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Vertriebsqualität vor Vertriebskanal

Demeter setzt Fokus auf Produktqualität

Der werteorientierte Bio-Anbauverband Demeter hat sich durch die Überarbeitung seiner Vertriebsstrategie in den letzten Jahren dem qualitätsorientierten LEH geöffnet. Es gilt „Demeter für alle“ – aber ohne Abstriche bei den Anforderungen an Qualität und Wertschöpfung.

Demeter ist der älteste und bekannteste Bio-Verband in Deutschland (Statista 2018). Gegründet wurde er 1927 von anthroposophischen Landwirten nach Ideen ihres Vordenkers Rudolf Steiner. Seit 1997 ist der Verband mit Demeter-International auch über Deutschland hinaus aktiv.
Der Verband steht für Kreislauflandwirtschaft und Verarbeitungsprozesse, die an ursprüngliche, handwerkliche Verfahren angelehnt sind. So entständen gering verarbeitete, authentische Produkte, mit Wertigkeit statt Gleichförmigkeit. „Was kann ich aus dem Lebensmittel für mich selbst schöpfen?“, ist für Demeter-Vorstand Johannes Kamps-Bender eine zentrale Frage.

Seit letztem Jahr steht Kamps-Bender dem bisherigen Vorstand Alexander Gerber gleichberechtigt zur Seite. Der Betriebswirt und Nebenerwerbs-Arche-Bauer bringt mehr als zwanzig Jahre Führungserfahrung mit und ist Experte in strategischer Markenbildung, Markenführung und –kommunikation.

Demeter Aktiv-Partner-Konzept

Lange war für Demeter der Naturkostfachhandel nicht nur bevorzugter sondern offiziell auch einziger Vertriebskanal. Vor 15 Jahren wurde für die dem Verband angeschlossenen Bio-Fachhändler aus Deutschland und dem deutschsprachigen Ausland ein eigenes Aktiv-Partner-Konzept aufgesetzt, in dem Verpflichtungen des Verbandes und der Aktiv-Partner festgeschrieben wurden. Großhändler benötigen einen entsprechenden Großhandelsvertrag. Derzeit existieren solche Verträge mit mehr als 100 Vertragsgroßhändlern.

Die Beschränkung des Handels mit Demeter-Waren auf den Fachhandel sei in der Realität aber nie vollständig eingehalten worden: „Diese Fachhandelsstrategie hatte von Beginn an Löcher“, sagt Gerber. Am Ende sei es ein „Schweizer Käse“ gewesen. Zum Beispiel wurde seit Anfang der 80er Jahre Demeter-Milch vom Berchtesgadener Land in der Edeka verkauft. „Das ging meistens von Landwirten aus, die ihre biodynamisch erzeugten Produkte gerne auch als Demeter-Produkte anstatt nur als Bio vermarkten wollten“, erläutert Gerber.

Vom Schweizer Käse zu Transparenz

Für einen transparenten Umgang musste der Verkauf von Demeter-Produkten auch im konventionellen Lebensmittelhandel geregelt werden. Der Verband beschloss, den Handel mit Demeter-Produkten nicht anhand von Kanälen, sondern nach qualitativen Kriterien festzulegen.
Seit Ende 2016 dürfen auch Verkaufsstellen des Lebensmitteleinzelhandels Demeter-Ware anbieten. Voraussetzung ist der Abschluss eines Handelsvertrags sowie die Belieferung über einen Demeter-Vertragspartner, also einen Erzeuger, Verarbeiter oder Großhändler.

Neue Demeter-Vertriebsgrundsätze

Um Demeter-Vertragspartner zu werden, muss ein Händler einen Bio-Umsatz nachweisen, der mindestens ein Prozent höher liegt als der Bioanteil am Lebensmittelumsatz in Deutschland wie er jährlich vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) ermittelt wird (2017 aufgerundet zirka sechs Prozent). Mindestens zehn Prozent des Bio-Umsatzes sind mit Demeter-Produkten vorgeschrieben und ein breites Bio-Sortiment mit einer Richtgröße von momentan 800 Produkten. So verfügbar, soll in jedem Sortimentsbereich zumindest eines vorhanden sein.

Die Unternehmer verbinden sich ausdrücklich mit den Grundsätzen und Werten von Demeter. Für den konventionellen LEH sind regelmäßige Betriebsentwicklungsgespräche und Personalschu- lungen Pflicht, und in den Läden muss Informationsmaterial für die Kunden vorhanden sein. Schließlich verlangt Demeter die Bildung langfristiger Lieferantenbeziehungen.

Damit umfasse nach Gerber Demeter-Qualität die Wertschöpfungskette von der Scholle bis zur Ladentheke: Dem Prozess der Vertriebsqualität werde Vorrang vor dem Fokus auf den Vertriebsweg gegeben. Entscheidend sei die Qualität der Zusammenarbeit zwischen den Handelspartnern. Inzwischen gibt es Verträge mit dm, Globus, Edeka Südwest und vier weiteren Regionalgesellschaften. Über diese können die selbstständigen Kaufleute partizipieren.

