Alb-Gold
Regionalität – ein Gewinn für Produzenten und Bauern
Alb-Gold treibt Vertikalisierung bei der Rohstoffbeschaffung voran
© Alb-Gold/Udo Hennenkämper
© Alb-Gold/Udo Hennenkämper
Hartweizen (lat. Triticum Durum) ist das Hauptgetreide für die Herstellung von Nudeln und Spätzle. Es besitzt einen hohen Proteingehalt und das Korn hat eine starke Glasigkeit. Außerdem ist der Anteil an Gelbpigmenten im Hartweizen sehr hoch. Diese Eigenschaften sind für die Teigwarenherstellung besonders wichtig. Denn sie sorgen dafür, dass Spiralen, Bandnudeln oder auch Spätzle und Knöpfle ihre Form behalten, eine schöne gelbe Farbe sowie den entsprechenden Biss haben.
Man geht davon aus, dass der freidreschende Durum-Weizen aus dem ursprünglichen Spelzgetreide Emmer entstanden ist. Optisch unterscheidet er sich vom Weichweizen (Brotweizen) vor allem durch seine langen Grannen. Dies sind borsten- oder fadenartige Fortsätze der Spelzen, die je nach Sorte acht bis 15 Zentimeter lang werden können. Neue, winterharte Sorten erlauben den Anbau mittlerweile als Winter- und Sommergetreide, wobei die Aussaat im Herbst oder im Frühjahr erfolgen kann.
Hartweizen aus Deutschland –leider Mangelware
In Deutschland hat Hartweizenanbau eine geringe Bedeutung. Sind es fehlende Subventionen, das Klima oder die geringe Nachfrage? Für den schwäbischen Teigwarenspezialisten Alb-Gold in Trochtelfingen stellen sich diese Fragen nicht. Der Familienbetrieb hat sich vorgenommen, in Zukunft verstärkt auf Hartweizen aus Deutschland zu setzen. Laut einer Studie der Universität Hohenheim stammen derzeit lediglich 15 Prozent des Getreides für die Nudelherstellung aus Deutschland. Und dies, obwohl die Untersuchung eindeutig aufgezeigt hat, dass die Ökobilanz von deutschem Hartweizen ausgezeichnet ist.
Bewertet wurden nicht nur der Transport, sondern ebenso die potenziellen Umwelteinwirkungen des Anbaus und der Verarbeitung. Auch die eingesetzte Düngermenge und die daraus resultierenden Erträge wurden untersucht und ausgewertet. Dabei hat sich gezeigt, dass nicht nur der CO2-Ausstoß durch den Transport vom Feld zur Mühle deutlich geringer ausfällt. Vor allem wenn man sich die Düngung anschaut, kann der heimische Weizen deutlich gegenüber dem Übersee Durum und dem Rohstoff aus Südeuropa punkten.
Saatzuchtprojekt soll Hartweizen auf der Alb heimisch machen
Hartweizen wird aktuell im Oberrheingraben, Teilen Hessens und der Pfalz, Franken oder auch in Ostdeutschland kultiviert. Alb-Gold unterstützt seit Jahren den Anbau von Hartweizen in Deutschland. Und selbst Hartweizen von der Schwäbischen Alb ist für den innovativen Familienbetrieb kein Traum mehr.
© Alb-Gold/Udo Hennenkämper
Seit gut vier Jahren kooperiert das Unternehmen mit dem Verein zur Förderung der Saatgutforschung im biologisch-dynamischen Landbau e.V. in Salem am Bodensee. Im Bereich Gelbweizen konnten bereits Erfolge mit Sorten für die Alb erzielt werden. Ziel ist es nun, einen Hartweizen zu finden, der sich auf den Höhenlagen des Mittelgebirges wohlfühlen wird. Auf den Versuchsfeldern oberhalb des Bodensees konnte sich eine ältere traditionelle italienische Sorte in den letzten Jahren erfolgreich entwickeln.
Auf dieser Grundlage und der Formenvielfalt durch Kreuzung mit anderen Sorten soll nun weiter selektiert werden. Dr. Berthold Heyden und Udo Hennenkämper haben sich der biologisch-dynamischen Saatzucht verschrieben. Sie haben aus Hofsorten ausgelesene Regionalsorten entwickelt, die sich im Lauf der Jahre an die gegebenen Standortbedingungen angepasst hatten.
Um dieses Züchtungsmodell auf den Hartweizen zu übertragen, müssten Bauern gefunden werden, die diese Sorten dauerhaft auf ihren Höfen pflegen und weiterführen. Die bereits gezüchteten Weizen-Regionalsorten wurden inzwischen als ‚Erhaltungssorten‘ beim Bundessortenamt zugelassen. Die sonst geforderte sehr hohe Einheitlichkeit der Sorten wird hier nicht verlangt. Dadurch ist ein Spielraum vorhanden, der weitere Anpassung und Entwicklung eher zulässt (Prinzip der in-situ-Erhaltung genetischer Ressourcen).
Im Auge behalten werden muss bei der weiteren Auslese vor allem die Eignung des Hartweizens für die Nudelherstellung. Darüber hinaus sind es die Anbaubedingungen für den ökologischen Landbau in der Region. Neben dem Ertrag gehört dazu für die Alb besonders die Winterfestigkeit. Eine weitere Idee ist, den Hartweizen als Stützfrucht für die Linsen einzusetzen. Durch den dünneren Feldbestand wäre ein höherer Eiweißgehalt im Durum-Weizen gesichert.
In zwei Jahren soll mit den vorhandenen Zuchtlinien eine erneute Sortenprüfung auf dem Feld stattfinden, einschließlich der Analyse auf Nudel-Qualität. Dann wird man sehen ob Züchter, Landwirt und Nudelhersteller auf der richtigen Spur sind.
Landwirt und Nudelhersteller mit Pioniergeist
Parallel zum wissenschaftlichen Ansatz betreibt Biolandwirt Frank Siefert seit drei Jahren einen Freilandversuch auf den Steighöfen in Bichishausen oberhalb des Lautertals. Im letzten Jahr ist seine Ernte der Hartweizensorte Wintergold aufgrund der warmen Witterung ausgezeichnet ausgefallen. Mit Qualität und Quantität waren Landwirt und Nudelhersteller zufrieden.
Vermahlen wurde das Getreide in der Römersteiner Mühle – alles in einem Radius von rund 40 Kilometern. So wurde aus sechs Tonnen Getreide mit Stolz die erste Charge des regionalen Sortiments ‚Alb-Schätzle‘ produziert. Diese ‚limitierte Auflage‘ steht vorerst jedoch nur für die Regionalvermarktung bei ausgesuchten Händlern und im Internet zur Verfügung.
© Alb-Gold/Udo Hennenkämper
André Freidler, Juniorchef bei Alb-Gold und treibende Kraft in diesem Projekt beim Spätzle-Produzenten, ist vom langfristigen Erfolg überzeugt: „Wenn Landwirte, Mühle und auch wir als Hersteller profitieren können, dann wird ein solches Projekt erfolgreich.“ Vor allem den offenen und fairen Umgang zwischen den Partnern schätzt er sehr.
Kurzfristig kann regional sicher nur ein kleiner Prozentsatz an Hartweizen auf der Alb angebaut werden. Der Jungunternehmer denkt in längeren Perioden und ist guter Dinge, dass der Anteil stetig ausgebaut werden kann. So arbeitet er beharrlich an der Zukunftsvision von 100 Prozent regionalen Rohstoffen – möglichst von der Alb.
Udo Hennenkämper
Berthold Heyden