Fit für die Zukunft
Bio-Obst- und Gemüsegroßhändler Ecofit stärkt sich intern
Ecofit Biofruchtimport aus Stuttgart hat sich fit gemacht für das neue Jahrzehnt. Die Geschäftsführung hat das Unternehmen 2009 neu aufgestellt. Ecofit war ein wachstumsverwöhnter Großhändler. Bis zur Krise 2009. Da kam Stillstand. Betriebswirte reden da von Stagnation. Für die Geschäftsführung mit Hans-Jörg Schrade und Claus Schlosser war das der Moment, um die internen Abläufe im Unternehmen zu verbessern. „Wir wären von der Struktur her heute auch ein guter konventioneller Lieferant“, provoziert Bio-Mann Schrade.

Ecofit ist ein Fachgroßhändler für biologisches Obst- und Gemüse und bietet hier mit rund 200 Artikeln ein Vollsortiment. Von Südfrüchten, Zitrus, Zwiebeln, Kohl und Salaten bis zu Topfkräutern ist alles im Programm. Mit Fahrzeugen des eigenen Fuhrparks ist Ecofit im Radius von 50 Kilometer um Stuttgart unterwegs und verteilt die Frischware an die Bio-Verkaufsstellen.
Der Ecofit-Lastwagen wirbt für Bio.{_umbruch_}Die Doppelspitze von Ecofit: Claus Schlosser (l.) und Gründer Hansjörg Schrade.{_umbruch_}
1992 hat Schrade den Großhandel gegründet. In 16 Jahren wuchs das Unternehmen auf eine Größe von 7,5 Millionen Euro heran. Auf die Ertragsoptimierung kam es nicht an. Schließlich gab es beachtenswerte jährliche Umsatzsteigerungen. „Wir waren auf der Flucht nach vorn. Aber wenn ich mit 7,5 Millionen Euro Umsatz kein Geld verdiene, tue ich es mit 8,5 Millionen auch nicht“, zwingt sich Schrade zur Kostendisziplin.
Das Wachstum flachte schon ab 2002 ab und 2008 kam dann als neue Konkurrenz Weiling dazu. So war ein kleiner einstelliger Rückgang im Krisenjahr 2009 nicht unerwartet. Gegen den Vorteil Vollsortiment der Großen behauptet sich Ecofit mit der Spezialisierung auf die Frische.
Weiling in der Offensive
„Weiling wächst zweistellig und zwingt uns in die Defensive. Wir haben nichts verloren und unser Terrain behauptet. Uns geht es nicht schlecht. Aber wir legen nicht mehr zu, wie die zwei Großen (Dennree und Weiling)“, analysiert Schrade.
Diese Konkurrenz zwingt zur Effizienz. Der Geschäftsführer nahm sich Zeit neben dem Tagesgeschäft, dachte nach und konzipierte die internen Abläufe neu. Dazu braucht es keine hohen Investitionen. Die Unternehmensführung muss ehrlich zu sich selbst sein, Fehler erkennen und abstellen.
Über die Qualität wacht mit der Agraringenieurin Siham Smati inzwischen eine Managerin. Kein Luxus, sondern ein Muss im 21. Jahrhundert, um Verluste zu vermeiden und Reklamationen der Kunden vorzubeugen. Das sind Personalausgaben, die sich rechnen. Die Logistik hat der Geschäftsführer optimiert; unrentable Fahrten minimiert. „Wir sind intern besser geworden“, resümiert der Inhaber. 20 Stunden am Tag ist der Betrieb besetzt. Die Tendenz geht zu 24 Stunden an sieben Tagen. Ecofit schläft nie.
Expansionsmöglichkeiten hat Ecofit im Stuttgarter Osten allerdings nicht. Ein Erweiterungsbau hieße Ortswechsel. Der kommt aber nicht in Frage. „Der Standort ist zu gut, um weg zu gehen“, meint Agraringenieur Schrade. Wenige hundert Meter von Großmarkt Stuttgart entfernt kommen die Laster aus ganz Europa vorbei und können en passant abladen. Übersee-Ware von Eosta aus den Niederlanden, Steinobst von Agrodrome aus Südfrankreich kommt hier schnell und frisch an. „Wir sind Importeur“, definiert Schrade. Im Frischfrucht-Bereich gilt das gleiche wie beim Marathon: Schnelligkeit entscheidet über den Erfolg.
