USA
Skandal um die größte Bio-Molkerei in den USA
Zertifizierer mitschuldig?
Das US Landwirtschaftsministerium zwingt die größte amerikanische Bio-Molkerei Aurora, die Verarbeitungskapazität zu reduzieren und das Biosiegel von einigen Milchprodukten zu entfernen. In Euorpa würde dem Unternehmen voraussichtlich die Biozertifizierung für einen bestimten Zeitraum entzogen. Eurora kann in den USA weiter Bio produzieren.
Das US Landwirtschaftsministerium hat jüngst ein gesetzliches Vorgehen gegen die Aurora Bio Milch in Boulder angekündigt. Aurora wirtschaftet auf fünf Standorten mit mehreren tausend Tieren. Die Milch wird für Hausmarken verschiedener Supermarktketten, einschließlich Wal-Mart, Costco, Target, Trader Joe’s und Safeway abgefüllt. Weiterhin werden Milchprodukte auch unter dem eigenen Logo „High Meadows“ abgepackt. Nach Aussagen des Ministeriums „sollen bestimmte Tiere aus den Herden genommen und das Biosiegel von einigen Milchprodukten entfernt werden.“
Massiver Preisdruck bei Biomilch in den USA
In diesem Jahr sind die biologisch wirtschaftenden Milcherzeuger, bei denen es sich zum größten Teil um kleinere Familienbetriebe handelt, die sich aus ethischen Gründen für die Bioproduktion entschieden haben, durch das enorme Engagement der Großmolkereien im Biobereich einem starken Preisdruck ausgesetzt.
Mutwillige Verstöße
Bei den Verstößen gegen die Bioverordnung handelt es sich keinesfalls um Schlamperei, sondern um vorsätzliche Handlungen, so das US Landwirtschaftsministerium. „Es handelt sich um grobe Gesetzesverletzungen eines Unternehmens mit mehreren Millionen Dollar Umsatz, “ sagte Kastel. „Aurora hat damit der Wettbewerbsfähigkeit und der Glaubwürdigkeit der amerikanischen Familienbetriebe einen nicht wieder gut zu machenden Schaden zugefügt.“
Diese Aktion ist das Ergebnis einer Untersuchung des Cornucopia Instituts aus den Jahren 2005 und 2006, durch die verschiedene Verstöße gegen die nordamerikanische Bio-Verordnung festgestellt wurden. Cornucopia, eine Agrar-Interessenvertretung mit Sitz in Wisconsin, hat bei seinen vor Ort-Besichtigungen auf den Biomilch-Produktionsstandorten von Aurora in Colorado und Texas Beweise gefunden, die die Vorwürfe des Landwirtschaftsministeriums untermauern.
„Auf der einen Seite sind wir zufrieden, dass das US-Landwirtschaftsministerium der Molkerei Aurora weitreichende Änderungen auferlegt hat. Auf der anderen Seite haben wir das Gefühl, dass das Minisaterium nicht weit genug gegangen ist,“ mein Marc Kastel , Chef-Agrar-Analyst des Cornucopia-Instituts. „Wir denken, dass Aurora dafür, dass sie die Integrität der Bio-Branche und das Verbrauchervertrauen durch überfluten des Marktes mit falscher Biomilch derartig missbraucht haben, eine angemessene Bestrafung auferlegt wird“, fügt Kastel hinzu.
Cornucopia hat, vom US Landwirtschaftsministerium bestätigt, festgestellt:
Dass Aurora tausende von Tieren in Anbindehaltung aufstallt, statt ihnen Weidegang zu ermöglichen
Aurora hat die Bestandsergänzung mit Tieren einer konventionellen Rinderaufzuchfarm ohne Biozertifikat vorgenommen.
Aurora hat Biofutter von einem Freund des Herdenmanagers zugekauft, der allerdings seine Äcker mit Herbiziden behandelt hat.
Aurora hat Tiere als Tiere aus Biohaltung unter Verletzung der zulässigen Vorgaben zur Umstellung auf den Biolandbau ausgewiesen.
Der schwerwiegendste Verstoß war jedoch die Etikettierung, das Anbieten und Verkaufen von Ökomilch, ohne dass das Produkt den hierfür geltenden Normen entsprach – und dies mutwillig.
Aurora bleibt Biolieferant
Im Ergebnis der Verhandlungen des US Landwirtschaftsministeriums mit Aurora wird dem Unternehmen jedoch gestattet, weiter als zertifizierter Biomilchbetrieb zu wirtschaften. Das Unternehmen wurde jedoch darauf hingewiesen, unter besonderer Beobachtung zu stehen und bei einem weiteren Verstoß der komplette Entzug der Biozertifizierung angedroht.
Cornucopias Quellen im Ministerium berichten, dass das Ministerium bereits seit 18 Monaten auf Sanktionen gegen Aurora hinwirkt. Aurora versucht aber diese durch politische Schachzüge auf ein Minimum zu reduzieren.
Sofortmaßnahmen müssen umgesetzt werden
In der Festlegung des Ministeriums wird festgehalten,
dass am Standort Platteville der Weidegang in jedem Fall gewährleistet werden muss und
dass die Laktationszeiten der Milchkühe nicht als Begründung für eine vorübergehende Anbildehaltung herhalten kann.
Der Viehbestand muss auf die verfügbare Weidefläche angepasst werden.
Nicht den Öko-Normen entsprechend gehaltene Kühe müssen aus der Herde entfernt werden.
Bestandsergänzung darf nur in Übereinstimmung mit dem Bundes-Bio-Programm erfolgen.
Aurora hat darüber hinaus zugestimmt, sich neu nach den Biorichtlinien zertifizieren zu lassen.
Weiterhin hat Aurora zugestimmt, die Biodokumentation beim Tierzukauf zu verschärfen.
Zertifizierer mitschuldig?
Das Cornucopia Institut hat überdies noch Überprüfungen der Zertifizierungsunternehmen, die die genannten „Verstöße“ übersehen haben, angekündigt. „Die Zertifizierer haben offensichtlich nicht nur ordentlich die Einhaltung der geltenden Bio-Verordnungen kontrolliert, sondern haben Aurora gegenüber dem US Landwirtschaftsministerium beim Herunterspielen der Sachverhalte unterstützt,“ stellt der Forschungsleiter des Cornucopia Instituts, Will Fantle, fest. „Hier herrscht Handlungsbedarf!“ Zertifizierer sind auch in den USA gesetzlich zu absoluter Unabhängigkeit insbesondere gegenüber den zu prüfenden Unternehmen verpflichtet.
Neue Chance für kleine Familienbetriebe?
Das Cornucopia Institut, das eine Überprüfung einer weiteren Biomilch-Großproduktion mit über 8000 Kühen veranlasst hat, geht davon aus, daß sich der LEH nun aus Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Verbrauchern von Aurora und anderen Großproduzenten distanzieren wird. Zu Engpässen werde es dabei nicht kommen, da derzeit ein großes Überangebot an Biomilch bestünde, der auf diesem Wege abgebaut werden könne.
Die vom Landwirtschaftsministerium auferlegten Maßnahmen werden Cornucopia zufolge voraussichtlich 3,3 Millionen Doller kosten. Aurora hat bereits angekündigt, seinen Milchkuhbestand drastisch zu reduzieren. Außerdem sollen drei Viertel der Stallungsgebäude abgerissen und neues Grünland angelegt werden, um den vorgeschriebenen Weidegang der Tiere zu gewährleisten.