Relaunch der Bio-Marken
Neuauftritte im Supermarkt-Regal stärken Wettbewerbsfähigkeit
{mosimage} Die Bio-Marken, die im Supermarkt zuhause sind, haben die Zeichen der Zeit erkannt und richten sich optisch und inhaltlich in Richtung Premium aus. Die Bio-Produkte waren ursprünglich als Grundnahrungsmittel konzipiert und signalisierten einen Mittelpreis. Tatsächlich lagen die Preise aber im oberen Bereich. Im Supermarkt wurde das dem Kunden durch die Blockplatzierung verschleiert. Bio war so aus dem Vergleich mit herkömmlichen Produkten heraus genommen. Mit der Sortimentsplatzierung, die sich längst durchgesetzt hat, geriet das Bio-Produkt in den Vergleich. Die Optik spiegelte die Wertigkeit nicht wieder und mag mit dazu beigetragen haben, dass Bio den Ruf trug, teuer zu sein.
bioZENTRALE steht für einen modernen Lebensstil. Gut & Gerne vermittelt traditionelleWerte. Bio-Gourmet, die LEH-Marke von Rapunzel, überraschte 2003 auf der Anuga mit einem zeitgemäßen Auftritt. Doch in Legau im Allgäu wurde nicht nur an die Optik gedacht. Das Sortiment orientierte sich in Richtung Feinkost. Bio-Gourmet setzte sich damit im Regal durch.
Die Bio-Zentrale aus Wittibreut hat 2008 auf dem Handelsforum in Köln die Blicke auf sich gezogen. Geschäftsführer Bernd Schmitz-Lothmann stellte unter der Absendermarke eine mediterran geprägte Feinkost-Range vor, die über der Marke Gut & Gerne angesiedelt ist, die Mittelpreis und Grundnahrungsmittel verkörpert.
Der inzwischen verstorbene Andreas Stellisch hat 2007 als Reforma-Inhaber die Premium-Marke Stellisch mit edler Anmutung geschaffen. Bei der Vorstellung auf der Anuga 2007 gab es viel Anerkennung. Im Regal unterscheidet sich Stellisch deutlich von den Auftritten anderer Marken und wird dadurch wahrgenommen.
Stellisch gehört seit 1. Januar 2010 dem Kaffeeröster Albert Darboven, der bereits 2007 die Gewürzmühle Brecht aus Eggenstein bei Karlsruhe übernommen hatte. Der Reformhaushersteller führt die Marke ProBio für den LEH. ProBio hat auf der BioFach ein wertigeres Sortiment vorgestellt. Die Gewürze werden jetzt in Mühlen mit Keramik-Mahlwerk abgefüllt. Damit sind die Gewürzstreuer dekoratives Ambiente bei Tisch. „Das Beste ist, dass wir nachhaltig arbeiten und für Nachfüllpackungen gesorgt haben. Das erwartet die Recycling gewohnte Gesellschaft von uns“, betont Geschäftsführer Alexander Wolffers.
Neu gestaltet hat Rila aus Stemvede-Levern das Rinatura-Sortiment. Aus „Rinatura Bio-Vollwertkost“ ist im neuen Logo „Bio Rinatura“ geworden. Bio ist dabei optisch in den Vordergrund getreten, während zuvor Bio in der zweiten Linie stand. „Bio ist jetzt besser sichtbar als vorher“, erläutert Diplom-Oecotrophologin Wiebke Tautz. Der Schriftzug Rinatura ist erhalten geblieben und sichert die Wiedererkennbarkeit zum ursprünglichen Auftritt.
Die Leitfarben sind jetzt grün und Pastell. Zuvor war die Marke mit korngelb und himmelblau stark naturverbunden.
Das neue Verpackungsdesign setzt auf klare Typographie und Fotos, die die Produkte kulinarisch attraktiv in Szene setzen. Ein Bild aus dem Ursprung vermittelt Authenzität und wirbt so um das Vertrauen der Verbraucher. Ein Charakteristikum wird durch ein Stichwort festgehalten, zum Beispiel „handgemacht“ beim Knusperbrot.
Einige der Vollwert-Produkte, die nicht Bio waren, wurden beim Relaunch gestrichen. Das Sortiment hat sich zudem in Richtung Feinkost entwickelt. Damit nähern sie sich den Rila-Ländersortimenten aus der konventionellen Linie an. Der veränderte Markenauftritt des 150 Artikel umfassenden Sortimentes vermittelt gesunden Genuss.
Die von Rila entwickelte „Warenkunde auf einen Blick“ in Form von Piktogrammen ist weiterentwickelt worden. Die detaillierten Angaben zum Produkt, der Verwendung, Rezeptvorschläge und Nährwertanalysen werden gleichfalls ausführlich beschrieben. In der Ausstattung ist die Broschüre „Informationen rund um die Bio- und Vollwertkost“ weggefallen. Jetzt gibt es ein gefalztes Rezept-Blatt mit leichten, schnellen Gerichten.
Die Teutoburger Ölmühle, Marktführer für kaltgepresstes Rapsöl, hat das Erscheinungsbild ebenfalls überarbeitet. Eine goldene Mühle als Firmenlogo ist künftig das Symbol für deutsche Herkunft und traditionelles Handwerk. Gleichzeitig sollen ein hochwertigeres Etiketten-Design und neue, elegantere Glasflaschen die besondere Qualität von Teutoburger Raps-Kernöl unterstreichen.
