Start / Ausgaben / BioPress 52 - August 2007 / „Bio erreicht Main-Stream“

„Bio erreicht Main-Stream“

Für Koelnmesse Geschäftsführer Wolfgang Kranz ist die Branche raus aus der Nische

Im Oktober ist es wieder soweit. Auf der Anuga in Köln trifft sich fünf Tage lang die Ernährungsbranche. Eine immer bedeutendere Rolle spielen dabei nach Aussagen von Wolfgang Kranz, Geschäftsführer der Koelnmesse, Produkte aus biologischem Anbau und Herstellung.

bioPress Die Anuga in Köln ist eine weltweite Leitmesse. Welchen Stellenwert nimmt Bio in der internationalen Ernährungswirtschaft aktuell ein?

Kranz: Die Biobranche hat national wie international in den vergangenen zehn Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung erlebt, ihr ursprüngliches Nischendasein verlassen und den Main-Stream erreicht.

Die Palette der Produkte hat sich enorm verbreitert, die Qualität des Angebots im Hinblick auf Frische, Verfügbarkeit und Vermarktung stetig gesteigert. Der Eintritt von großen Handelsunternehmen, auch Discountern, in diesen Teilmarkt hat diese Bewegung nachhaltig gefördert.

Die Anuga als die wichtigste Fachmesse in der Ernährungswirtschaft ist das zentrale Order- und Informationsinstrument für Nahrungsmittel und Getränke in allen Absatzkanälen. Sie bietet auch der Biobranche eine ideale Plattform zur Orientierung und zum branchenübergreifenden Austausch und damit letztendlich zur Weiterentwicklung des gesamten aufstrebenden Wirtschaftszweiges.

bioPress Mit der erstmals stattfindenen Anuga Organic haben Bio-Nahrungsmittel und Getränke den Status einer eigenen Fachmesse erlangt, nachdem die Organic World 2005 noch Teil der Anuga Fine Food gewesen war. Was hat Koelnmesse dazu bewogen, Produkte aus biologischem Anbau aufzuwerten?

Kranz: Innerhalb der Anuga haben Bioprodukte in der Tat schon seit 2003 einen besonderen Stellenwert. Im Zuge unserer konzeptionellen Weiterentwicklungen ist der Ausbau der Bio-Plattform zu einer eigenständigen Fachmesse innerhalb der Anuga deshalb ein konsequenter Schritt und entspricht dem Stellenwert von Bioprodukten im Handel und im Außer-Haus-Markt.

bioPress Welche Zielgruppe spricht die Anuga Organic an? Für welchen Besucher lohnt sich ein Rundgang?

Kranz: Die Anuga hat zwei zentrale Besucherzielgruppen: zum einen den Handel, zum anderen den wachsenden Außer-Haus-Markt. Für beide Vertriebsschienen bieten Bioprodukte interessante Perspektiven im Hinblick auf Profilierung gegenüber dem Kunden, neue Konzepte und auch attraktive Gewinnmargen.

Besonders der klassische Lebensmittelhandel wird den Weg in die Anuga Organic finden, daneben selbstverständlich Einkäufer aus Naturkostfachhandel, Biosupermärkten und Bioläden. Auch für den Delikatessenfachhandel ist die Anuga Organic eine interessante Informations- und Orderplattform.

Wir erwarten, dass die Anuga Organic aufgrund ihrer attraktiven Angebotsstruktur von sehr vielen Interessenten aus sehr unterschiedlichen Vertriebskanälen besucht wird.

bioPress Von den über 6.000 Ausstellern auf der Anuga werden rund 1.200 ein Bio-Angebot zeigen. Der Bio-Besucher braucht in dieser Vielfalt Orientierung, um sich zurechtzufinden. Wie wird den Interessenten der Weg zu Bio gewiesen?

Kranz: Mit Hilfe unserer Datenbank ist es möglich, in allen Hallen Unternehmen zu erfassen, die zur Anuga Bioprodukte präsentieren – auch wenn sie nicht in der Anuga Organic ausstellen, sondern zum Beispiel in der Anuga Frozen Food oder Anuga Dairy.

Diese Datenbank steht schon jetzt auf unserer Homepage zur Verfügung; sie lässt sich nach unterschiedlichen Kriterien sortieren und bietet viele zusätzliche Informationen. Darüber hinaus erstellt die Koelnmesse in Zusammenarbeit mit dem BioPress Verlag erneut – wie bereits 2005 – eine gedruckte Broschüre, die alle Bio-Anbieter der Anuga erfasst.

Diese Broschüre wird im Vorfeld an 25.000 qualitfizierte Adressen versandt und die zweite Hälfte von 20.000 Exemplaren auch zur Anuga selbst ausgelegt, so dass jeder Besucher sich schnell einen Überblick verschaffen kann, und zwar Fachmessen-gerecht, das heißt wenn ein Einkäufer sich zum Beispiel für Bio-Produkte aus dem Milch-Bereich interessiert, kann er diese mit Hilfe der Broschüre ohne Probleme in der Anuga Dairy wieder finden.

bioPress Die Anuga hat ein Bio-Kompetenzzentrum mit der Sonderschau Voll-Bio und einem Bio-Kongress geschaffen. Welche Bedeutung kommt dem Rahmenprogramm zu?

