Start / Ausgaben / BioPress 55 - Mai 2008 / Schneller Bio-Erfolg für Freitag

Schneller Bio-Erfolg für Freitag

Breite Distribution bei den Vollsortimentern und im Discount mit Bio-Gebäck

Seit 60 Jahren backt die Verdener Keks- und Waffel­fabrik Hans Freitag (hf) erfolgreich konventionell.  Die geschäftsführende Gesellschafterin Anita Freitag-Meyer lenkte das Familienunter­nehmen in eine neue Richtung.  2006 führte die Frau an der Spitze ein kleines Bio-Gebäck Sortiment ein, das auf Anhieb erfolgreich war im Handel. 2007 wurden mit acht Bio-Produkten bei einem Gesamt-Sortiment von 100 Keksen und Waffeln bereits die Fünf-Prozent-Hürde beim Umsatz-Anteil übersprungen. Die richtige Strategie mit den passenden Produkten gab den Ausschlag. 


Die agile Geschäftsfrau Frei­tag-Meyer sieht in der Bio-Bewegung keine kurzfristige Mode­erscheinung, sondern einen Trend zur gesunden Ernährung, der sich auf Dauer verstärken wird. Die Anhängerschar wächst über die Jahre stetig. Anita Freitag-Meyer und Marketingleiterin Stephanie Wagner zählen selbst zu den Bio-Verwenderinnen. "Bio ist eine Leidenschaft von mir. Beim Grundstoff Getreide ist die Bio-Produktion in jedem Fall sinnvoll", erklärt Freitag-Meyer.

Mit acht Artikeln ging hf 2006 auf den Markt. Auf der ISM in Köln, der wichtigsten Messe für den Süßwaren-Hersteller, prä­sentierte die Chefin selbst das neue Sortiment: Eine Waffel,  ein Kinderkeks, zwei Saisongebäcke und drei Ganzjahres-Gebäcke. 2008 wurde Popcorn auf­genommen, das lose zugekauft und im Werk in Verden an der Aller abgepackt wird.

Die Bio-Produkte sind keine Kopien der herkömmlichen Range, sondern unterscheiden sich klar durch andere Rezepturen. Vollkornmehle, Honig und Rohrohrzucker werden eingesetzt. Vollwertige Roh­stoffe haben eine andere er­nährungs-physiologische Wir­kung als Weißmehl und raffinierter Zucker. Der gesundheitsbewusste Kunde wird hier angesprochen, wie Marke­tingleiterin Wagner bemerkt.

Alleinstellung bei schwarz-weiß Bio-Gebäck


Das schwarz-weiße Bio Dinkel-Teegebäck ist ein Produkt, das nicht jeder hat: "Wir haben eine der größten Anlagen für schwarz-weiß. Da haben wir Alleinstellung in Bio." Das Hafer-Dinkel Gebäck ist aus zwei wertvollen Getreidesorten zusammengesetzt und eine Alternative zu Weißmehl. Das Vollkorn-Schoko Gebäck enthält Dinkel- und Weizenmehl und wird mit Zartbitter-Tropfen verfeinert. Die mit Honig gesüßten Happy Smiles sprechen speziell Kinder an. Ein anderes Kinderprodukt in der wiederverschließbaren Dose war im Test als Handelsmarke bei einem Discounter nicht erfolgreich. Da könnte ein neuer Anlauf bei einem Vollsortimenter unter der Herstellermarke vielleicht den Durchbruch bringen. Knusprige Waffelröllchen sind ein leich­tes Gebäck für die warme Jah­reszeit. Für den Teig wird Bio-Dinkel verwendet. Der Dinkel-Trend ist ungebrochen.

Zwei Saisongebäcke für Weihnachten sind auch  dabei. Die mit Bio-Rohrohrzucker ge­süßten Mini-Spekulatius sind ein Klassiker. Ein Bio-Dinkel-Nussgebäck, zu Sternen und Monden geformt, wird zu Weihnachten ebenfalls angeboten. Bei Bio-Saisongebäck gibt es im klassischen LEH noch Nachholbedarf. Da liegt hf mit seinem Angebot sicher richtig. 

Die Strategie sah vor, durch die Handelsmarken der großen Ketten eine breite Distribution ohne eine Zwischenstufe zu errei­chen. Eine Rechnung, die aufging. Innerhalb weniger Wochen standen die Beutel in Tausenden von Märkten. Der VK für den 125 Gramm-Beutel beträgt bezahlbare 1,29 Euro. Das sind Preise, von denen das Unternehmen im harten herkömmlichen Geschäft nur träumen kann.

