Start / Ausgaben / BioPress 50 - Februar 2007 / Italien: LEH und Bio-Fachhandel marktbeherrschend

Italien

Italien: LEH und Bio-Fachhandel marktbeherrschend

Bio-Handelsstruktur in Italien deutlich anders als in Deutschland

Italienische Supermarktketten verzeichnen bei Bio-Produkten moderate Wachstumsraten. Der Fachhandel, darunter etliche Bio-Supermärkte, kann sich sogar über ein zweistelliges Wachstum freuen. Nach Ansicht des italienischen Bio-Pioniers und -Marktkenners Roberto Pinton halten dabei Naturkostgeschäfte mit 45 Prozent die größten Marktanteile, gefolgt vom konventionellen Lebensmitteleinzelhandel (40 Prozent), Großküchen wie Kantinen oder Mensen mit zehn Prozent sowie Direktvermarkter mit fünf Prozent Anteil.

Im Handel mit Bio-Produkten verzeichnet in Italien momentan eher der wohlhabendere Norden des Landes Umsatzzuwächse. Der Süden sowie die Inseln Sizilien und Sardinien haben zwar die höchsten Anteile im Bio-Anbau, dort zeigen aber die Konsumenten nur mäßiges Interesse an Bio-Produkten.

Bio-Markt in Italien

Bio-Fachhandel und herkömmliche Supermärkte beherrschen zusammen 85 Prozent des Marktes. Die anderen Vertriebsschienen sind unbedeutender als hierzulande. Direktvermarkter sind wesentlich schwächer als in Deutschland. Das Lebensmittelhandwerk scheint keine Rolle zu spielen.  In Italien gibt es etwa 1.000 Naturkostläden sowie 100 Bio-Supermärkte. Allein 44 davon gehören zu der Franchisekette NaturaSì, die auch in Spanien vier Bio-Supermärkte unterhält.

Außerdem zählen zu dem Unternehmen zwei Bio-Restaurants, zwei Metzgereien mit der Bezeichnung CarneSi sowie ein Wellness Center. Die Umsätze von NaturaSi legten 2005 um 15 Prozent zu. In Deutschland liegt die Zahl der Bio-Supermärkte mit rund 250 wesentlich höher. Ein gutes Bio-Angebot führen auch die Lebensmittelketten EsselungaCarrefour, Billa, Conad, Crai, Spar, Selex, Todis und Pam.

In Deutschland besitzt die Direktvermarktung von Bio-Bauern ab Hof oder über Wochenmärkte eine lange Tradition. Viele Direktvermarkter begannen schon in den siebziger und achtziger Jahren, als es noch keine ausgebauten Vermarktungswege für Bio-Produkte gab, mit dem direkten Verkauf an den Kunden. In Italien beginnt dieser Bereich jetzt zu wachsen. Auch Bio-Konsumenten schließen sich in kleinen Gruppen zusammen, um gemeinsam bei Landwirten der Umgebung einzukaufen.

Bio-Direktvermarktung

Unter der Bezeichnung Gas (Gruppi d’acquisto solidali) organisieren die neuen Coops ihren gemeinschaftlichen Einkauf und die Verteilung unter den angeschlossenen Mitgliedern. www.retegas.org vermittelt Adressen von Bauern und Verbrauchergruppen, die an dieser Direktvermarktung beteiligt sind. Inzwischen gibt es auch die ersten Lieferdienste, die einmal wöchentlich einer wachsenden Anzahl von Verbrauchern eine meist standardisierte Kiste mit Obst und Gemüse bringen.

Biobenessere, was so viel wie Bio-Wellness heißt, ist der Name eines fünf Millionen Euro-Projekts (kofinanziert durch die EU), das seit 2005 für Publizität in Italien sorgt. Allein 11.000 Werbetage mit Verkostungen und Preisaktionen fanden in Supermärkten oder Naturkostfachgeschäften statt, wobei mehr als 2,1 Millionen Menschen erreicht wurden. Ausrichter ist die regionale Bio-Bauernverband Prober aus der Emilia Romagna, mit etwa 4.000 Mitgliedern die größte ihrer Art in Italien.

