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Wahre Kosten?!

Konventionell erzeugte Tierprodukte müssten drei Mal teurer sein

Die Produktion unserer Lebensmittel ist mit Umweltbelastungen verbunden, deren Kosten bei der Preisbildung nicht einbezogen werden. Wie hoch diese sind, damit setzt sich eine Studie der Universität Augsburg auseinander. Die Wissenschaftler nahmen sich drei maßgebliche Umweltbelastungen vor: Stickstoffeintrag, Klimagase, Energieerzeugung. Dabei wurde eindeutig gezeigt, dass Bioprodukte in allen Kategorien deutlich geringere Folgekosten verursachen als konventionell erzeugte Lebensmittel.

Auftraggeber der Studie How much is the dish –was kosten uns Lebensmittel wirklich? waren die Münchner Tollwood GmbH für Kultur-und Umweltaktivitäten und die Schweisfurth Stiftung. Für die Autoren, die Wissenschaftler der interdisziplinären Arbeitsgruppe Märkte für Menschen der Universität Augsburg, ist das Thema seit Jahren aktuell: Sie beschäftigten sich schon 2016 in einer ersten Studie mit den Folgekosten aufgrund von Antibiotikaresistenzen und Nitrat-/Stickstoffbelastung. Damals waren sie der Überzeugung: Würden alle negativen Folgen der industriellen Landwirtschaft für Mensch, Tier und Umwelt auf den Preis unserer Lebensmittel aufgeschlagen, würde das Preispendel sehr schnell zugunsten der ökologisch erzeugten Lebensmittel ausschlagen. In der neuen Studie konnten sie dies genauer quantifizieren.

Konventionelle tierische Produkte am wenigsten preisgerecht

Am größten sei der Unterschied zwischen den Marktpreisen und dem, was eigentlich veranschlagt werden müsste, bei konventionell hergestellten Produkten tierischen Ursprungs. Hier müssten die Erzeugerpreise etwa beim Dreifachen liegen, genauer bei einem Aufschlag von 196 Prozent. Bei kon- ventionell hergestellten Milch- produkten seien es 96 Prozent und bei pflanzlichen Produkten etwas weniger als ein Drittel (28 Prozent). Bei den Bio-Produkten liegt die Spanne dagegen von 82 Prozent für tierische Produkte bis nur noch bei sechs Prozent bei pflanzlichen.

Bei den tierischen Produkten sei es die energieintensive Aufzucht der Nutztiere, die zu den hohen Folgekosten führe: Einbezogen werden muss etwa der Futtermittelanbau und die Heizung, Belüftung und sonstige Wartung der Ställe, aber auch der Stoffwechsel der Tiere. Der größte Teil der Folgekosten sei durch den Stickstoffeintrag und dessen Auswirkungen auf die Umwelt verursacht, gefolgt von den Auswirkungen der Treibhausgase und der verbrauchten Energie. Dass die Bio-Produkte ohne Ausnahme so viel besser abschnitten, läge vor allem am geringeren Einsatz von industriell produziertem Kraftfutter. Die pflanzlichen Bio-Produkte verursachten hauptsächlich wegen des Verzichts auf mineralischen Stickstoffdünger beim Pflanzenanbau die geringeren externen Kosten.

Unwahre Preise sind Marktversagen

Einer der Hauptautoren der Studie, Tobias Gaugler vom Institut für Materials Resource Management der Universität Augsburg, fasst zusammen: „Für viele negative Klima-, Umwelt- und Gesundheitsfolgen, die sich aus der Produktion von Lebensmitteln ergeben, kommen aktuell weder die Landwirtschaft noch die Konsumenten auf. Die hiermit verbundene Preis- und Marktverzerrung stellt – ökonomisch gesprochen – eine Form von Marktversagen dar, der es mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen zu begegnen gilt. Ausgehend von unseren Ergebnissen und dem polluter pays principle (Der Verursacher zahlt) der UN folgend, müssten insbesondere Produkte aus konventioneller Nutztierhaltung deutlich mehr kosten, als dies aktuell in Deutschland der Fall ist.“

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die tatsächliche Preisdifferenz noch erheblich größer sei, als in ihrer Studie beziffert. Denn weitere Umweltfolgen, wie etwa die gesellschaftlich-sozialen Auswirkungen von Antibiotikaresistenzen oder die ökologischen Auswirkungen durch den Pestizid-Einsatz, wären wegen der unzureichenden Datenlage überhaupt nicht einbezogen worden.

Politisches Eingreifen ist hier gefragt

Die Schlussfolgerung von Anton Hofreiter, dem Franktionsvorsitzenden Bündnis 90/ Die Grünen bei einer Podiumsdiskussion auf der Biofach 2019: “Die Preise lügen. Die Agrarindustrie nutzt vor allem die mangelnden gesetzlichen Vorgaben, um Kosten auf die Gesellschaft abzuwälzen. Es ist vor allem die Verantwortung der Bundesregierung, dies zu ändern.“

Elke Reinecke

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