Zahlreiche unabhängige Auszeichnungen und Preise bestätigen seit Jahren die Produktqualität der Teutoburger Kernöle. „Im Rahmen der Verbraucherstudie haben wir allerdings erfahren, dass sich dies nicht stark genug in unserem Markenauftritt widerspiegelt. Das hat uns motiviert, unser Erscheinungsbild zu überarbeiten“, erklärt Geschäftsführer Michael Raß.
Vor der Einführung wurden verschiedene Varianten des neuen Designs einem Verbrauchertest mit 600 Rapsölverwendern zwischen 30 und 65 Jahren unterzogen. Die Mehrheit bewertete das neue Design als edler, hochwertiger und besser passend zur Marke. Die neu gestalteten Rapsölflaschen werden ab Mai schrittweise im Handel eingeführt.
Verival aus Langenkampfen/Tirol hat sich ebenfalls ein neues Gesicht gegeben, wie Marketingleiter Daniel Haas verlauten ließ. Das Sortiment mit mehr als 200 Produkten wird überarbeitet und Innovationen mit klaren Zusatznutzen werden entwickelt. Es wurde in eine Basic- und Active-Linie unterteilt. Die Submarke Active zeichnet sich durch einen Gesundheitsnutzen aus. Bei der Verpackungsfolie stellte Verival Bio auf Easy Peel-Qualität um, die sich durch höhere Reißfestigkeit und bessere Standeigenschaften auszeichnet. Da freut sich der Kaufmann über aufgeräumtere Regale und der Verbraucher über eine verbesserte Wiederverschließbarkeit. Die Etiketten von Flocken, Müsli und Cerealien wurden ebenfalls überarbeitet, Produktvorteile und die österreichische Herkunft wurden besser sichtbar gemacht. Ein Farbleitsystem führt den Kunden durchs Sortiment. Die GDA-Tabelle zeigt dem Konsumenten die wichtigsten Nährwerte auf einen Blick.
Die Aktivitäten der Hersteller machen klar: Bio findet zur Form, die zum Inhalt passt. Das wird die hochwertigen Produkte noch wettbewerbsfähiger machen.
Anton Großkinsky
Hersteller sind gefordert
Bio-Marken beim Verbraucher ein unbekanntes Wesen
Bio-Marken richten sich neu aus. Eine ganze Reihe von Herstellern hat in den vergangenen Jahren am Marken-Profil gearbeitet. Ein Imagewandel der Branche bedingt Neuauftritte im Erscheinungsbild, in der Verpackung aber auch im Sortiment.
Mit der Verfeinerung der Sortimente entwickeln sich auch die optischen Auftritte weiter. Die traditionelle schwere Optik passt zu Basis- und Vollkorn-Produkten. Leichte und Feinkost wird so nicht kommuniziert.
Durch den Erfolg im Vertriebskanal LEH wurde zudem der Gelegenheitskäufer entdeckt. Er vergleicht mit den konventionellen Marken. Konkurrent ist nicht das Bio-Produkt. Oft signalisieren die konventionellen Marken höhere Wertigkeit als Bio-Produkte. Die Bio-Markenartikler müssen hier nachlegen.
Bio-Marken besitzen beim Konsumenten einen vergleichsweise geringen Bekanntheitsgrad, wie eine Studie der Agentur diffferent aus Berlin ergab. Bionade ist am populärsten mit knapp 70 Prozent gestützter Bekanntheit.
Allerdings wird Bionade nicht als Bio-, sondern als Lifestyle-Produkt wahrgenommen, wie diffferen-Geschäftsführer Simon Berkler ausführte. Auf Platz zwei und drei folgen Rewe Bio und BioBio, zwei Eigenmarken des Handels. Mit Bioland auf Platz vier, Naturland auf sechs und demeter auf acht sind die Verbände bekannter als viele Hersteller-Marken. Mit Rotbäckchen (9.) und Andechser (10.) kommen die ersten Hersteller.
„Das hat mir zu denken gegeben“, erklärte Haus Rabenhorst Marketing- und Vertriebsleiter Johannes H. Mauss, der an der Studie mitgewirkt hat. Das Traditionshaus führt unter anderem die Marke Rotbäckchen.
Im LEH etablierte Bio-Marken wie Gut & Gerne, Rinatura und Bio-Gourmet genießen Bekanntheitsgrade von unter 25 Prozent und haben gegenüber den Handelsmarken Rewe Bio (65 Prozent) und BioBio (59 Prozent) einen deutlichen Rückstand. Die Roten haben mit Fernsehwerbung und wöchentlichen Handzetteln in ihre Handelsmarke investiert. Die kleinen und mittleren Bio-Hersteller haben keine Etats für TV-Spots.
Die Ergebnisse von diffferent verwundern wenig. Bio-Marken gab es zuerst im Naturkostfachhandel. Im Supermarkt dominierten klar die Handelsmarken. Bei 200 bis 300 Bio-Produkten, die vor fünf, sechs Jahren bei den Filialisten zu finden waren, brauchte es keine Marken. Es gab keine Auswahl; Bio war die Marke.
Wenn mittlerweile aber zehn Bio-Knuspermüsli von fünf Herstellern in den Regalen stehen, müssen die Marken Gesicht zeigen und dürfen sich nicht wie ein Ei dem anderen gleichen. „Künftig werden nur starke, exzellent geführte Marken Erfolg haben. Der Rest wird verschwinden“, urteilt diffferent-Geschäftsführer Simon Berkler.