiedenen Produktgruppen und Branchen bereitstellt.

Neun Kapitel sind bereits fertiggestellt, vier sind noch in Bearbeitung:

  • Geltungsbereich
  • Pflanzenproduktion
  • Geflügel
  • Pflanzenfresser
  • Schweine
  • Aquakultur (in Kürze verfügbar)
  • Bienenzucht (in Kürze verfügbar)
  • Lebensmittelverarbeitung
  • Wein
  • Etikettierung (in Kürze verfügbar)
  • Kontrolle und Zertifizierung
  • Internationaler Handel und Importe
  • Gruppenzertifizierung (in Kürze verfügbar)

Für Mitglieder von IFOAM Organics Europe gibt es einen kostenlosen Zugang pro Unternehmen, anschließend wird eine Gebühr von 150 Euro erhoben. Auch Mitglieder der übrigen Unterorganisationen von IFOAM und des Dachs IFOAM Organics International müssen einmalig 150 Euro zahlen. Für Nicht-Mitglieder liegt der Preis bei 300 Euro, für Verarbeiter aus Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen bei 75 Euro.

Sponsoren des Projekts sind unter anderen die Zertifizierer Ecocert und Certicys und der Anbauverband Bio Austria. Der Leitfaden wird außerdem vom Umweltschutz-Programm LIFE der Europäischen Union unterstützt. Um die Website auch in Zukunft aktualisiert zu halten, ist IFOAM auf der Suche nach weiteren Sponsoren. Besucher können auch durch Feedback weiterhelfen, an organicregulation@organicseurope.bio.

BÖLW: Leicht zugänglicher Leitfaden, auch für Neulinge
Auf der Website www.allesueberbio.de will der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) das neue EU-Recht nach eigenem Anspruch für alle verständlich machen. Das Projekt wurde mit Mitteln der Landwirtschaftlichen Rentenbank realisiert und steht nun der Allgemeinheit kostenlos zur Verfügung. Tatsächlich ist dem Verband mit der neuen Übersichtsseite ein unkomplizierter Zugang zum Thema Bio-Recht gelungen, der in fast schon kindgerechter Sprache an die verschiedenen Regelungen heranführt und dabei immer wieder Verweise zu den entsprechenden Artikeln der aktuellen Gesetzgebung auf Deutsch beinhaltet. Der BÖLW-Leitfaden geht dabei über die EU-Öko-Verordnung hinaus und teils auch auf die spezielle Situation in Deutschland ein.

Verbleibendes Manko: Die entsprechenden Links führen bislang oft nur zum kompletten Text und nicht zu den einzelnen Artikeln. Direktlinks, über die ein Beitrag zu mehr Transparenz geleistet werden und das Bio-Recht noch besser nachvollziehbar gemacht werden könnte, sind bisher nur sehr sporadisch zu entdecken. Auch lässt sich nicht erkennen, welche Regelungen neu hinzugekommen sind, und zwischendurch sind Bio-Informationen ohne Quellenangabe enthalten. Wer nach detaillierteren Infos sucht, kommt bisher um die Lektüre der Original-Gesetzestexte nicht herum.
Die komplette Verordnung (EU) 2018/848 ist unter http://www.eur-lex. europa.eu via Schnellsuche nach 2018/848 einsehbar. Weitere gute Leitfäden und aktualisierte Infos bieten die Zertifizierungsorganisationen ABCert, ÖkoP und GfRS auf ihren Homepages.

Lena Renner

[ Artikel drucken ]

Ticker

Das könnte Sie auch interessieren

Bio-Branche kritisiert EU-Entwurf zur Neuen Gentechnik

„Ohrfeige für Verbraucherschutz und Wahlfreiheit“

Die EU-Kommission plant eine Lockerung des europäischen Gentechnikrechts, nach dem bestimmte Pflanzen, deren Erbgut durch neue gentechnische Verfahren wie etwa CRISPR/Cas verändert wurde, in Zukunft nicht mehr unter das Gentechnikrecht fallen. Das geht aus einem noch unveröffentlichten Entwurf hervor, der im Juli offiziell vorgestellt werden soll. Die Bio-Branche übt scharfe Kritik an dem Vorschlag.

16.06.2023mehr...
Stichwörter: Recht, EU-Recht, BÖLW, IFOAM

Biofach-Kongress 2024: Frauen im Mittelpunkt

‚Call for Ideas‘ startet Mitte August

Biofach-Kongress 2024: Frauen im Mittelpunkt © NuernbergMesse / Thomas Geiger

Vom 13. bis 16. Februar 2024 findet im Messezentrum Nürnberg die nächste Biofach statt. Der Kongress rückt im nächsten Jahr die transformative Kraft von Frauen im Lebensmittelsektor sowie ihre Rolle für eine nachhaltigere Zukunft des Ernährungssystems in den Fokus. Das Schwerpunktthema wurde wie üblich vom internationalen Schirmherrn IFOAM – Organics International und vom nationalen ideellen Träger BÖLW (Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft) bestimmt.

03.08.2023mehr...
Stichwörter: Recht, EU-Recht, BÖLW, IFOAM

Deutsche Umwelthilfe klagt gegen Zulassung von Roundup PowerFlex

Glyphosat-Totalherbizid auf der Anklagebank

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat mit fachlicher Unterstützung von foodwatch eine Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig eingereicht. Die Zulassung des Glyphosat-Totalherbizids Roundup PowerFlex von Monsanto soll nach Meinung der Verbände aberkannt werden. Sie verstoße gegen die EU-Pflanzenschutzmittelverordnung, die ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt sicherstellen soll.

26.07.2023mehr...
Stichwörter: Recht, EU-Recht, BÖLW, IFOAM