SDG
Internationale Entwicklungen zur Nachhaltigkeit
Welche politischen Weichenstellungen werden international vorgenommen? Was erwartet den Handel als Herausforderungen und Konsequenzen in den nächsten Jahren?
Das Thema Nachhaltigkeit ist zum einen zur inhaltsleeren Worthülse verkommen, zum anderen ist es als Leitthema in der internationalen Politik angekommen.
Wenn auch noch ohne wirklich ordnungspolitische Kompetenzen ist die Staatengemeinschaft auf dem Weg zu einer Weltinnenpolitik. Die UN hatte bereits für den Zeitraum 2000 bis 2015 die sogenannten ‚Millenniumsziele‘ beschlossen, die noch vor allem auf die Kontinente des Südens ausgerichtet waren.
Mit den im September 2015 beschlossenen und ab 1.1.2016 gültigen ‚Nachhaltigkeitszielen‘ (Sustainable Development Goals, kurz SDG’s) gibt es erstmals universell gültige Ziele, das heißt, sie gelten für Entwicklungs-, Schwellen- und Industrieländer gleichermaßen! Die früheren alten acht Millenniumsziele wurden oft dafür kritisiert, dass die ökologische Dimension von Nachhaltigkeit nicht ausreichend berücksichtigt beziehungsweise nur sehr isoliert betrachtet wurde.
Die neuen Ziele, auf die sich die 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen in langen Verhandlungsrunden geeinigt haben, sind äußerst ambitioniert: Sie reichen von der Bekämpfung der Armut über die Verbesserung von Ausbildung und Gesundheit bis zur Verringerung des Klimawandels und dem Schutz der Ozeane und Ökosysteme.
‚Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung‘ ist der ambitionierte Titel des Katalogs von 17 Zielen und 169 untergeordneten Zielen, deren Umsetzung bis 2030 allerdings freiwillig ist.
Die SDG’s bauen auf den Nachhaltigkeitszielen des Rio+20-Gipfels vor drei Jahren zum Klimaschutz auf.
Wenn auch weiterhin an erster Stelle die Überwindung von Armut und Hunger, Gesundheit, Bildung und der Schutz von Lebensgrundlagen steht, kommen auch gesellschaftspolitische Ziele wie Gleichheit der Geschlechter, eine gerechte Steuerpolitik, die Verringerung der Ungleichheit zwischen Staaten oder der Zugang zu Rechtshilfe und Institutionen hinzu.
Die UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba im Juli 2015 brachte folgende Ergebnisse: Schwellen- und Entwicklungsländer sollen durch den Aufbau funktionierender Steuersysteme und den Kampf gegen Korruption mehr Mittel erhalten und die Geberländer bekräftigten ihre Verpflichtung, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben.
Den Rest soll die Privatwirtschaft beisteuern. Die UN gehen von einem Jahresbedarf von drei Billionen US-Dollar aus. Die 17 Ziele, die noch weiter in 169 untergeordnete Ziele unterteilt werden, sind erstmals so umfassend gedacht, dass sie den Gedanken der drei Säulen der Nachhaltigkeit aufgreifen. Beispiele, die den Bereich Landwirtschaft und Rohstoffe besonders betreffen:
- Sichere Landrechte für Kleinbauern, um nachhaltige Anbaupraktiken umsetzen zu können, Armut zu reduzieren und Ernährungssicherheit zu erzielen.
- Förderung von kleinbäuerlichen Strukturen, um Ernährungssicherheit zu erhalten.
- Herausforderungen, die die Bodendegradierung und den Verlust von Land an die Umsetzung der globalen Vision von nachhaltiger Entwicklung stellen.
All diese Ziele sollen in nationale Ziele übersetzt werden. Dieser wichtige Schritt steht in Deutschland jetzt an. Unter dem Titel ‚Globale Ziele – nationale Verantwortung‘ zur Vorbereitung der ‚Nachhaltigkeitsstrategie 2016‘ haben öffentliche Diskussionsveranstaltungen stattgefunden. Sie sollen noch 2016 verabschiedet werden.