Bio aus dem Ländle
Das regionale Bio-Siegel aus Baden-Württemberg ziert die Ecofit-LKW. Das Unternehmen ist auch ein regionaler Lieferant. Das Vertriebsgebiet konzentriert sich auf den Raum mittlerer Neckar. Zudem sind Felderzeugnisse aus der Region an Neckar und Rhein ein Schwerpunkt des Großhandels. Einer zweistelligen Zahl von Bauern des Bioland- und Demeter-Verbandes aus Baden-Württemberg kauft Ecofit frische Früchte ab. Sie kommen zum Beispiel aus dem 800 Meter hoch gelegenen Genkingen auf der Schwäbischen Alb oder aus Lauffen im Unterland.
Ecofit fährt den Reichtum aus Feld und Garten dahin, wo er gebraucht wird. Am Umsatz ist die Region allerdings nur mit 25 Prozent beteiligt. Hört sich wenig an, ist aber viel.
Die europäische Trauben-Saison läuft mit Ware aus Italien und Griechenland. Bei Ecofit gibt es gleich mehrere Sorten.
Im Frischfrucht-Bereich ist Deutschland, auch bei Bio, von Importen abhängig.
Fruchthandel ist nun mal ein internationales Geschäft, auch wenn bei Umfragen 75 Prozent der Meinung sind: Lieber regional als international zu kaufen. Gehandelt wird gegenteilig: 25 Kilo Tomaten verspeist der Bundesbürger pro Kopf und Jahr. An Rot- und Weißkraut schluckt er nur fünf Kilo. Dabei werden nur zehn Prozent der Tomaten von deutschen Gärtnern angebaut. Also muss der Ecofit-Einkäufer in die Tomaten-Anbau-Länder am Mittelmeer gehen, um die Früchte zu ordern.
Ein weiteres kleines Plus hat der Regionale. Wenn er Hofläden mit Importware beliefert, nimmt er von dort heimische Bio-Ware wie Kartoffeln, Karotten und Kraut mit. Das fördert die kleine Strukturen. Dieses Prinzip schafft Rentabilität und Vorteile gegenüber der überregionalen Konkurrenz, die das nicht zu leisten vermag.
Ecofit unterstützt Slow Food
Schrade ist ein Bio-Täter aus Überzeugung. Seit 2009 hat er auch ein Slow Food-Mitgliedsbuch. Bio und Slow Food passen besser zusammen als Bio und Fast Food. Auf der Messe 2010 in Stuttgart war er mit einem eigenen Stand vertreten: „Da kann was draus werden“, meint Schrade. Mit dem Engagement von Slow Food für traditionelle, handwerkliche Lebensmittel ohne GVO gibt es Parallelen zu Bio.
In einem Ballungsraum beherrschen Aldi und McDonalds die Vorstellung der Menschen von Essen und Trinken. Ecofit erzeugt andere Bilder im Kopf. Schrade fährt die Mitarbeiter seiner Einzelhändler zu den Anbauern; so schult er das Verkaufspersonal, die diese Bio-Ausflüge als Abwechslung gerne in Anspruch nehmen und dort Anbau- und Produktinfos aus erster Hand vom Gärtner interessierter aufnehmen als bei einer trockenen Schulung zuhause.
Manche mögen es scharf mit Peperoni. Auch Spezialitäten wie Okra und gelbe Zucchini gibt es beim Fach-Großhändler. {_umbruch_}
Im Web hat sich Ecofit einen neuen Auftritt geleistet und ein Mosaik-Steinchen zu einem modernen Unternehmensbild eingefügt. Geschäftsführer Schrade betreibt dort einen Blog, und ist mit dem Bio-Unternehmen im Web 2.0-Zeitalter angekommen.
Neben den klassischen Kunden der Wochenmarkter, Abo-Kisten, Hof-, Naturkostläden, Gemüse-Geschäfte und Gastronomie zählt inzwischen auch der SEH zur Zielgruppe. Die inhabergeführten Märkte sind gute Kunden. Diese Erfahrung hat Ecofit bereits gemacht. Der regionale Fach-Großhändler hat das, was die Großhandlungen des LEH nicht bieten können: Ein Bio-Vollsortiment bei Obst- und Gemüse. So kann er das Sortiment vergrößern und ergänzen.
Galia-Melonen und Pflaumen aus Spanien werden im Spätsommer vermarktet. {_umbruch_}
Die Stuttgarter engagieren sich seit 2009 im fairen Handel: Der Einzelhandel als Kunde fragt verstärkt nach fair. Ecofit erfüllt die Nachfrage und kooperiert hier mit Banafair, einem Lieferanten der sich auf faire Bananen spezialisiert hat. Die Banane ist die einzige Fairtrade-Frischfrucht mit einer gewissen Marktpräsenz. Aber natürlich gibt es mit der Mango, Ananas und Limette weitere Kandidaten aus Südamerika und Afrika, die es zu einem gewissen Volumen bringen können. Fair und biologisch sieht die Zukunft von Ecofit aus.
Anton Großkinsky