Start / Ausgaben / bioPress 98 - Januar 2019 / Zitrusfrüchte der besonderen Art

Ausland

Zitrusfrüchte der besonderen Art

Exotische Zitrusfrüchte sind im Kommen

Zitrusfrüchte der besonderen Art

Zitronen, Mandarinen, Orangen, inzwischen auch Standard-Limetten, kennt jeder – diese Zitrusfrüchte sind in allen Supermärkten zu finden und heute nur noch wegen ihrer Herkunft als exotisch zu bezeichnen. Doch mit Namen wie Yuzu, Sudachi, Kaffirlimette oder Buddhas Hand verbinden wenige etwas. All diese wenig bekannten Früchte werden vom marokkanischen Bio-Produzenten Terra Citrus angebaut und er möchte sie auch auf den europäischen Markt bringen.

Terra Citrus ist eines der Unternehmen in Marokko, die große Pläne für die Zukunft haben. Gegründet schon in den 1950er Jahren, damals als Zitrusplantage mit vorwiegend Orangen und Mandarinen, hat sich inzwischen bei der Bepflanzung der insgesamt 82 Hektar und bei der Ausrichtung einiges geändert.

Limetten statt Orangen

So sind die Orangen und Mandarinen heute nur noch auf der Hälfte der Anbaufläche zu finden, auf etwa 20 Hektar. Auf weiteren 20 Hektar wachsen inzwischen Limetten.

Bei den Limetten nimmt der europäische Verbrauch zu und Tazi sieht Chancen für seine marokkanischen Produkte trotz der großen Konkurrenz aus Brasilien und Mexiko. Vor allem setzt Tazi seine Hoffnung auf die ausgezeichnete Qualität seiner Waren, die ihm auch abnehmende Großhändler bestätigen.

Gegenwärtig gibt es vier Länder auf der Exportliste des Unternehmens - Spanien, Frankreich, die Schweiz und die Niederlande -, aber sie suchen nach mehr: „Der Markt ist bereits ziemlich weit entwickelt, jedoch gibt es weitere Möglichkeiten auf dem Bio-Markt. Dieser wird unserer Meinung nach noch wachsen.“

Bio als Zukunftschance

Und dies ist die zweite große Umstellung, die Tazi vorgenommen hat. Die Suche nach Marktchancen und noch mehr Qualität aber auch Umweltschutzgründe waren es, die Tazi zu Bio gebracht haben: „2015 haben wir mit der Umstellung auf den biologischen Landbau begonnen“. Er ist diesen Schritt aus Überzeugung gegangen.

Derzeit sei etwa die Hälfte der Fläche ökologisch zertifiziert, bis 2020 soll die ganze Plantage komplett auf Bio-Anbau umgestellt und zertifiziert sein. Zertifizierer ist CCPB aus Italien.

Eine große Hilfe bei der Umstellung ist für Younes Tazi sein Mitarbeiter Abderahim Chakra, der früher in einem Insektarium gearbeitet hat und sich auskennt in der biologischen Schädlingsbekämpfung.

Tropfbewässerung und eigener Kompost

Bei Terra Citrus wird eigener Kompost aus Baumschnitt und Mist produziert. Den Mist liefern die Menschen direkt aus dem Ort an. Die Plantage Terra Citrus ist zwar direkt am Fluss Sebou gelegen, trotzdem soll nur die minimal notwendige Menge Wasser aus dem Fluss entnommen werden. Tazi hat in eine neue Tropfbewässerungsanlage investiert, mit der der Wasserverbrauch um 66 Prozent reduziert werden konnte.
Gerade für Zitrusfrüchte ist der Bio-Anbau besonders wichtig, betont Tazi. Schließlich werden die Schalen der meisten Exoten für die Gerichte mitverwendet.

Die wahren Exoten unter den Zitrusfrüchten

Yuzu, Kaffirlimetten, Sudachi, Fingerlimetten, Wekiwa, Meyer und Beldi Zitronen und Buddhas Hand – diese bei uns noch wenig bekannten Zitrusfrüchte nehmen inzwischen auf Terra Citrus die zweite Hälfte der Fläche ein. 42 Hektar sind mit diesen exotischen Früchten bepflanzt. Teils sind sie für die Industrie und für die Gastronomie bestimmt.

