Start / Ausgaben / BioPress 61 - November 2009 / Impulse für den Frischmarkt

Impulse für den Frischmarkt

Bio-Fruchthändler optimistisch und innovativ trotz Preisdrucks

Für die Bio-Fruchtbranche war das Jahr 2009 durchwachsen, wie die Mehrzahl der O+G-Händler bei einer Befragung durch bioPress angab. Bei leicht steigenden Mengen sanken die Preise vereinzelt. Bei den Volumen-Produkten Bananen und Äpfeln blieben das Niveau weitgehend stabil. Allerdings traf der Übersee-Apfel aus kontrolliert biologischem Anbau auf  europäische Ware und verkaufte sich schlecht. Mit neuen Herkünften wie der Türkei oder neuen Apfel-Sorten wie Santana und Kanzi setzen die Erzeuger Akzente. Der Handel könnte mit Lose-Verkauf, attraktiver Platzierung und die Nutzung der Transparenz-Systeme der Lieferanten den Absatz weiter fördern.

Bei Port aus Hamburg war das Bio-Jahr 2009 uneinheitlich. „Speziell bei Bananen fahren wir gute Mengen. Auf unsere Golden Bio bin ich stolz“, erklärt Klaus Rehberg, Bio-Pionier bei den Hanseaten. Diese Saison waren die türkischen Bio-Produkte erfolgreich: „Bei Aprikosen haben wir große Mengen gemacht“. Probleme gab es bei biologischen Übersee-Äpfeln, da die europäischen Mengen so groß waren, dass fast keine anderen Herkünfte gebraucht wurden. „Der Hokaido-Kürbis aus Argentinien war ein Highlight, und die Bio-Mango ist stärker geworden“, erzählt Rehberg. 2008 auf der Fruit Logistica wurde die Mango aus Brasilien vorgestellt. 2009 ist noch Peru als weiteres Herkunftsland dazu gekommen. Einen Preisverfall erlebte Port bei Bio-Äpfeln und -Birnen. Bananen blieben dagegen stabil.

Eosta wächst weiter

Eosta aus Waddingxveen, Europas größer Bio-Fruchtlieferant, verzeichnete auch in den ersten acht Monaten 2009 mit zwölf Prozent ein zweistelliges Mengenwachstum. Das Umsatzwachstum fiel aufgrund leicht rückläufiger Preise geringer aus. „Wir leiden unter der Rezession bei gleichzeitigem Überangebot bei bestimmten Produkten, zum Beispiel Äpfel, da die europäische Ernte lange verfügbar war, und aus Übersee große Mengen kamen“, so Volkert Engelsmann.
Die Lieferanten haben in Rückverfolgbarkeitssysteme  investiert, die Transparenz vom Verbraucher bis zum Erzeuger ermöglichen. Nature & More von Eosta initiiert oder  Bio-mit-Gesicht von Naturland bieten Rückverfolgbarkeit für den Verbraucher.  „Durch die Bio-Handelsmarken wird das wieder anonymisiert. Aber Transparenz gibt es links und rechts “, erklärte Eosta-Geschäftsführer Volkert Engelsmann. Der Bio-Großhändler glaubt, dass sich der Einzelhandel auf Dauer öffnen wird.
Bei Obst und Gemüse sind Regionalität und Import zugleich gefragt. „Die regionale Karotte  ist dem modernen Verbraucher wichtig, aber er will auch die Mango“, verweist Engelsmann auf die Sowohl-als-auch-Einstellung.