Bereits im Februar 2015 (vor dem Beschluss der SDG’s) schrieb die Bundesregierung: „Wir sind uns unserer Vorreiterrolle und Verantwortung bewusst.“ Die nationale Umsetzung dieser Agenda werde gemeinsame Anstrengungen möglichst vieler gesellschaftlicher Akteure erfordern. Die private Wirtschaft soll durch eine „Veränderung von Anreizstrukturen, Rahmenbedingungen und Regulierungen“ verstärkt in die Verantwortung genommen werden: private Mittel sollen stärker in Investitionen für nachhaltige Entwicklung gelenkt werden können. Fazit:
- Noch kein Durchbruch, aber wichtige Weichen werden gestellt. Die Überarbeitung der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie läuft und soll 2016 verabschiedet werden.
- Nachhaltige Aspekte bei Investitionen (siehe die Bereiche der SDG’s) werden künftig von staatlicher Seite anders unterstützt.
- Die Wirtschaft wird sowohl zur Finanzierung der Nachhaltigkeitsziele als auch der Umsetzung stärker herangezogen.
- Das Beschaffungsamt des Bundes (der öffentliche Einkauf macht zirca 13 Prozent des deutschen Bruttosozialprodukts aus!) unterhält bereits eine ‚Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung‘.
- Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung
Ausblick: Die Nachhaltigkeitsziele bewegen Politik und Wissenschaft, die an der detaillierten Umsetzung arbeiten. Lesen Sie demnächst über die SAFA Guidelines der FAO und den „Product Environmental Footprint“ als ganzheitliches Siegel zur Erfassung der Ökobilanz der EU-Kommission.
Peter Schaumberger
Entwicklungsziele
„Die Entwicklungsziele betonen neben den Bereichen Soziales und Umwelt vor allem auch den Beitrag der Wirtschaft zur erfolgreichen Entwicklung von Staaten, indem sie Arbeitsplätze schafft, Ausbildung ermöglicht und Steuerleistungen erbringt, die einen wichtigen Beitrag zum Aufbau des Gemeinwesens leisten“, so Außenminister Sebastian Kurz (Österreich).
17 Ziele
1. Armut in all ihren Formen überall beenden
2. Hunger beenden, Lebensmittelsicherheit und verbesserte Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern*
3. Gesundes Leben sicherstellen und das Wohlergehen für alle Menschen in jedem Alter fördern
4. Gerechte und hochwertige Bildung sichern und die Möglichkeit für lebenslanges Lernen für alle fördern
5. Geschlechtergerechtigkeit und Empowerment (Selbstbestimmung) für alle Frauen und Mädchen
6. Verfügbarkeit und nachhaltiges Management von Wasser und sanitären Einrichtungen sowie Abwassersystemen sichern
7. Zugang zu leistbarer, zuverlässiger, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern
8. Dauerhaftes, integriertes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, volle und ertragreiche Erwerbstätigkeit und menschenwürdige Arbeit für alle erreichen**
9. Belastbare Infrastruktur aufbauen, integrierte und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovation unterstützen
10. Ungleichheit innerhalb und zwischen den Ländern verringern
11. Städte und Siedlungen integrierter, sicherer, widerstandsfähiger und nachhaltiger gestalten
12. Nachhaltige Konsum- und Produktionsstrukturen sichern**
13. Vordringlich Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen
14. Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne der nachhaltigen Entwicklung erhalten und nutzen
15. Ökosysteme der Erde schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern. Wälder nachhaltig bewirtschaften, die Verwüstung bekämpfen und unfruchtbares Land wieder beleben und den Verlust der Biodiversität stoppen*
16. Friedliche und inklusive Gesellschaften im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zu Justiz ermöglichen und wirksame, zuverlässige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen
17. Mittel zur Umsetzung und Wiederbelebung der globalen Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung stärken.
*Blau: Besonders wichtig für Ökologie und Biolandwirtschaft
**Rot: Besonders wichtig für Handel und Wirtschaft