Hans Freitag vermarktet die Bio-Linie überwie­gend im klassischen LEH, im Discount und im Export. Der englische Handelsriese Tesco zählt zu den Abneh­mern Die Briten ma­chen ein eigenes Audit. IFS auf höherem Ni­veau reicht den Managern dort nicht  "Für Tesco zu produzieren ist die Krone für jeden Private Label Hersteller", erklärt Meyer-Freitag. Im Kaufland sind die Verdener mit der Marke hf im Regal.

Spezialist mit Tradition


Die Geschäftsführende Gesellschafterin Anita Freitag-Meyer erklärt die Produktion
"hf ist keine Bio-Marke", schränkt die Geschäftsführerin ein. "Wir sind nur ein Hersteller mit 60 Jahren Backtradition und können national liefern", fährt die Unternehmerin fort. Der mittelständische Spezialist für Dauergebäck hat damit eine Kompetenz, die mit breiter und tiefer werdenden Bio-Sortimenten immer mehr gefragt ist. Waren bei kleinen Grundsortimenten im LEH die Generalisten erste Wahl, dreht sich der Wind langsam. Spezialisten, die selbst herstellen sind authentischer als Marken, die als  Lohnproduktion in Auftrag gegeben werden.

Freitags Bio-Gebäck wird nach den Daten der GfK in Nürnberg von den LOHAS und der Generation 60+ ge­knabbert. "Das hat uns sehr erstaunt. Wir dachten, junge Mütter kaufen die Kekse für ihre Kinder",  so die Initiatorin des Bio-Sortiments.

130 Tonnen Gebäck stößt die Fabrik täglich aus. Fünf Prozent davon sind biologischer Natur. Das geben 1.400 Tonnen pro Jahr. Zweimal in der Woche steht Bio auf dem Produktions-plan. Zwanzig Zutaten werden für die acht Bio-Produkte gebraucht. Die kommen von zehn Lieferanten aus Deutschland.

"Wir sind eigent­lich vollautomatisiert, aber in der Bio-Produktion gibt es noch Handarbeit", erzählt Freitag beim Gang durch die Backfabrik. Für Bio gibt es eine separate Mischanlage, die nicht über Rohr­leitungen von Silos gespeist wird. Die Bäcker schleppen Mehlsäcke und wuchten 20 Kilo Butterblöcke in den Mischer, bis 320 Kilo Masse zusammen gekommen sind. Geknetet wird natürlich maschinell.

Vom Teigwagen geht es dann auf die Produktionsstraße. Der Teig wird vorgewalzt. Im nächsten Schritt werden die Gebäcke geformt. Dann laufen die Kekse auf dem Stahlband durch den Ofen. 40 Meter legen sie in sieben Minuten zurück, bis aus dem weichen Teig ein knuspriges Gebäck geworden ist. Dann geht es über die Kühl­bahn.Bio-Gebäcke werden anschlie­ßend unverwechselbar in grünen Behältern gesammelt. Die Verpackung läuft natürlich vollautomatisch. Eine Sortieranlage für Gebäckmi­schungen ist vor­handen. "Wir machen ge­nau die vom Kunden gewünschte Zu­sammensetzung. In Bio gibt es aber nur Mono-Produkte", erläutert Freitag-Meyer. Neben Form­gebäck stellt Freitag, Spritz- und Schnittgebäck her. Für  Sandwich-Keks ist die Fabrik nicht ausge­rüstet.

Kinder wollen Schoko-Kekse


Eine Veredelung durch Scho­kolierung gibt es bei den Bio-Produkten nicht. Dafür braucht es eine eigene Maschine, um Vermi­schungen zu verhindern. "Durch Schokolade erhalten Ge­bäcke eine höhere Wertigkeit und Kinder wollen Schoko. Hier werden wir mittelfristig in­vestieren", kündigt Freitag-Meier an.   
"In der Herstellung beschäftigen wir viele Facharbeiter. Produktentwicklung, Teig- und Ofenführung funktionieren nur mit Fachpersonal: Bäcker und Konditoren stehen an den Maschinen. "Hier steckt ganz viel Technik drin. Die muss jeder erst mal lernen, der neu ist". Gewartet und instand gehalten wird sie von Elektrikern und Schlossern. 330 Menschen arbeiten hier im Drei-Schicht-Betrieb. Die Anlage ist ausgelastet. Fünf Prozent trägt Bio dazu bei. Tendenz steigend.

Stolz ist das Unternehmen auch auf die DLG-Medaillen, die es 2007 gab. Viermal Gold und einmal Silber erntete Freitag bei der Bio-Prämierung. Qualität kommt auch vom Band, nicht nur aus der Backstube.

Anton Großkinsky 

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