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Editorial

Editorial Ausgabe 46/Febr. 2006

Liebe Leserin, lieber Leser!

Viele haben mit Spannung erwartet, was wird werden mit der neuen politischen Konstellation in Berlin? Großes Getöse um die „Grüne Gentechnik“. Man könnte Angst kriegen, wenn die Erinnerung nicht zeigte, dass die Welt schon so oft gerettet werden sollte und doch nicht wollte.

Trend oder Big Bang? Bio ist rund um den Globus auf dem Siegeszug und das nicht erst seit gestern. Irgendwie scheint Bio vielen sympathisch zu sein. Ungedopte Lebensmittel werden zum Star in den Medien, und das ist nicht zurückzuführen auf den Erlass eines Ministers oder einen Marketinggag. Im Gegenteil, es passiert einfach auch ohne jede Vorgabe. Die Sympathie braucht keinen Dirigenten. Ist sie ein Träger der so oft verloren gegangenen Vernunft, die sich hier Bahn bricht?

Warum sollten wir an Rettungsmaßnahmen glauben, die chemische Keulen nicht mehr nur „primitiv“ auf dem Acker verstreut, sondern sie gar einschleust in die Organismen, die wir als Lebensgrundlage essen? Sind da die Therapiemaßnahmen und notwendige Kuren schon eingerechnet? Und hat mal jemand untersucht, wie lange es dauert, bis uns die Kosten für Reparaturmaßnahmen eingeholt haben werden? Wir haben doch die Botschaft der massenweise verbreiteten Allergien verstanden, die mithelfen unsere Arztpraxen zu verstopfen!

Ist den Verantwortlichen für den Siegeszug dieser modernen Tyranneien eigentlich klar, dass wir nicht mehr im Mittelalter leben? Dass der Mensch seine Bedeutung entdeckt hat und Monpolherrschaften schneller als bisher ausgehöhlt werden und deren Kalkulation keinen Pfifferling mehr wert ist?

Schauen Sie auf die Zukunftsforscher! Sie formulieren nicht nur, welchen Genuss die Verbraucher zukünftig auf ihrem Teller erwarten. Zwichen den Zeilen schimmert auch durch, dass es um Bewusstseinswandel geht, der nicht an der Oberfläche der Monopolstifter halt machen wird. Es ist nur eine Zeitfrage, bis sich das Selbstbewusstsein mehr Klarheit über den Wert von Lebensmitteln verschafft und Unabhängigkeit gerade in diesem grundlegenden Existenzbereich fordert.

Wer hätte vor wenigen Jahren geglaubt, dass Essen ein Thema der Zukunftsforscher würde? Deren Beschwörungen werden bereits untermauert von ernsthaften Forschungsprojekten über die nachhaltige Ernährung. Es ist eine bedarfsgerechte und gesundheitsfördernde Ernährung gefragt, die alltagsadäquat und sozialdifferenziert gestaltet ist und risikoarm und umweltgerecht erzeugt wird. Das betrifft nicht nur eine Elite der Gesellschaft mit Zugang zu Spezialwissen und überdurchschnittlichen Mitteln.

Die aktuelle Große Koalition hat eine schier erdrückende Aufgabe zu meistern: Die Gesundheitspolitik. Die ist am Ende einer Sackgasse, weil so viele Beteiligte nur an ihre persönlichen und mit allen Mitteln optimierte Bereicherung denken - angefangen bei der Lebensmittelerzeugung. Sie liegt nicht mehr in den Händen des Handwerkers Bauer. Der heißt heute Landwirt. Vielleicht sollten wir wieder Anbauen und nicht Land bewirtschaften in den Mittelpunkt stellen?

Das geht auch den Lebensmittelkaufmann an! Schließlich ist er es, der den direkten Kontakt zum Verbraucher unterhält. Sein Image hängt davon ab, was er in die Hände nimmt und seinen Kunden weitergibt. Will er nur Erfüllungsgehilfe sein oder wieder wie seine Vorfahren alles über „seine“ Lebensmittel wissen um damit ein gutes und faires Geschäft zu machen?

Vor einem Jahr kam der Big Bang der Erkenntnis vom erfolgreichsten Business in der Lebensmittelvermarktung aus Amerika über uns. Traumhafte Wachstumsraten und ein nur von wenigen wie Microsoft übertroffenes Rating basieren auf naturbelassenen, qualitativ hochwertigen, Gentechnik freien Lebensmittteln!

Lebensmittel sind flächendeckend gefragt. Sie sollen Zusatznutzen stiften und nicht nur primitiv ernähren. Wohlfühlen, heute heißt das Wellness, Konzentrationsfähigkeit, Ausdauer und Leistungsfähigkeit sind Attribute, die vom „Mittel fürs Leben“ erwartet werden. Der Mensch träumt vom Paradies und will es immer mehr hier und heute und nicht versteckt hinter einer schwarzen Soutane, versprochen für das Jenseits. Und hier nur leiden!

Was hat das mit dem Lebensmittelkaufmann zu tun? Er bietet entweder ein Stückchen von diesem Paradies oder andere machen das Geschäft. Er ist nicht verantwortlich für die Gesundheit seiner Kunden. Schließlich müssen die selbstverantwortlich entscheiden. Aber er kann ihnen, zu seinem wohlüberlegten Vorteil, die notwendigen Grundlagen anbieten und sie dann als freundliche, fröhliche und ausgabebereite Konsumenten erleben. Erfahrene Kaufleute wissen, wie das ist mit natürlichen, gesunden Lebensmitteln von hier!

Erich Margrander
Herausgeber

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