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Editorial

Editorial Ausgabe 75/ April 2013, 2. Quartal

Liebe Leserin, lieber Leser!

Die Angst geht um. Noch mehr Bio im LEH bringt den Ökologischen Landbau ins Stocken? Industrielle Strukturen gefährden den Biolandbau und drehen das Rad zurück. Ein österreichischer Bücherschreiber hat es bei den Bio-Eiern vorgeführt. Naturland reißt nach einem unglaublichen öffentlichen und dennoch nebelhaften Aufschrei das Ruder herum und will zu den bäuerlichen Strukturen zurückkehren.

Sind es wirklich die großen Einheiten, die zerstören, was Biobauern im Kleinen aufgebaut haben? Oder ist es eher die Gier einiger Weniger, denen - zugegeben - große Strukturen leichter zum Opfer fallen können als überschaubare Einheiten mit sozialer gegenseitiger Kontrolle? Zukunft lässt sich nicht gestalten, indem die Gesellschaft sich an Täuschern und Betrügern orientiert. Selbstsucht muss bekämpft werden, nicht die Entwicklung hin zu größeren Einheiten in der Bioproduktion.

Dem Spagat zwischen klein, klein und den Gefahren wachsender Einheiten muss sich die Biobranche als Ganzes stellen. Große Flächen sind besser vor Nachbars Kontamination geschützt als ein Flickenteppich vieler kleiner Parzellen. Aufgaben wie Qualitätskontrolle und flächendeckende Vermarktung können Einzelne nur schwer leisten. Es kommt nicht auf die Größe an. Die Ethik ist entscheidend. Soll Bio für alle da sein, muss in entsprechend großen Einheiten gedacht werden. Zehn Millionen kleine Bauern gibt es nicht mehr.

Die Bio-Fachhandels-Akteure schauen zu Recht auf ihre Wettbewerber im konventionellen Handel. Sie zu verteufeln ist aber nicht angebracht. Viele Hersteller oder auch der Inhaber von Dennree sind nicht im Biohandel geboren. Und doch sind sie akzeptiert. Leute, die gestern noch im Kasino ihr Geld verdient haben,  sind heute Bereichsleiter und geben alten bio-kompetenten Mitarbeitern die Anweisungen.

Auch in der Bio-Landschaft herrscht Betriebswirtschaft und Marketing. Hemdsärmelig geführte Betriebe sind fast alle verschwunden. Um so größer scheint aber der Schrei nach Identität. Und Ausgrenzung soll schützen vor Mitbewerbern.

Was die Biobranche braucht, ist ein weiterer Ruck nach vorne. Wo kein Miteinander ist, soll wenigstens das Nebeneinander akzeptiert werden. Klar, eine alternative Community ist anders aufgestellt als Biedermann.

Dennoch können alle Gesellschaftsbereiche eine glaubwürdige Beziehung zu gesunden und nachhaltigen Lebensmitteln entwickelt haben, die zukunftsorientiert ist und an das Weiterleben der Kinder denkt.

Auch das ist wahr: In allen Bio-Businessbereichen herrscht das Kapital mit. Und dennoch passen die Macher, alle auf ihre Art, in die ökologische Welt.

Der Bioladen in 3B-Lage ist heute nicht mehr so gefragt wie die Ikea-Regale mit Lima-Bio-Produkten bei (m)einem Bekannten im Wohnzimmer vor 40 Jahren. Der erste Bio-Supermarkt entstand in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre. Bio im Supermarkt gab es bei Tengelmann schon, bevor Rewe 1988 mit Bio-Füllhorn kam.

In mehr als 30.000 Outlets finden wir solche Angebote heute. Discounter überbieten sich mit Bio-Aktionen. Sie führen ein schmales Sortiment, das jedem zum Überleben genügen kann. Alle über einen Kamm zu scheren, ist pure Ignoranz.

Gute Kaufleute folgen schon immer dem Lauf der Zeit. Wenn Bio mehr ist als ein Trend, sind Lebensmittelkaufleute nicht weg zu denken. SEH, LEH  und Discounter sind so wenig gleich wie Hofladen, Bio-Laden und Bio-Supermarkt. Andererseits finden sich beim Vergleich der Prinzipien Preiswettbewerb und Verdrängung zwischen Rewe und Dennree oder Alnatura große Ähnlichkeiten.

Da bleibt genug Platz für alle, sich weiter zu entwickeln. In den letzten zehn  Jahren hat sich der Einsatz für Ernährungskultur und Qualität zum Mainstream entwickelt. Der Einfluss der Biobranche ist dabei nicht zu übersehen.

bioPress beschäftigt sich jetzt im dritten Jahr mit Bio-Olivenölen. Schön ist, dass die Anbieter das Ringen um Qualität ernst nehmen und noch besser werden wollen. Im April ist Einsendeschluss für die diesjährige Suche nach den top25 bioPress Oliveoil.

Auf der Anuga 2013 gibt es im Herbst erstmals in Zusammenarbeit mit DER FEINSCHMECKER, Kölnmesse und bioPress eine große Sonderschau OliveOil Market. Im Messeboulevard können viele Olivenöle getestet werden auf Geschmack und Qualität.

Erich Margrander
Herausgeber

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