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TEMMA wagt sich nach Hessen

Rewe expandiert mit Bio-Markt-Format außerhalb von NRW

Temma, das Bio-Markt-Format der Rewe, hat 2013 die erste Filiale außerhalb Nordrhein-Westfalens (NRW) eröffnet. Die  Taunusstadt Bad Homburg in Hessen ist Standort des vierten Temma. In der Fußgängerzone prangt das Temma-Schild an einer Sandstein-Fassade mit dem Untertitel: Alles ist natürlich. 

Das Rheinland, Rhein-Main-Gebiet, Hamburg und Berlin sind die Regionen, in denen Temma expandieren will. Temma braucht kaufkräftige Standorte. „Es ist erst der vierte Temma. Mühsam nährt sich das Eichhörnchen. Die Rewe könnte eine höhere Schlagzahl machen. Aber Temma ist kritisch, was neue Standorte angeht. Jeder einzelne Markt muss wirtschaftlich sein“, sagte Christiane Speck, Bereichsleiterin Innovative Konzepte bei REWE.

An dem Standort war seit 1973 ein Rewe Supermarkt. „Der Markt ist ein paar Meter weiter gezogen in einen Neubau“, erläutert Speck. Zurück blieb ein Standort mit 600 Quadratmeter für einen Bio-Markt.

Die Rewe-Bio-Märkte arbeiten mit den jeweiligen Regionen des Handelskonzerns zusammen. In Bad Homburg ist es die Region Mitte. „Die Regionen wollen Temma“, weiß Speck. Als Aushängeschild und Imageträger sind hochwertige Verkaufsstellen von Nutzen. Trends wie Regionalität, die sich auf den Massenmarkt verlängern, werden in solchen Formaten schneller sichtbar und helfen im Wettbewerb besserer zu reagieren.

„Allerdings ist es wichtig, dass der Geist von Temma in den Regionen getragen wird. Es muss in jeder Region einen Spezialisten geben, der das Format versteht und sich dafür begeistert.

Gastro kommt gut an

Im Vorkassenbereich ist die Bäckerei angesiedelt. Durch die Fußgängerzone vor dem Markt erfreut sich die Bäckerei regen Zulaufs. Ein Cafe mit Sitzplätzen gehört auch dazu. Frühstück und kleine Mahlzeiten am Mittag und Abend werden in Selbstbedienung abgeboten.

Klassische belegte Brote, Salate auf  Basis von Gemüse und Hülsenfrüchte, Quiche und Suppen stehen für die Hungrigen bereit. Mit 150 der 600 Quadratmeter wird der Gastronomie viel Fläche eingeräumt. Gastro ist im städtischen Umfeld ein Frequenzbringer und Umsatzträger. „Der Gastrobereich wird gut angenommen“, weiß Christiane Speck.

Wie bei allen Temmas ist der Fußboden in Beton. Die Wände sind grau gestrichenen die Decke in anthrazit mit sichtbaren Lüftungsrohren. Der Kunde wird von links in den Markt geleitet. Das klassische Laden-Layout mit Hauptlauf und Regalgängen gibt es hier nicht. Temma hat ein Aufbau mit Inseln aus Kellerregalen.

Die Stände schaffen ein Markt Flair. Die Atmosphäre ist deshalb offen und wirk einladenden und freundlich. Der Kunde hat viel Übersicht und fühlt sich nicht eingeengt zwischen Regalwänden.

Die Beleuchtung ist weniger hell als in einem konventionellen Supermarkt. Der Markt hat ein Raster mit einer Grundbeleuchtung. Die Beleuchtung ist nicht optimal für jeden Aufbau. Details werden dann mit Spots ins rechte Licht gerückt. Der Markt verfügt auch über Tageslicht. Das spart einen Teil der Energie für Beleuchtung. Die Lampen sind mit stromsparenden LED bestückt.

Der Raum ist überdimensional hoch. „Als wir hier ankamen war die Decke auf 3,50 Meter abgehängt“, erzählt Speck vom Umbau. Die Decke wurde abgerissen und die wahre Höhe kam zum Vorschein. Die Höhe wurde für den Bau einer Empore mit Blick von oben über den ganzen Markt genutzt (u.). Hier hat Christiane Speck mit ihrem Team eine Jazz Lounge mit Bedienung eingerichtet. Die Kunden können selbst Musik machen in einer Jukebox mit vorgegebenen Sendern.

Eröffnung mit Hürden

Die Eröffnung verlief holprig nach einem Tag wurde der Markt von der Baubehörde wegen mangelnden Brandschutzes geschlossen, obwohl dort seit 60 ein Supermarkt war. Aber weil ein neuer Bauantrag gestellt worden war, ging der Brandschutz verloren. „Wir standen vor der Tür und haben es den Kunden erklärt. Die Leute waren enttäuscht, haben aber verständnisvoll reagiert. Im November gab es ein Eröffnungsfest, und die Kunden wurden wieder reaktiviert.

Um den Markt populär zu machen, werden Angebotsflyer verteilt. „Wir können es allerdings nicht über den Preis machen. Wir haben auch keinen Artikel, der in der Fernseh-Werbung gelaufen ist. Wir müssen die Leute mit Verkostungen überzeugen“, nennt sie die Strategie. Da  werden die Kunden zu Temmas Kochtag oder einer Weinprobe eingeladen.

Neben dem klassischen Handzettel setzt Temma auf Online-Marketing per Newsletter. Das vorwiegend ältere Publikum schätzt gedruckte Medien nach alter Schule, während das junge Publikum es elektronisch bevorzugt.