Kranz: Das Rahmenprogramm ergänzt das Angebot der Aussteller um wichtige Aspekte. Die Sonderschau z. B. zeigt eindrucksvoll die große Bandbreite der Möglichkeiten, die die Branche dem einkaufenden Handel bietet und gibt wertvolle Anregungen für die Gestaltung der Produktpalette im eigenen Geschäft. Die zahlreichen und hochkarätigen Vorträge und Seminare rücken Themen in den Mittelpunkt, die einer Vertiefung bedürfen z. B. Bio-Zertifizierung. Die ausnahmslos hochkarätig besetzten und mit verschiedenen Partnern realisierten Rahmenprogrammpunkte unterstreichen die Bedeutung der Bio-Branche innerhalb der Anuga zusätzlich.

bioPress Der Bio-Handelspreis Selly und der Innovationspreis Bio-Lebensmittelhandwerk werden auf der Anuga überreicht. Ist das nur schmückendes Beiwerk oder wichtiger Bestandteil einer Messe?

Kranz: Beide Preise sind wichtige Bestandteile der Biobranche und damit auch der Anuga. Sie heben die besonderen Leistungen einzelner Unternehmen medienwirksam hervor und zeigen, wie innovativ und kreativ Bio-Hersteller und Bio-Vermarkter sind. Damit wird auch deutlich, dass der so genannte Bio-Boom nicht nur ein Hype ist, sondern auf nachhaltigem Engagement, Professionalität und Glaubwürdigkeit beruht.

Mit der Anuga nutzen beide Preisverleihungen die zentralste und medienwirksamste Plattform, die es national und international in der Ernährungswirtschaft gibt. Davon profitieren alle Beteiligten. Die Anuga hat sich übrigens bei beiden Preisen von Anfang an engagiert.

bioPress Klappern gehört zum Handwerk. Mit welchen Mitteln kommunizieren Sie Bio im Vorfeld der Messe, um potenzielle Aussteller und Besucher vom Nutzen zu überzeugen?

Kranz: Wir nutzen alle Möglichkeiten der Kommunikation, von der klassischen Anzeigenwerbung bis hin zu den neuen Medien, von Pressearbeit bis hin zu Einzelgesprächen mit wichtigen Meinungsbildnern. Da die Anuga Organic einen internationalen Markt abbildet und anspricht, ist auch hier unsere Ausrichtung international. Das beste Argument für eine Teilnahme oder einen Besuch sind aber die hervorragenden Ergebnisse, über die Bio-orientierte Aussteller und Besucher nach der Anuga 2005 berichtet haben.

bioPress Wie ist der Stand der Anmeldungen für die Anuga Organic sieben Wochen vor dem Start? Schlägt sich der Bio-Boom auch in Messe-Präsenz nieder?

Kranz: Mit rund 250 Anbietern ist die Anuga Organic komplett belegt und damit schon jetzt ein Erfolg. Gleichzeitig überzeugt auch die Zusammensetzung der ausstellenden Unternehmen: Von führenden Anbietern bis hin zu kleinen, spezialisierten Herstellern bietet die Anuga Organic eine große Bandbreite an Produkten – natürlich ausschließlich Nahrungsmittel und Getränke.

Interessant ist auch zu sehen, dass neben den Bioherstellern der ersten Generation jetzt auch zahlreiche junge Start-Up-Unternehmen ihren Markteinstieg wagen. Diese Mischung aus Tradition und Moderne bringt zusätzliche Dynamik in den Biomarkt.

bioPress Die Markenartikler, ein Klientel der Anuga, haben 2007 ihr Bio-Engagement erheblich verstärkt. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Kranz: Nahrungsmittel und Getränke aus Bioproduktion sind für Markenartikler ein interessantes Sortiment geworden, mit dem sie ihre traditionellen Sortimente ergänzen und mit denen sie sich zusätzlich profilieren können. Das verstärkte Engagement der Markenartikler unterstützt den sich entwickelnden Biomarkt zusätzlich und stellt ihn auf noch breitere Basis.

bioPress Bietet das Messe-Catering den Hungrigen eine Bio-Alternative auf der Speisekarte an?

Kranz: Unser Messecaterer Bayer Gastronomie hat sich bereits zum letzten Bio Handelsforum im Herbst 2006 bio-zertifizieren lassen. Deswegen können wir zur Anuga Organic in Halle 5.1 einen eigenen Catering-Bereich mit Bio-Produkten präsentieren.

 

Innovationspreis Bio-Lebensmittel-Verarbeitung

Preisträger nominiert

Die Jury hat die Preisträger für den Innovationspreis Bio-Lebensmittel-Verarbeitung bekannt gegeben.

Bei den Handwerksbetrieben wurden nominiert Roggenkamp Organics, 1ste Edeldestillerie auf Rügen Ökodorf Brodowin Meierei, Govinda Natur, Riedenburger Brauhaus Michael Krieger.

Beim Mittelstand Märkisches Landbrot, Soyatool Viana Tofutown, Herzberger Bäckerei, und die Bohlsener Mühle.

Bei den Großunternehmen Bauerngut Fleisch- und Wurstwaren und Salomon Hitburger.

Die genauen Platzierungen werden bei der Preisverleihung auf der Anuga 2007 in Köln bekannt gegeben. Von der Jury werden Neuerungen auf den Feldern Rohstoff und Technologie, Ernährung und Gesundheit, Unternehmenskultur, Kooperation und Kommunikation und erstmals Klimaverantwortung bewertet. Die Preise werden getrennt nach Handwerks-, Mittelstands- und Großbetriebe vergeben.

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