Mehr als 150 Anzeigen, 100 Fernseh- und Radio-Spots sowie Stände auf Messen und Konferenzen sorgten für rund 500.000 Kontakte, die den Bio-Firmen europaweit neue Geschäftsmöglichkeiten erschließen. Zudem sorgt eine Reihe von Fachmagazinen und Internet-Portalen in Italien für ein hohes Informationsniveau.

Schüler essen Bio-Gerichte

2005 kochten 650 italienische Schulküchen täglich rund eine Million Bio-Gerichte. Bereits im Jahr 2000 verabschiedete die italienische Regierung ein Gesetz, das öffentlichen Schulen und Krankenhäusern den Einsatz von Bio-Zutaten in ihren Großküchen vorschreibt. Allerdings waren anfangs wenige Lokalregierungen zu Zuschüssen bereit und Verstöße wurden nicht geahndet. Deshalb dauerte es, bis die Vorschriften umgesetzt wurden.

Die Regionen Friaul, Venetien, Toskana und Marken begannen schon zwischen 2000 und 2002 mit der Bio-Schulverpflegung. Die Regierung der Region Emilia Romagna schrieb 2002 fest: Kindergarten- und Schulkinder sollen zu 100 Prozent mit Bio-Essen versorgt werden.

Auch Bio-Angebote in Restaurants nehmen zu. Bio-Bank, Herausgeber des jährlichen Branchenverzeichnisses Tutto Bio, hat die Adressen von 250 Restaurants gelistet, die mindestens 70 Prozent der Zutaten in Bio-Qualität verwenden. Auf Empfehlung seiner Mediziner verpflegt der Fußballclub Palermo, in dem vier Weltmeister von 2006 spielen, seine Fußballer mit Bio-Produkten.

Piazza Italia auf der BioFach 2007

Auf der Piazza Italia in der Halle 4 auf der BioFach 2007 in Nürnberg heißt das Land des Jahres die Messebesucher willkommen. Beim Rundgang über die mehr als 270 italienischen Stände wird dem Handel ein breit gefächertes, interessantes Angebot an Weinen und Spirituosen, Olivenöl, Teigwaren, , Obst und Gemüse, Konserven, Säften, Saucen, Kräutern, Gewürzen, Getreideprodukten, Essig, Antipasti, Honig, Molkereiprodukten, Pizza, Backwaren, Schokolade, Kaffee, Nüsse, Mandeln und Schinken geboten.

Der Auftritt wird organisiert vom Italienischen Institut für Außenhandel (I.C.E.) eine staatliche Einrichtung zur Förderung, Unterstützung und Entwicklung des italienischen Außenhandels. Seine Aufgabe ist es, die Internationalisierung italienischer Unternehmen – insbesondere kleinerer und mittlerer Betriebe sowie deren Konsolidierung auf den Auslandsmärkten zu unterstützen. Das Institut hat seinen Hauptsitz in Rom und verfügt in Italien über 16 Außenstellen. Des weiteren betreuen 77 internationale I.C.E. Büros über 100 Länder der Welt. Die Tätigkeit des I.C.E. wird aus öffentlichen Mitteln und in geringerem Umfang auch durch die Unternehmen finanziert, die das Serviceangebot nutzen. Das I.C.E. unterstützt die Firmen mit Informationen, Werbung und Ausbildung.

Um sein Geschäftsfeld abstecken und sich für eine konkrete Art des Auslandsgeschäfts entscheiden zu können, muss ein Unternehmen zunächst Informationen über Märkte und Handelsmöglichkeiten einholen. Das I.C.E ist in der Lage mit seinen Auslandsniederlassungen derartige Informationen zu liefern dank kontinuierlicher Beobachtung der Märkte, der Warenströme und der Investitionstätigkeit sowie durch Aufbereitung von Daten. Die deutsche Vertretung ist in Düsseldorf beheimatet.

Anton Großkinsky

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