Rund 5.000 Bio-Artikel hat Tante Emma für ihre Kunden vorrätig. An dem Standort wird ein hochwertiges und kompetentes biologisches Voll-Sortiment präsentiert. „Wir haben hier einen höheren Wein-Anteil am Umsatz als ein konventioneller Supermarkt“, teilt die Biokonzept-Geschäftsführerin mit.

Wein oberhalb zehn Euro lässt sich allerdings kaum ohne Verkostung verkaufen. Bei einer Probe mit Wein und Käse mit maximal 25 Teilnehmern können die Kunden die Erzeugnisse der Bio-Winzer und -Käser kennen lernen. Generell soll probiert werden bei Tante Emma. „An den Bedienungstheken darf niemand vorbeigehen, ohne Wurst oder Käse probiert zu haben“, verkündet Speck.

Abwechslung durch viele Lieferanten

Die Weine kommen von den Fachgroßhändlern Riegel und Naturian. Bei Naturkosmetik ist Biogarten der kompetente Fachgroßhändler. Pural aus Baden-Baden sorgt mit einem Vollsortiment an Reform- und Naturkost für Fülle. Großhändler Landlinie aus Hürth bei Köln mit dem Schwerpunkt Obst & Gemüse ist ebenfalls dabei.

Mit Phönix aus Rosbach ist natürlich der regionale Naturkost-Großhändler ein wichtiger Lieferant. Beim Käse kommen noch Würth und Schilcher dazu. So kommt ein abwechslungsreiches Sortiment zu Stande, das im Kern aus den bekannten Naturkostmarken besteht und mit Spezialitäten ergänzt wird.

Regionalität wird betont mit Bio-Wein aus Hessen, -Apfelwein, Gemüse und Eiern aus Hessen. Regional ist ein wichtiges Thema im Bio-Supermarkt. Bio und regional ist für die Handelsmanagerin Speck das Non-Plus-Ultra. Darunter sind bekannte Betriebe wie der Dottenfelder Hof, Löcke’s Bio-Vertrieb und Tollgrün.

Bei den Herbaria Gewürzen von deutschen Feldern werden Rudolf Bühler aus Hohenlohe als Koriander-Erzeuger und  Christian Hennings aus Unterfranken als Thymian-Erzeuger genannt.

Die Rewe trägt natürlich zum Sortiment bei. Rewe Bio ist das Einstiegssortiment. Manche Bio-Lieferanten wollen an Temma immer noch nicht liefern, weil die Märkte zum Rewe-Konzern gehören. Speck sieht die Rewe indessen als Unternehmen, das offen ist für neue Ideen und Wege. Die Konzernspitze steht hinter dem Konzept. Vorstandsvorsitzender Alain Caparros kauft zumindest bei Temma ein, haben Mitarbeiter berichtet.

„Wir haben viel älteres Publikum. Außerdem kommen Verwaltungsangestellte, die in der Nähe arbeiten, in der Mittagspause. Zu den Einkaufszeiten am Abend verjüngt sich dann das Publikum“, erläutert Speck. Im Einzugsgebiet wohnen 15.000 Menschen. Da ist für ausreichend Frequenz gesorgt.

Mit O+G fängt alles an

Wie in den meisten Supermärkten kommt der Kunde zuerst zum Obst und Gemüse. Bunt und einladend sieht die Abteilung aus. Natürlich wird die Ware hochwertig im Schrägaufbau präsentiert. Die Preise sind bezahlbar und orientieren sich am Konkurrenz-Niveau.

Bei den Äpfeln können die Kunden neben den Standardsorten auch die heute selteneren Cox Orange und Boskop wählen. Das Apfelsortiment ist einheimisch, schließlich gibt es in Deutschland große Bio-Apfelanbaugebiete im Süden wie im Norden.

In Körben wird exotisches wie Mango, Kokos, Feige und Physalis präsentiert. Moderne Sortimente wie gekühlte Frische zeichnen Temma aus. Die neuen Smoothies von Nature & More sind da vorhanden.

Eine gut bestückte Fleischtheke wird bei Temma geführt. Kalb, Rind, Schwein, Lamm und Geflügel mit Teilstücken von Ochsenschwanz bis Nackenkotelett lassen kaum Wünsche offen. Pfannenfertige Produkte wie marinierte Fleischscheiben gehören zu einem zeitgemäßen Bedienungssortiment. Rund 40 Artikel werden im Schnitt angeboten.

In der Wursttheke ist unter andrem das Bio-Sortiment des Bedienungsspezialisten Rack & Rüther aus Nordhessen zu haben. Der Juffinger Schinken aus Österreich bereichert das Angebot.

Eine hessische Metzgerei aus der Rhön ist mit einem Brühwurst-Sortimenten präsent. Auf  60 Artikel beläuft sich das Bio-Wurst-Angebot. Über 7,5 Thekenmeter erstreckt sich Wurst und Fleisch. Fünf Meter Käsetheke kommen hinzu. Sie wird bestückt von Bruno Schilcher, Würth, Landlinie und Phönix. Aus 120 Käse können die Kunden regelmäßig wählen.

Im Dezember eröffnete der fünfte Temma und zwar in Frankfurt auf dem Riedberg. Ein halbes Dutzend sollen es am Ende werden im Rhein-Main-Gebiet. National dürfte das Potenzial für das kleine, feine und individuelle Ladenformat bei rund 100 Verkaufsstellen liegen.

Anton Großkinsky

 

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