Auf dem Frischmarkt heißt ein neues Produkt oft eine neue Sorte. „Obst vom Bodensee“ liefert seit einem Jahr den biologischen Santana. „Das ist ein interessanter Apfel. Er ist resistent und somit einfach in die Produktion und auch für Allergiker geeignet“, erklärt der Bio-Verantwortliche Markus Schraff. In naher Zukunft wird noch der Nicoter, eine Kreuzung aus Gala und Braeburn, kommen. Ein Apfel, der nur am Bodensee angebaut wird. Der Bio-Frischmarkt wird also weitere Impulse erhalten.
Die Ernte 2009 bleibt bei Obst vom Bodensee unter den 7.500 Tonen des Vorjahres. „Hagel hat einen Teil der Anlagen beeinträchtigt“, teilt Schraff mit. Ohne Hagelschäden werden die Mengen in den nächsten Jahren auf mehr als 9.000 Tonnen steigen trotz geringer Umstellungsbereitschaft. Die bestehen Betriebe erweitern aber ihre Bio-Fläche. „Wir könnten mehr Bio-Äpfel verkaufen“, ist sich Schraff sicher. Die Preise blieben 2009 konstant auf einem hohen Niveau.

Verschiedene Vorlieben

Auch der Vinschgau in Südtirol, Europas größtes Bio-Apfel-Anbaugebiet, setzt mit dem Kanzi, der in Deutschland unter dem Namen Nicoter auf dem Markt ist, auf Innovation. Verkaufsleiter Gerhard Eberhöfer bescheinigt dem Neuling „einen außergewöhnlich guten Geschmack, ein perfektes Zucker-Säureverhältnis und attraktives Aussehen“. Der Kanzi ist für Deutschland und Skandinavien gedacht. In Italien ist nach wie vor der süße Golden Delicious  der Favorit. „Wir sind in ganz Europa präsent. Dabei stellen wir fest, dass die Vorlieben für die eine oder andere Sorte von Land zu Land unterschiedlich sind“, so Eberhöfer.

Mit 16.000 Tonnen ernteten die 125 Bio-Apfelbauern im Vinschgau 2009  genauso viel wie 2008. In den nächsten zwei Jahren wird die Menge auf 20.000 Tonnen ansteigen. Der Bio-Anteil im Vinschgau liegt bei beachtlichen acht Prozent.

Eberhöfer geht von einem weiteren Wachstum aus. Im Lebensmitteleinzelhandel, wichtigster Abnehmer in Deutschland vor Discount und Naturkostfachhandel, werden Bio-Äpfel fast nur verpackt verkauft. „Wir setzen alles daran, unsere Partner davon zu überzeugen, dass durch den losen Verkauf und die Platzierung von Bio-Äpfeln neben herkömmlichen Äpfeln ein enormes Wachstum möglich sei“, betont der Apfel-Spezialist.  Bis März verzeichnet der Bio Vinschgau eine zufriedenstellende Preisentwicklung. Mit den Importen aus Übersee entstand ein Preisdruck auf die Südtiroler.

Das Naturkost Kontor Bremen hat im Laufe des Jahres mehr abgesetzt als im Vorjahr, wie Jörn Rathjen mitteilt. Die Preisentwicklung war schwankend und das aktuelle Preisniveau bezeichnet Rathjen als eher niedrig. Das Volumenprodukt Möhren verbucht weiter große Steigerungen.  Auch Kohl und Pilze sind Aufsteiger. Umstellungen beobachten das Naturkostkontor in Süd- und Osteuropa weniger in Deutschland, obwohl regionale Ware nachgefragt wird und Anbauplanung sowie  Absprachen mit einheimischen Erzeugern getroffen werden.
„2009 haben wir das Sortiment gestrafft. Der Handel hat aber bestimmte Produkte forciert, so dass die Mengen nach oben gingen“, berichtet Key-Account-Manager Emiliano Strada von Van Wylick in Düsseldorf. Der Fruchthändler registrierte allerdings niedrigere Abgabe-Preise an den LEH und den Discount. Schnelldreher bei Bio-Gemüse war die Bio-Karotte, bei Bio-Obst sind  Banane, Zitrone und Apfel die Renner. „Ich hoffe, dass sich die Preise erholen und die Nachfrage anzieht“, schloss Strada.

Anton Großkinsky

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