Biodynamisches Siegel für Handelsmarken

Handelsmarken wie Alnatura oder dm-Bio dürfen ein eigens geschaffenes biodynamisches Siegel nutzen, wenn die Lebensmittel von anerkannten Demeter-Herstellern produziert wurden. Auch hier müssen die Händler ein breites Sortiment an Bio-Produkten anbieten, das seien zurzeit mindestens 800 Artikel.

Für Drogeriemärkte gilt die momentane Richtgröße von 800 Produkten nicht. Sie müssen aber von den geforderten zur Zeit sieben Prozent Bio-Umsatz mindestens sechs Prozent mit den gesiegelten Produkten machen, um dauerhaft Demeter-Ware vertreiben zu können. Die Drogeriemarktkette dm setzt seit März letzten Jahres als erster Partner das neue Demeter-Siegel für ihre Eigenmarken ein.

Eines ist laut Gerber und Kamps-Bender weiterhin unstrittig: Im Discount werden auch in Zukunft keine Demeter-Produkte zu finden sein. „Wir haben eine klare rote Linie zum Discount“, stellt Gerber klar.

Projektarbeit im Fokus

Kamps-Benders Ansatz für die weitere Zukunft ist, weg von den Handelskanälen zu denken und stattdessen mehr in Projekten. Er stellt sich die Frage „Was sind die Chancen, den Markt über solche Einzelprojekte weiter zu entwickeln?“ Da sieht er Demeter auf einem guten Weg.
Für ihn ist der Verband ein Dienstleister, der sich um jedes Projekt individuell kümmert, zum Beispiel durch Regionalmanager und Landesverbände. Dieser Anspruch bestehe auch für die weitere Zukunft: „Unkontrolliertes Wachstum ist für uns keine Option.“ Die zentrale Aufgabe des Verbandes in der Zukunft sei strategisches Rohwarenmanagement.

Elke Reinecke

 

Strenge Bio-Richtlinien bei Demeter
Demeter gilt als der Verband mit den strengsten Kriterien. Die Betriebe werden mindestens einmal jährlich durch staatlich anerkannte, unabhängige Kontrollstellen geprüft und müssen jährlich an Entwicklungsgesprächen und verschiedenen Arbeitskreisen teilnehmen. Der Gesamtbetrieb muss auf Bio umgestellt sein und die Vorgaben zur Verwendung von Pflanzenschutzmitteln sind strikter als etwa bei EU-Bio. Nur 13 Zusatzstoffe sind in Lebensmitteln zugelassen, weniger als in allen anderen Verbänden.
Auch bei der Tierhaltung gelten strenge Richtlinien, so ist unter den Bioverbänden nur bei Demeter Enthornung ausnahmslos verboten, genauso die Züchtung genetisch hornloser Tiere. Futter muss mindestens zur Hälfte vom eigenen Betrieb oder aus einer Betriebskooperation stammen, und zwei Drittel der Jahresration muss Demeter-Futter sein.
Demeter-Vorstand Gerber sieht in den strengen Richtlinien und der daraus resultierenden Einstellung „Demeter ist höchste Qualität“ auch den Grund dafür, dass Bio-Start-Ups sich häufig für Demeter entscheiden, beispielsweise Mogli oder Wyld.

 

Demeter in Zahlen
Der Demeter-Verband steht für Öko-Landbau mit sehr strengen Kriterien und berücksichtigt auch Nachhaltigkeitsaspekte wie Kreislaufwirtschaft und faire Handelspartnerschaften. Er hat in Deutschland zirka 2.500 Mitglieder: nicht nur Erzeuger, Verarbeiter, Händler und Gastronomen, sondern im Gegensatz zu anderen Verbänden auch Verbraucher. Es ist eine Besonderheit, dass diese sich im Rahmen einer Fördermitgliedschaft aktiv in die Arbeit des Verbandes einbringen können.
Die etwa 1.700 landwirtschaftlichen Betriebe bewirtschaften knapp 80.000 Hektar Fläche biologisch-dynamisch in Deutschland. Demeter International steht für zirka 5.400 Erzeuger mit über 190.000 Hektar Anbaufläche in über 64 Ländern. Es gibt 19 Vollmitglieder mit landeseigenem Demeter-Verband und eigener Zertifizierung; in weiteren 46 Ländern sind Demeter-Projekte aktiv.
Die Umstellungsbereitschaft ist laut Demeter in den letzten beiden Jahren stark gewachsen: Viele Jahre habe der Verband bei ein bis zwei Prozent Wachstum gestanden, die letzten beiden Jahre sei dies auf sechs Prozent in der Fläche und bei den Betrieben angestiegen, und die Tendenz halte sich.
In der zweiten Jahreshälfte 2018 hätten beispielsweise elf Milchviehbetriebe im Südschwarzwald umgestellt, mit um die 700 Hektar Fläche und 5 Mio. Liter Milch. „Es ist ein gesundes Wachstum, und wir blicken sehr positiv nach vorne“, sagt Kamps-Bender. „Da ist Bewegung drin, und es können Projekte entwickelt werden“.
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