Zum Beispiel die Yuzu enthält nur sehr wenig, sehr sauren Saft, dafür hat dieser ein wesentlich komplexeres Aroma als der Saft einer Zitrone. Gerade Köche wissen, was sie mit dieser Frucht machen müssen. Sie verwenden die außergewöhnlich frische, säuerlich riechende Schale, die an Grapefruit und Mandarine erinnert, für ungewöhnliche kulinarische Kreationen.
Die Yuzu ist auch die einzige Frucht, die auf Terra Citrus schon 2018 nur in Bio-Qualität zu finden war. 12 Tonnen wurden produziert, für dieses Jahr sind 16 Tonnen geplant.

Früchte für die kreative Küche

Die große Auswahl an exotischen Früchten auf Tazis Farm ist für kreative Kochkünstler eine wahre Fundgrube. Gerade Fingerlimetten und Buddhas Hand werden immer beliebter. Hier hilft auch die Präsenz im Internet: Wer solche Spezialitäten benötigt, der sucht auch online nach Verkaufsstellen.
Außerdem sollen in der nächsten Zeit weitere Produkte wie Säfte, Pulver und ätherische Öle ins Angebot aufgenommen werden. Daran arbeitet Terra Citrus momentan mit Hilfe verschiedener Partner.

Insgesamt sind die Pläne groß. 2019 werden erstmals alle exotische Früchte und die Hälfte der Limetten nur noch biozertifiziert produziert. Außerdem sollen die Produktionsmengen bei den ökologisch angebauten Früchten stark gesteigert werden, bei den meisten mindestens verdoppelt. Tazi wird seine Exoten auf der Biofach Halle 7, Stand 625 und auf der Fruit Logistica in Halle 3.2, Stand A-07 vorstellen (EOSTA Stand).

