Start / Ausgaben / BioPress 52 - August 2007 / Der Kunde gewinnt

Der Kunde gewinnt

Aussteiger und Einsteiger bei Basic

Kommentar von Anton Großkinsky

Der Bio-Sommer 2007 hat eine Wende in der Branche gebracht. Die Schwarz-Gruppe, Deutschlands viertgrößter Lebensmittelhändler, steigt beim Bio-Filialisten Basic ein und will die Mehrheit an der nicht börsennotierten AG übernehmen. Mit der Beteiligung eines konventionellen Konzerns wird eine neue Stufe im eher finanzschwachen Bio-Handel erreicht, der sich bisher mangels Masse im Schneckentempo multiplizierte. Mittels der Millionen des Dieter Schwarz aus Neckarsulm kann expandiert werden.

Wird endlich wahr, was Basic seit der Gründung 1998 verspricht? Bio für alle. 100 Basics im Deutschland des Jahres 2010, 300 im Jahre 2020. Eine Bio-Kette, die die Umsatzschwelle von einen Milliarde Euro überschreitet, sind das nicht sonnige Aussichten für die Bio-Branche?

Discount-Dieter befördert die Bio-Idee. Der böse Bube aus Lidl-Land wird zum edlen Bioland-Ritter. An Märchen möchten auch Bio-Idealisten nicht glauben. Die Realisten kritisieren, die nicht kompatiblen Unternehmensphilosophien von hier Basic und da Lidl. Bei Basic gut geschultes, besoldetes, zahlreiches und freundliches Personal. Bei Lidl wenig angelernte, unterbezahlte, rechtlose Hilfskräfte. Glückliches Gegacker bei den freien Legenhennen des Basic-Bauern und kranke Knast-Hühner beim Lidl-Lieferanten. Basic ist die Ladenformat gewordene Verneinung von Lidl.

Vorstand Josef Spanruft bestreitet, dass basic zum Bio-Lidl umstrukturiert werden soll. Das ist glaubhaft. Der Discount ist nach vierzig Jahren in Deutschland ausgereizt, wie es jedes Skat-Blatt einmal ist. Noch billiger geht nicht. Nein, Schlange stehen für ein PC-Schnäppchen ist nicht mehr. Die Phänomene lassen sich im Regal bestaunen: Fairglobe und Bioness bei Lidl. Die Bio-Banane kostet bei dem Hard-Discounter 1,99 Euro. So teuer kann Bio sein.

Ritter Dieter der Retter des hohen Bio-Preises. Das Drittel der Betuchten, das konsumieren möchte, ist der Zukunftsmarkt für den Schnäppchen-Händler. Hin zu Basic und Bio heißt weg von Stagnation bei Discount und SB-Warenhaus. Mit Kaufland ist das Unternehmen in diesem Format Preisführer in Deutschland und kommt mit billig auch nicht mehr voran. Hier hat die Gruppe gelernt, dass Bio der bessere Weg ist. Kaufland hat Bio in diesem Jahr von 300 auf 600 Artikel aufgestockt. Zögern und zaudern war nie die Sache von Schwarz. Der Vollblut-Kaufmann steigt richtig ein, lässt Euros fließen.

Neben dem prominenten Einsteiger Schwarz gab es Aussteiger: Gründungsmitglied Richard Müller verkauft seine Anteile, ebenso der Investor Theo Häni. Müller als Basic- und Bio-Pionier mit Chiemgauer Naturfleisch geht raus, weil die Pionierzeit vorbei ist. Finanzinvestor Häni muss nach zehn Jahren für seine Anleger die Früchte aus dem Engagement ernten. Sonst bleiben die Aktien ja nur Papier.

Aussteiger sind auch zwei Lieferanten: die Hermannsdorfer Landwerkstätten und Dennree. Ist das Volumen der Bio-Metzgerei eher bescheiden, kommt mit Dennree der größte Großhändler abhanden. Dem größten Großhändler wiederum einer der größten Kunden. Bereits einen Tag nachdem Dennree seinen Ausstieg bekannt gegeben hatte, verkündete Basic den Aufbau einer eigenen Beschaffung.

Die Scheidung der Vernunftehe von Basic und Dennree kam schneller als erwartet, aber musste kommen, da die Logik gegen eine Geschäftsbeziehung spricht. Dennree ist Großhändler, Hersteller von Eigenmarken und Einzelhändler. Als Händler werden sie sich bei der Expansion an allen Standorten in Konkurrenz treffen. Die besseren Karten, weil mehr Scheine, hat jetzt Basic oder sagen wir Schwarz. Da die Konkurrenz in Köln alias Vierlinden von Rewe nicht schläft, könnte da bald ein Zweikampf entstehen.

Auch dieser Riese dürfte im Gerangel um die besten Plätze Dennree beiseite schieben. Und da wo Basic sich aufstellt, sieht schon heute manch kleiner Bio-Laden keine Sonne mehr. Wie einst Tante Emma wird hier der eine oder andere für immer schließen. Ein Handelsriese ohne Ethik als Gewinner im großen Bio-Poker. Das wäre eine Geschichte ohne Happy End.

Aber da ist ja noch der Kunde, das ungeliebte Wesen, das nervt und reklamiert. Am Ende bekommt er bessere, günstigere Bio-Produkte in seiner Stadt. Ist der Kunde der Gewinner?

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