Länder
Ökolandbau am Limit
Andreas Friedmann behauptet sich in Süd-Rumänien gegen Unkraut und Trockenheit

Mit Obst, Gemüse und Luzerne hat sich Landwirt Andreas Friedmann in der Kleinen Walachei in den Ökolandbau gewagt. Doch die Bedingungen sind angesichts des Klimawandels widrig: Die Sommer werden heißer und trockener, die Brunnen versiegen. Der Emigrant wünscht sich fairere Preise am Markt und mehr Unterstützung für eine klimagerechte Landwirtschaft von der EU.
Nahe der Stadt Craiova hat Andreas Friedmann vor 25 Jahren begonnen, einen landwirtschaftlichen Betrieb aufzubauen. „Wir haben damals von Null angefangen, nur mit ein paar Hektar“, erzählt er. Heute umfasst die Agrifarm S.R.L. um die 3.500 Hektar. Ein Drittel der Fläche gehört Friedmann selbst, der Rest ist gepachtet. Als Hauptkultur baut der Landwirt aus Deutschland Weizen an, daneben Gerste, Raps, Sonnenblumen, Kichererbsen und ab und zu Mais. „Auch Soja haben wir schon versucht, aber dafür war es hier zu trocken.“
Vor gut fünf Jahren ist der Landwirt parallel in den Ökolandbau eingestiegen. 200 Hektar seiner Fläche sind inzwischen Bio-zertifiziert, auf zehn davon wird Gemüse angebaut: Kartoffeln, rote, grüne, gelbe und weiße Zwiebeln, Tomaten, Auberginen, Trockenbohnen und Paprika.
Zehn weitere Hektar sind für Bio-Obst reserviert: jeweils drei Hektar für Aprikosen und Kirschen, vier Hektar für verschiedene Zwetschgen-Sorten. „Letztes Jahr sind uns über 20 Kirschbäume vertrocknet“, klagt Friedmann. Auch den Quitten-Anbau habe er wieder aufgegeben, weil sie zu viel Wasser benötigen.
Auf 150 Hektaren wächst schließlich Luzerne. Ab 2026 soll die Ernte an eine Firma geliefert werden, die Luzerne-Pellets als Kamel-Futter nach Saudi-Arabien exportiert.
Sisyphus-Arbeit Unkrautbekämpfung
Im Gewächshaus sprießen reihenweise die Tomaten in die Höhe. „Wir haben hier schon eine Ernte von neun Tonnen auf 1.000 Quadratmetern gehabt.“ Was wegen Schönheitsmakeln nicht verkauft werden kann, wird zu Tomatensaft weiterverarbeitet.
Auch Freiland-Tomaten hat Friedmann im Anbau. „Sie werden Mitte August von Hand gepflückt“, berichtet er. Die Ausbeute liege bei etwa 15 bis 30 Tonnen pro Hektar. „Letztes Jahr haben sie ihre Blüten verloren, weil es einfach zu heiß war.“
Auf den angrenzenden Feldern wachsen Auberginen und Paprika, das Gemüse wird tröpfchenbewässert, mit Hilfe eines rund 120 Meter tiefen Brunnens. „Einen Teil des Unkrauts haben wir schon gejätet“, zeigt Friedmann. Der Abschnitt ist klar vom restlichen Feld zu unterscheiden. Dabei sei die manuelle Unkrautbekämpfung eine Sisyphus-Arbeit: Ist man gerade fertig, kann man wieder von vorn anfangen. Die Trockenbohnen müssen wegen des vielen Unkrauts ebenfalls von Hand geerntet werden.
Im Lagerhaus türmen sich Zwiebeln, Knoblauch und Kartoffeln. „Rumänen essen viel Knoblauch“, stellt Friedmann fest. Ein paar Frauen sind gerade damit beschäftigt, von Hand die Knollen von der restlichen Pflanze zu trennen. „Je früher man ihn verkauft, desto besser. Denn mit der Zeit verliert er an Gewicht“, erklärt Friedmann.