Elke Reinecke

Soziale Standards
Auf nachhaltigen Anbau und den Verzicht auf Insektizide beschränkt sich das Engagement von Tazi nicht. Er legt auch auf die soziale Komponente großen Wert.
Sein Unternehmen ist in der SEDEX-Datenbank (Supplier Ethical Data Exchange) eingetragen. Das ist eine weltweit anerkannte Online-Plattform, die dem transparenten Austausch von Informationen zur sozialen und ethischen Nachhaltigkeit von Firmen dient.
Voraussetzung für die Aufnahme ist ein Audit nach dem international anerkannten SMETA-Leitfaden (SMETA = Sedex Members' Ethical Trade Audit).
Unternehmensgeschichte
Die Geschichte von Terra Citrus begann vor fast 70 Jahres, als der Urgroßvater von Younez Tazi, dem heutigen Besitzer der Bio-Plantage Terra Citrus, ein Stück Land kaufte, nicht weit von der historischen Stadt Fez in Nordmarokko. Er erwarb dort am Fluss Sebou 500 Hektar.
Im Jahr 1986 wurden dann von Tazis Vater, der eigentlich seinem Beruf als Arzt nachging, 82 Hektar des Landes mit Zitrusbäumen bepflanzt. Damals wuchsen dort vor allem traditionelle Zitrusfrüchte, in der Mehrzahl Orangen.
Was die Berufswahl betrifft, führt Younes Tazi die Tradition fort: Auch er ist ausgebildeter Chirurg und betreibt zusätzlich die Zitrusfrucht-Plantage, die er modernisiert und mit der Bioumstellung zukunftsfähig gemacht hat.
Die Welt der exotischen Zitrusfrüchte
Beldi Zitronen
Der marokkanische Begriff Citron beldi (oder l'hamd beldi) bedeutet traditionelle Zitrone. Es bezieht sich auf traditionelle marokkanische Zitronensorten, etwa die kleinen Doqq- und Boussera-Zitronen.
Sowohl die Doqq- als auch die Boussera-Arten der Beldi Zitrone zeichnen sich durch ihre orange-gelbe Farbe bei Reife und eine angenehm duftende Schale aus. Vor allem die Boussera-Arten werden meist zur Herstellung von Zitronenkonserven verwendet.
Buddhas Hand
Buddhas Hand kommt ursprünglich aus Asien. Sie enthält nur wenig Fruchtfleisch und Saft. Die dicke Schale mit einem ausgeprägten Aroma ist im Gegensatz zu anderen Zitrusfrüchten nicht bitter. Buddhas Hand eignet sich besonders gut für die Herstellung von Zitronat, Marmelade oder Likör.
Die außergewöhnliche Frucht macht schon äußerlich etwas her und fällt außerdem durch intensiven Duft nach Zitrone auf. Um das wenige Fruchtfleisch zu essen, werden die Finger der Länge nach aufgeschnitten und das Fruchtfleisch am besten heraus geschabt.
Fingerlimette – Kaviarlimette
Das wohlschmeckende Fruchtfleisch der Fingerlimette erinnert mit seinen weißen Perlen an weißen Kaviar. Deswegen wird die Fingerlimette mit ihrem herb-frischen bis milden Aroma auch oft Kaviarlimette genannt.
Ihre ursprüngliche Heimat liegt in Nordaustralien, wo die grünen, gelben oder roten gurken- oder fingerförmigen Limetten an Sträuchern oder Bäumen mit Wuchshöhen von bis zu sechs Metern gedeihen.
Kaffirlimette
Die Kaffirlimette stammt aus dem tropischen Asien. Die birnenförmigen Früchte sind meist um die sechs Zentimeter groß. Ihre unregelmäßige grobwarzige Schale verfärbt sich im Lauf der Reife von dunkelgrün nach gelb.
Sie werden zum Würzen genutzt, genau wie die frischen Blätter, die in soßigen oder suppenartigen Speisen mitgekocht ein pikant-zitronenartiges Aroma an die Speisen abgeben.
Kumquat
Die Kumquat kam bereits im 19. Jahrhundert aus China nach Europa. Die Früchte der Kumquat sind bis zu vier Zentimeter lang und dunkel-orange bis gold-gelb. Die Schale ist dünn und feinporig. Im Inneren befinden sich mehrere Segmente mit essbaren Kernen.
Die Schale von Kumquats kann man mitverzehren. Das Fruchtfleisch schmeckt süß-säuerlich, während die Schale herb schmeckt, vergleichbar mit Orangeat.
Meyer Zitrone
Die Meyer-Zitrone ist eine aus China stammende Zitrusfrucht, deren Entstehung auf eine natürlich entstandene Hybride aus Zitrone und Orange oder Mandarine zurückgeführt wird. Sie ist im Winter erntereif und wird üblicherweise mit ihrer Schale verzehrt, denn in dieser steckt der volle Geschmack.
Schale und Fleisch sind dunkler als normale Zitronen und milder im Geschmack - Aromen von Honig und Thymian sollen herauszuschmecken sein.
Sudachi
Sudachi ist eine meist in Japan kultivierte Zitrusfrucht, die von der Form her der Limette ähnelt. Sie ist saftig, leicht bitter, säuerlich-aromatisch und weist komplexere Aromen als Zitronen auf. In der asiatischen Küche werden Sudachi gern anstatt Essig oder zusammen mit Salz und Pfeffer als Würze verwendet.
Wekiwa
Wekiwa ist ein Hybrid aus Mandarine und Grapefruit. Diese Zitrusfrüchte sehen den Grapefruits sehr ähnlich, aber in einer kleineren Größe. Die Schale ist hellgelb. Das rosa Fleisch im Innern enthält nur wenige Samen. Der Geschmack ist zart, saftig, süß und ein wenig herb.
Yuzu
Yuzu wird meist in China, Korea und Japan angebaut. Die gelbe bis hellorangene Yuzufrucht ist gößer als eine Zitrone und kann fast so groß wie eine Orange werden. Im Inneren befinden sich allerdings mehrere große Kerne weswegen eine Yuzufrucht nur sehr wenig Saft liefert, etwa zehn bis zwölf Milliliter. Dieser Saft hat aber ein wesentlich komplexeres Aroma als der Saft einer Zitrone; er schmeckt ähnlich wie Limette gemischt mit Mandarine und ist leicht bitter. Das Fruchtfleisch ist säuerlich-bitter.
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