Trockenheit ohne Ende
„Die Sorten sind an das rumänische Klima angepasst – aber jetzt haben wir afrikanisches“, bedauert der Landwirt. „Es wird jedes Jahr heißer.“ Zwar profitiert er in Süd-Rumänien von fruchtbarer Schwarzerde, aber der beste Boden nütze nichts mehr, wenn die Temperatur über 40 Grad Celsius steigt. An die 600 Millimeter Regen im Jahr seien einmal normal gewesen. „In den letzten vier Jahren lag die Niederschlagsmenge dagegen bei 490, dann 400, dann 230 Millimetern…“
Außerdem habe es seit Jahren keinen Schnee mehr gegeben, sodass das Grundwasser nicht aufgefüllt wird. Mehr als die Hälfte der Brunnen in der Gegend – mit einer Tiefe von 30 bis 40 Metern – habe kein Wasser mehr. Auch die beiden Bäche in der Nähe seien ausgetrocknet. Und die Donau befindet sich 35 Kilometer von hier entfernt. „Unsere Trocknungsanlage haben wir seit acht Jahren nicht mehr gebraucht“, berichtet Friedmann.
In der gesamten Landwirtschaft habe sich in den letzten Jahren der Wind stark gedreht. Mehr als 50 Prozent der größeren Landwirte in Süd-Rumänien stünden momentan an der Grenze zur Zahlungsunfähigkeit. Friedmann reagiert mit dem Ausprobieren neuer Kulturen: Nächstes Jahr will er die Feigen-Produktion auf einem halben Hektar ausbauen. Derzeit liefen Versuche mit mehreren Sorten, sowie auch mit Olivenbäumen.
Vermarktet wird Friedmanns Bio-Ware bei Großabnehmern wie Carrefour sowie bei einigen kleineren, regionalen Märkten. Beliefert wird seit kurzem etwa auch ein Händler in Bukarest, der eine Bio-Obst- und Gemüse-Kiste zusammenstellt.
In einem guten Jahr hat Friedmann insgesamt einen Ertrag von 100 Tonnen. Um nach Deutschland zu exportieren, seien das noch keine ausreichenden Mengen. „Dafür müssten wir uns mit anderen Landwirten zusammentun.“ Allerdings seien die Bio-Aufschläge in Deutschland auch nicht so hoch, dass sich der Aufwand lohnen würde. „Es bräuchte mindestens einen sechs-Monate-Vertrag“, stellt Friedmann klar.
Aufwand muss entlohnt werden
„An Bio kann man sich in den ersten Jahren nicht bereichern“, erklärt der Landwirt. Dafür sei der Aufwand für die ökologische Bewirtschaftung zu hoch. „Die Ware müsste doppelt so teuer sein wie konventionelle, aber sie ist hier nur um zehn Prozent teurer.“
Momentan sei ihm die Bio-Bewirtschaftung nur möglich, weil er daneben auch konventionelle Landwirtschaft betreibt und Subventionen bekommt. Insgesamt, die Pacht inklusive, verursache die Boden-Bewirtschaftung pro Hektar Kosten von 1.200 Euro. „Mit unserem aktuellen Budget können wir keine bessere Landwirtschaft betreiben – dafür bräuchte es nochmal andere Zuschüsse“, stellt Friedmann klar.
Auch Personal für die Landwirtschaft zu finden, sei nicht einfach. Ein Viertel der Rumänen arbeite im Ausland, wo sie ein besseres Einkommen erzielen können. Dafür gebe es hier Farmen, auf denen Inder und Nepalesen arbeiten – „für die ist es viel“.
„Wenn die Konsumenten nur ‚billig‘ wollen, können wir keine Qualität liefern“, betont Friedmann. In Italien werde auf Qualität und Geschmack geachtet und als Folge könne man dort das beste Fleisch überhaupt erwerben. „Ich hoffe, dass der Bio-Trend auch nach Rumänien kommt.“
Lena Renner